Auch im Jugendhilfeausschuss der Stadt wurde der Vorschlag, die Kindergartengebühren für die Eltern in den nächsten Jahren stufenweise zu erhöhen, breit diskutiert. Die meisten Redner lehnten die Erhöhung ab. Am Ende verzichtete der Ausschuss aber auf eine Abstimmung. Denn schlussendlich liegt die Verantwortung für den Gesamthaushalt der Stadt einzig beim Gemeinderat.
Die geplante Gebührenerhöhung als Beitrag zur Sanierung der städtischen Finanzen sei für die Familien „nicht zumutbar“, polterte Stadtrat Henning Lichte (Freie Wähler). Viele Städte verzichteten auf Erhebung von Kindergartengebühren. Die Doppelstadt sollte sich dies als Beispiel nehmen, die Gebühren auf jetzigem Stand einfrieren und irgendwann ganz abschaffen, forderte Lichte. Allerdings ist er in seiner Fraktion der einzige, der diese Position vertritt. Ablehnung signalisierten auch die Grünen, die FDP und die SPD. Nicola Schurr (SPD) sagte, es sein ein „falsches Signal, zuerst die Familien zur Kasse zu bitten“. Dies seien in der Corona-Pandemie mehr als genug belastet worden.
Michael Stöffelmaier, Geschäftsführer der Caritas, sieht die Gefahr, dass in seinem Berufsfeld die Pflegekräfte kündigen. Für viele Frauen lohne sich die Arbeit nicht mehr, wenn der Verdienst hauptsächlich von der Kinderbetreuung aufgezehrt werde, warnte er. Srdjan Zivkovic, der Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Kindergärten, sagte, die Eltern wüssten, dass es um die Haushaltslage der Stadt schlecht bestellt sei. Aber für viele Familien sei die Last schwer zu tragen, und für einige gar nicht, wenn die Gebühren wie vorgeschlagen je nach Betreuungsart bis zu 86 Prozent angehoben würden.
Alfred Zahn vom Kinderschutzbund spürte „zwei Seelen in meiner Brust“. Er könne die Eltern verstehen, andererseits sei der Kostendeckungsgrad, den die Eltern bisher leisten, sehr gering. Er schlug vor, die Erhöhung unter dem Aspekt der Zumutbarkeit für die Eltern näher zu diskutieren, auch wenn die Stadt dann nicht die gewünschten 2,2 Millionen Euro Mehreinahmen bis 2024 erreichen könne.
Ähnlich argumentierte Katharina Hirt (CDU). Sie betonte, dass es in der Stadt ein vergleichsweise sehr gutes Betreuungsangebot gebe. Und dass die Eltern am liebsten dafür nichts zahlen wollten, sei nachvollziehbar. Andererseits verwies sie auf die massiven finanziellen Zwänge der Stadt. Ihr Vorschlag: Der Jugendhilfeausschuss sollte in einer gesonderten Sitzung verschiedene Gebührenmodelle pragmatisch diskutieren, um für die Eltern eine tragbare Lösung zu finden.
Olaf Barth (AfD) sagte, die Eltern steuerten zu den Betreuungskosten von 42 Millionen Euro im Jahr bislang nur fünf Prozent bei. Die Stadt wolle dies nun mittelfristig auf acht Prozent anheben. Die Gebühren seien seit 2012 nicht mehr erhöht worden, obwohl die Kosten jährlich um rund fünf Prozent angestiegen seien. Er wünsche sich, dass die Stadt mehr Plätze und flexiblere Betreuungszeiten anbieten könne. Deshalb sei eine Gebührenerhöhung angemessen. Allerdings wäre eine Staffelung nach Einkommen sozial gerechter, „sofern dies unbürokratisch möglich ist“.
Oberbürgermeister Jürgen Roth betonte, die Situation in Baden-Württemberg dürfe nicht mit denen in verschiedenen anderen Bundesländern verglichen werden. Währende einige Länder ihren Städten und Gemeinden die Kosten für die Kindergärten vollständig erstatteten, sei dies in Baden-Württemberg nicht der Fall. Deshalb könnten die meisten Kommunen hier auch nicht auf die Elternbeiträge verzichten. Außerdem betonte der OB, in Baden-Württemberg gelte der Grundsatz, dass zuerst Gebühren zu erhöhen sind, bevor die Steuern angehoben werden. Die Entscheidung über die Erhöhung trifft nun der Gemeinderat voraussichtlich am 10. Februar.