- Der Betrieb: In dieser Zeit hat Jürgen Moser den Betrieb erweitert und zu einer betriebswirtschaftlich sinnvollen Größe und Spezialisierung ausgebaut. Mit 190 Hektar Land schaffte er die Grundlage, um 180 Rinder, 140 Schweine und 70 Schafe halten zu können. Allein die 60 Milchkühe geben pro Jahr über eine halbe Million Liter Milch. Sein Betrieb arbeitet quasi autark. Über die angegliederte kleine Biogasanlage kann er sogar eher minderwertige pflanzliche Abfallprodukte aus seinem Betrieb noch sinnvoll verwerten. Auch die kleine Solaranlage auf seinen Dächern hilft, die stetig steigenden Energiekosten im Griff zu behalten. Im Stall arbeitet er mit Stroh, so entsteht dann Festmist anstatt Gülle. „Hier auf der Baar haben wir eigentlich eher zu wenig Gülle als zu viel, auch wenn das viele nicht glauben wollen“, so Moser.

- Die finanzielle Situation: „In den letzten Jahrzehnten sind die Erzeugerpreise mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau geblieben. Das ist unter anderem dem stetig anhaltenden Preisdiktat der Lebensmittel-Discounter und den billigen Importen aus dem Ausland geschuldet“, erklärt Moser. Dafür seien aber die Kosten, wie überall, fortlaufend gestiegen. Wer wirtschaftlich überleben wolle, habe nur eine Chance: beständig effizienter zu werden. Mehr Ertrag auf derselben Fläche und bei derselben personellen Ausstattung, das gehe nur mit optimaler Düngung, Pflanzenschutz und moderner Technik. Und das wiederum koste auch alles Geld. Während Moser seine Milch zum Tagespreis an die Molkereien abgeben muss, ob rentabel oder nicht, hat er beim Fleisch eine bessere Position. Das verkauft er hauptsächlich an Metzgereien in der Umgebung, deren Kunden für gute Qualität aus der eigenen Region auch noch gerne einen fairen Preis bezahlen.
- Die Situation im Schutzgebiet: 33 Hektar von Mosers Ackerflächen liegen im sogenannten „FFH Schutzgebiet“ (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie), von seiner Gesamtfläche inklusive Grünland sogar 98 Prozent im Vogelschutzgebiet. „Das hat man seinerzeit einfach so gemacht, ohne die langfristigen Konsequenzen für uns zu bedenken. Im Gegenteil, wir Landwirte wurden beschwichtigt, dass das für uns keine Änderungen bedeutet“, ärgert sich Moser, und kritisiert weiter: „Erst als man da auch nicht mehr bauen durfte, sind einige in der lokalen Politik aufgewacht.“

- Die Folgen des neuen Gesetzes: Sollte das neue Insektenschutzgesetz nun so kommen wie ursprünglich geplant, müssten die Landwirte auf diesen Flächen gänzlich auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten. In der Folge würden die Erträge auf diesen Flächen extrem zurückgehen und eine wirtschaftliche Bewirtschaftung unmöglich machen, so die Befürchtung des Landwirts.

- Das schlimmste Szenario: Auch moderne Techniken wie Ertragsoptimierung durch Computer und GPS-gesteuerte Saat-, Dünge- und Erntemaschinen helfe dann nicht mehr weiter. Vor allem kosten diese Technologien heute wesentlich mehr, als sie innerhalb kurzer Zeit überhaupt erwirtschaften könne. „Spätestens an dieser Stelle werden auch die Banken wach“, prognostiziert Moser. Denn sie finanzieren bereits heute große Teile der Betriebe und wenn deren Ertragslage nachhaltig einzubrechen drohe, könnten auch die Banken nicht anders, als den Kredithahn zuzudrehen. Es gebe kaum einen Landwirt, der nicht bereits jetzt schon einen größeren Schuldenberg abzutragen habe. Auch für Landeigentümer könne das zum Problem werden. Wenn sie ihre Flächen nicht mehr an die Landwirte verpachten könnten, werde auch ihr Einkommen merklich schrumpfen – und ihr Besitz praktisch wertlos.

- Die möglichen Lösungen: Bereits heute betreibt Moser mit seinen 70 Schafen Landschaftspflege auf schwer bewirtschaftbaren Flächen auf der Baar, im Rahmen eines Landschaftspflegevertrags mit dem Landkreis. Eine Ausweitung derartiger Geschäftsfelder könnte eine Lösung für ihn sein, nur dass es genau dazu dann auch wesentlich mehr finanzielle Unterstützung seitens der öffentlichen Hand bedürfe, so die Forderung des Landwirts. Und sicherlich ließen sich so dennoch nicht alle Betriebe weiterführen.
- Die Forderung der Verbände: Genau deshalb fordern die Landwirtschaftsverbände bei ihren aktuellen Protestaktionen auch die Implementierung einer Länderöffnungsklausel bei der Insektenschutzverordnung. Die würde es den Landesregierungen ermöglichen, individuell angepasste Lösungen zu finden, um einerseits den Naturschutz voranzubringen, gleichzeitig aber das Überleben der Landwirte und die regionale Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten.