Am Montag, 1. März, ist es soweit. Für viele ein Lichtblick im Lockdown. Hobbygärtner und Pflanzenfreunde sitzen schon ungeduldig in den Startlöchern. Ebenso die Gärtnereien, die jetzt mit Vollgas ihre Frühlingsware beschaffen und in den Verkaufsräumen präsentieren.

Auch im Gartencenter Späth am Neuen Markt freuen sich die Mitarbeiter, dass es nach dem langen Lockdown wieder losgeht. Hier Janek ...
Auch im Gartencenter Späth am Neuen Markt freuen sich die Mitarbeiter, dass es nach dem langen Lockdown wieder losgeht. Hier Janek Kretschmann und Jessica Schilling bei den Frühlingsblumen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

„Bei uns sind alle voll motiviert,“ berichtet Thomas Meier, Geschäftsführer des Gartencenters Späth. Geöffnet werden die Gartencenter wie zuletzt im Herbst unter Coronabedingungen. Es gibt die Maskenpflicht, breitere Gänge für die Kunden, Desinfektionsstationen und eine Zugangsbegrenzung. Das heißt bei Späth konkret: Wenn die hundert bereitgestellten Einkaufswagen vergriffen sind, darf keiner mehr rein.

Traurige Monate erlebt

Die Freude ist groß bei ihm und seinen 60 Mitarbeitern, dass wieder was geht im Gartencenter. Die vergangenen Monate in den leeren Räumen „waren schon traurig“, betont er. Die Geschäfte liefen nur auf kleiner Flamme, für Kunden wurde ein Abholservice angeboten. Nicht verkaufte Ware landete in größerem Umfang auf dem Müll. Rund 20 Beschäftigte mussten in Kurzarbeit.

Gartencenter Späth.
Gartencenter Späth. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Angesichts der politischen Hängepartie, ob die Gärtnereien zum 1. März öffnen dürfen, „haben wir uns nicht getraut, neue Ware zu bestellen“, blickt Meier auf die letzten Tage zurück. Erst ab Mittwoch, nach dem Stuttgarter Kabinettsbeschluss, gingen die Bestellungen raus. Gleichwohl ist der Geschäftsführer sicher, dass die Kunden von diesen Schwierigkeiten am Montag nichts merken werden. „Wir arbeiten jetzt durch, einschließlich Sonntag.“ Auf die Kunden wartet ein breites Angebot an Oster-Deko, an bunten Blumen wie Narzissen, Primeln, Tulpen und vieler gefragter bienenfreundlicher Pflanzen. „Bei uns ist jetzt richtig Frühling“, verspricht der Chef.

Maier hofft nun, dass die Öffnung kein Strohfeuer bleibt. „Wenn wir in vier Wochen wieder schließen müssten, wäre das eine Katastrophe“, unterstreicht er. Seinen Betrieb möchte er für den nächsten Herbst/Winter krisenfester aufstellen. Er denkt bereits darüber nach, einen Online-Shop als zusätzliches Standbein aufzubauen.

Vollgas im Floraparadies

Groß ist die Freude auch im „Floraparadies„ in Schabenhausen. Gewöhnlich locken hier neben Blumen, Pflanzen und Bäumchen auch ein Papageienhaus, ein großes Café und ein Tiergehege im weitläufigen Außengelände zahlreiche Besucher. Doch das Café bleibt weiter geschlossen. Das dürfte die Kunden, die in den Flora-Frühling starten wollen, jedoch nicht abhalten. „Jetzt geben wir Vollgas, um alles, was geht, anzubieten“, berichtet Inhaber Uli Weisser.

