Um 18 Uhr ziehen sich die Traditionsnarren in Villingen am Mentig aus dem Zentrum zurück. Nur die Fleck-Fleck halten die Stellung, einer im schwarzen Blätzle-Häs trägt eine leere Flasche zu einem übervollen Papierkorb und stellt sie artig auf dem Boden ab. Vorbildlich.
Seltsam verkleidete Menschen am Latschariplatz
Am Latschariplatz fallen einige seltsam verkleidete Menschen auf. Es gibt auf 18.30 Uhr einen Aufruf zur Demo gegen die Corona-Regeln. Der Stellvertretende Leiter des Polizeireviers, Armin Irion, ist seit dem frühen Morgen im Einsatz. Er reibt sich den Drei-Tage-Bart und sagt: „Was sind jetzt die Querdenker und was sind die Narren?“
Die Frage des Polizisten wird gegen 18.40 Uhr so beantwortet: Plötzlich laufen etwa 150 Personen wie auf Kommando los in die Niedere Straße. Keine Plakate, keine Rufe – aber auch keine Probleme. Über den Romäusring drehen sie eine Runde und verschwinden dann gegen 19.45 Uhr im Getümmel.
Mit geschwungenem Säbel durch die Menge
In der Stadt ballt sich ein ganz anderes Problem zusammen. Es ist gegen 21 Uhr. Vor dem Müller-Markt haben sich rund 250 Jugendliche und junge Erwachsene versammelt. Ein paar Narros durchpflügen mit schwingendem Säbel die Menge, zwei Altvillingerinnen kommen aus der Bickenstraße und ziehen vor dem Passieren des Pulks erst einmal ihre FFP-2-Masken auf. Es ist kaum ein Durchkommen, viele sind angetrunken, manche liegen auf der Straße, es herrscht offenkundig die Meinung vor, so mache man einen drauf.
Fasnet feiern geht allerdings anders: Im Bereich der Rietgasse stehen 150 Menschen vor zwei Adressen. Fast alle mit Brauchtumshäs. Es werden Lieder gesungen, es ist eigentlich kein Krach sondern eine närrische Zusammenkunft wie auch um die Ecke in der Badgasse.
Viele unverkleidete Männer fallen auf
Ganz anders in der Rietstraße. Hierher kommen immer mehr unverkleidete Personen, vor allem junge Männer sind zu sehen. Polizeisprecher Dieter Popp: „Diese Personengruppe war erkennbar aggressiv.“
Gegen 21 Uhr rückt die Polizei vor. Es werden immer mehr Glasflaschen zertrümmert, die Straße sieht übel aus. Die Beamten kontrollieren einzelne Personen und suchen das Gespräch. Die Ansammlung scheint sich zu beruhigen.
Erst knallt es und dann erschallen Buhrufe
Kurz nach 21 Uhr, dann ein riesiger Knall. Ein junger Mann lacht höhnisch in Richtung der Polizisten. Er hat einen Böller geworfen. Dieter Popp, der Sprecher des Polizeipräsidiums, bestätigt am Dienstagmorgen auf Anfrage diese Abläufe.
Acht Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes der Stadtverwaltung und rund zehn Polizisten sind vor Ort. Es gelingt ihnen, die Szenerie nicht vollends eskalieren zu lassen.

Auch in der Menge der jungen Leute gibt es ein Einsehen. Der Böllerwerfer wird ausgebuht. Unübersehbar: Wenige Störer wollen Randale, sie scheitern aber an der Polizei und an der Überzahl von jungen Menschen, die nicht erpicht darauf sind, die nächsten Stunden im Polizeirevier zu verbringen.
Vor Einsetzen des Morgengrauens endet der Einsatz
Teile der Ansammlung aus der Rietstraße verlagern sich später in Richtung Färberstraße und in Bereiche wie die Kapuzinergasse. Polizeisprecher Dieter Popp sagt, die Einsätze von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst hätten „bis 4.30 Uhr angedauert. Dann waren alle Bars zu“.
Der Polizist betont: „Bedauerlicherweise sind erneut zahlreiche Straßenabschnitte im Bereich der Färberstraße mit Glasscherben übersät gewesen, dies haben unsere Beamten in der Nacht zu Protokoll gegeben.“
Keine Umzüge, kein Polizei-Video
Armin Irion leitet über die Fastnacht die Polizeieinsätze vom Villinger Revier an der Waldstraße aus. Er sagt, vor allem der Abend am Donnerstag in der Nacht auf Freitag sei extrem gewesen hinsichtlich des Scherbenteppichs. Die Färberstraße wurde in den vergangenen mehr als zehn Jahren immer polizeilich mit zwei Videokameras überwacht, um Störer und Randalierer sofort mit Polizeistreifen separieren zu können.

Die Videoüberwachung wurde in diesem Jahr nicht installiert. Ein Polizeisprecher hatte auf SÜDKURIER-Anfrage kurz vor der Fastnacht erklärt, „mit der Absage der Villinger Umzüge war die Videoüberwachung obsolet“. Zu dieser Aussage gibt es allgemeines Kopfschütteln. Umzugsteilnehmer sind nicht die Problemgruppe nachts in der Färberstraße oder anderswo.
Villingen oder: Es kann so schön sein: