„Die Rationierung ist völlig falsch und behindert viele Praxen ganz schlimm“, sagt Gereon Dennebaum. Gemeinsam mit Armin Strobel und Christiane Wage-Maisenbacher betreibt er eine Gemeinschaftspraxis am Riettor in Villingen.

„Die Rationierung ist völlig falsch und behindert viele Praxen ganz schlimm“, sagt Hausarzt Gereon Dennebaum.
„Die Rationierung ist völlig falsch und behindert viele Praxen ganz schlimm“, sagt Hausarzt Gereon Dennebaum. | Bild: Gereon Dennebaum

Dennebaum bezieht sich auf die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Der möchte nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur, dass Hausärzte künftig nur noch 30 Impfdosen des Mainzer Herstellers Biontech pro Woche bestellen dürfen. Hintergrund ist wohl, dass die Impfdosen von Moderna Anfang 2022 ablaufen und man das verhindern will.

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„Wir Ärzte sind wirklich verärgert. Diese Pläne kamen völlig überraschend“, so Dennebaum weiter. Der Hausarzt und seine Kollegen werden an jedem Samstag im Dezember zusätzliche Impftage einlegen, weil das Interesse der Patienten so groß sei. Aber auch an Freitagen impft Dennebaum, jüngst waren es 90 Dosen, die verabreicht wurden: „Insgesamt haben in der gesamten Pandemie 95 Prozent unserer Patienten Biontech erhalten.“

Wenn diesen Menschen jetzt Moderna als Drittimpfung gegeben werden solle, würde das einen enormen zeitlichen Aufwand bedeuten: „Ich kann keine Massenaufklärung machen. Die behindert uns in der Effizienz. Wir Ärzte sollen dabei helfen, die vierte Welle zu brechen. Und das machen wir auch gerne. Das ist aber eine Fehlentscheidung von Spahn“, sagt Dennebaum weiter.

Biontech für Hausärzte, Moderna für Zentren

Er schlägt vor, in den jetzt wieder aufgebauten Impfzentren verschiedene Impfstraßen mit unterschiedlichen Vakzinen aufzubauen, statt die Biontech-Bestellung der Hausärzte zu rationieren. Hausärzte bräuchten stattdessen vielmehr einen einzigen Impfstoff, der für alle Altersklassen geeignet ist. Moderna dürfe etwa nicht an Schwangere und Menschen unter 30 verabreicht werden.

Wie Dennebaum ist auch Andreas Erdel ob der Pläne Spahns nicht begeistert – ganz im Gegenteil: „Nachdem ich die Nachricht gelesen hatte, dass wir nur noch 30 Impfdosen Biontech pro Woche erhalten werden, habe meiner Beauftragten bei der Kassenärztlichen Vereinigung, Karin Todoroff, über mein völliges Unverständnis informiert.“

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In dieser Mail schreibt Erdel: „In meiner langen ärztlichen Tätigkeit (Anm. d. Red.: Erdel ist eigenen Angaben zufolge über 28 Jahre als Hausarzt in Obereschach aktiv) bin ich zum ersten Mal entsetzt über unsere Gesundheitspolitik und deren Maßnahmen.“ Erdel und sein Team hätten Impfungen im Voraus bis Weihnachten geplant – und das mit Biontech. Pro Woche benötige er mehr als die doppelte Menge, die Hausärzten künftig von Biontech zustehen sollen – also mehr als 60 Dosen.

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Andreas Erdel zieht sich zum Jahresende aus seiner Artzpraxis in Obereschach zurück und geht in Ruhestand. Seine Nachfolgerinnen sind Allgemeinmedizinerin Julia Heidlauf (links) und die Internistin Sabine Kleimaier. | Bild: privat

„Ich bin fassungslos, mit welcher Unverschämtheit wir inzwischen von der Politik übergangen werden. Aufgrund dieser Meldung bin ich zum ersten Mal froh, dass ich am 31. Dezember meine Praxis abgebe“, schreibt Erdel weiter. Er sei bislang alle Maßnahmen der Politik mitgegangen, jetzt werde er eine Lösung für seine Patienten finden müssen. Abschließend schreibt er: „Auf jeden Fall werde ich diesen Impfstoff meinen Patienten nicht in den Körper spritzen, den ich bisher in meiner Praxis nicht verwendet habe, nur weil es die Politik wünscht.“

Ähnlich wie seine Kollegen argumentiert auch Hausarzt Manfred Benzing aus Villingen: „Erstens möchte ich für meine Patienten den Impfstoff, der bislang am wenigsten Komplikationen verursacht hat und eben auch für alle Altersklasse verwendet werden kann. Zweitens weiß ich nicht, mit welcher Begründung ich an verschiedene Personen unterschiedliche Impfstoffe abgeben soll. Dritten wäre dies auch ein ganz enormer zeitlicher und bürokratischer Aufwand, den wir an den geplanten freien Nachmittagen und Samstagen nicht leisten können.“

„Werde kein Moderna verimpfen“

Für Benzing steht daher fest: Er wird „sicher“ kein Moderna verimpfen. Bei einer Rationierung müsste er Termine entsprechend reduzieren. „Das wäre sicher zielführend“, sagt der Hausarzt sarkastisch.

Gereon Dennebaum sagt abschließend: „Wir wollen nicht viel, wir wollen nur unsere Arbeit machen. Aber dafür brauchen wir auch den Impfstoff, mit dem wir unseren Beitrag gegen die Pandemie leisten können.“