Weißer‘s Floraparadies.
Weißer‘s Floraparadies. | Bild: Hans-Juergen Goetz

„Wir produzieren sehr viele Pflanzen selber“, stellt er fest. Deshalb weiß er nur zu gut, dass die Öffnungs-Entscheidung aus Stuttgart „für uns im Schwarzwald der letztmögliche Zeitpunkt war“. Für viele Gärtnerbetriebe im Rheintal sei die Entscheidung bereits zu spät gekommen und viele Pflanzen auf den Müll geflogen. Ähnliches hätte auch dem „Florapradies“ gedroht. Im letzten Frühjahr, als der Lockdown begann, „mussten wir für rund 200 000 Euro Ware wegwerfen“, sagt Weisser. „Dieses Jahr wäre es noch schlimmer gewesen.“

Das Schlimmste ist also abgewendet. Gleichwohl hadert Weisser mit dem massiven Lockdown für den Einzelhandel und widersprüchlichen Entscheidungen der Politik, die beispielsweise zum Valentinstag das Blumengeschäft den ohnehin schon stark frequentierten Lebensmittelgeschäften überlassen hat. „Das ist mir völlig unverständlich“, ärgert sich Weisser. In den großen Gartencentern gebe es viel mehr Platz, um Kontakte zu vermeiden.

Im Teilbetrieb geöffnet

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Sein eigener Betrieb war indes die ganze Zeit im Teilbetrieb geöffnet. Denn Weisser hat auch einen Lebensmittelmarkt mit regionalen Produkten in sein Gartencenter integriert. Und er verkauft Tierfutter. Der Food-Bereich durfte öffnen, und damit auch ein Anteil der Gärtnerei-Sortimente. Allerdings konnte er keine Werbung machen und viele Kunden wussten nicht, dass das Floraparadies im Teilbetrieb geöffnet war. Vielleicht 30 Prozent des üblichen Umsatzes habe er gemacht, schätzt Weisser. Vermutlich wäre eine Betriebsschließung und der Bezug staatlicher Förderung rentabler gewesen. „Aber wir wollten für die Kunden da sein“, betont er. Lediglich die 20 Mitarbeiter des Cafés mussten in Kurzarbeit. Jetzt hofft er auf einen guten Start ins Frühjahr. Die Kunden seien bereits „heiß drauf“, schöne Blumen und Pflanzen zu kaufen, berichtet er.

Zulieferer insolvent

Mit Hochdruck bereiten sich auch die Blumenläden auf Montag vor. „Es war eine ganz schwierige Zeit für uns“, sagt Inhaberin Tözde Akdeniz vom Blumengeschäft „Florem“ in der Rietstraße 1 in Villingen. Keine Einnahmen, fortlaufende Kosten und ausbleibende Überbrückungshilfen. Mehrere Großhändler in Holland, die sie beliefern, seien inzwischen in Insolvenz. „Wir waren alle heilfroh, dass es wieder losgeht“, berichtet sie. Die erste Lieferung kam am Freitag an. Auch die drei Mitarbeiter des Blumengeschäfts wollen nun durcharbeiten, damit zum Neustart am Montag alles bereit ist. Sorge bereitet der Inhaberin aber, dass die meisten anderen Geschäfte weiterhin geschlossen sind. Es fehlt damit an Laufkundschaft im Städtle. Erst wenn alle wieder öffnen dürfen, werde sich die Lage wieder bessern.

Druck auf die Politik

Die Öffnung der Blumen- und Gartengeschäfte war kein Selbstläufer. Nachdem die Bundesländer Bayern und Hessen schon vorangegangen waren, hat auch die Landesregierung von Baden-Württemberg am Dienstag dieser Woche nachgezogen und die Öffnung der Gartencenter, Blumengeschäfte und Gärtnereien zum 1. März beschlossen. Vorausgegangen waren viele Diskussionen und eine große Online-Petition, mit der die Gärtnereien und ihre Kunden Druck auf die Politik machten. Die Gärtner hatten unter anderem argumentiert, dass an ihrer Stelle die Lebensmittelgeschäfte das Frühlingsgeschäft mit den Blumen übernähmen und dort das Gedränge der Kunden noch größer werde als ohnehin schon der Fall. Außerdem landeten viele Blumen und Pflanzen tonnenweise auf dem Müll, wenn der Lockdown fortgesetzt werde. (est)