Eine 1,9 im Abitur ist eigentlich die beste Grundlage, ein Hochschulstudium anzustreben, sollte man meinen. Aber Annika Hertz-Eichenrode aus Donaueschingen-Neudingen hatte ganz andere Pläne. „Ich wollte schon immer etwas Handwerkliches machen. Und wenn man dann noch an der frischen Luft im Team arbeiten kann, umso besser“, sagt die 21-Jährige, die bei Garten Halter in VS-Rietheim ihre Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin abgeschlossen hat. Wegen ihres Abiturs gab es eine Lehrzeitverkürzung auf zwei Jahre, die es allerdings in sich hatten.
Firmenchef Erwin Halter ist mächtig stolz auf seine Auszubildende, für deren erfolgreichen Berufsabschluss Hertz-Eichenrode mit dem Bildungspreis des Bundesverbandes für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) ausgezeichnet wurde. Unter 43 Bewerbern aus dem gesamten Bundesgebiet war Hertz-Eichenrode unter den sechs Preisträgern.
Nicht nur die sehr guten Noten, sondern auch das berufsständische Engagement und soziale Verantwortung zählten zu den Kriterien der Jury. Und was da die 21-Jährige in den zwei Jahren geleistet hat, ist enorm. Mit ihrer Teampartnerin Katharina Marenghi wurde sie als erstes Frauenteam baden-württembergische Meisterin der Landschaftsgärtner 2020 und Vierte bei den Deutschen Meisterschaften 2020. Nebenbei kümmert sich Hertz-Eichenrode um Momodou Minteh, einen Flüchtling aus Gambia, der in der Ausbildung bei Garten Halter ist.
„Annika schaut regelmäßig danach, dass er die deutsche Sprache stetig verbessert, liest mit ihm in der Mittgaspause und unterstützt ihn beim Fachrechnen, damit er nicht den Anschluss in der Berufsschule verliert“, so Firmenchef Halter. Und nicht zuletzt unterstützt sie auch Firmenchefin Birgit Halter, die sich mit den Europa-Minigärtnern Schwarzwald-Baar um den künftigen Nachwuchs kümmert. Auf diesem Weg möchte man Kindern zwischen acht und zwölf Jahren einen Einblick in die Vielfalt des Gartenbaus geben. „Auch in unserer Branche wird es immer schwieriger, Auszubildende zu bekommen“, so Halter.
Die Frage stellt sich: Wo bleibt da die Zeit, sich nach einem anstrengenden Arbeitstag auch noch auf die Wettbewerbe vorzubereiten? „Unser Chef und das Team haben uns sehr dabei unterstützt. Es wurde eine kleine Baustelle zum Üben eingerichtet und wir durften uns nicht nur samstags, sondern auch während der Arbeitszeit unter der Woche auf die Wettkämpfe vorbereiten“, so Hertz-Eichenrode, die noch bei der Landjugend in Bräunlingen engagiert ist, Fußball beim FC Pfohren spielt und aktiv beim Narrenverein Neudingen ist.
Jetzt, nach der Ausbildung, will Hertz-Eichenrode erst einmal in ihrem Beruf Fuß fassen und Erfahrungen sammeln. Kräftig mit anpacken kann sie, mit schweren Gerät umgehen und zurzeit ist für sie auch kein Baum zu hoch, um ihn zurecht zu schneiden. Perspektivisch stehen ihr nach einer überaus erfolgreichen Ausbildung für die Zukunft alle Türen offen. Sei es der Meisterbrief, der Techniker oder ein Studium. „Was ich letztendlich machen werde, ist noch offen und hat auch noch Zeit“, gibt sich Hertz-Eichenrode zuversichtlich.
Zu Eröffnung der Bundesgartenschau am 23. und 24. April in Erfurt wird der BGL-Bildungspreis offiziell an Annika Hertz-Eichenrode überreicht. „Mit solchem Nachwuchs in den Garten- und Landschaftsbau-Betrieben können wir optimistisch in die Zukunft sehen“, lobt BGL-Vize-Präsident Paul Saum in einer Pressemitteilung auch die Leistungen der jungen Frau.