Die Farbe des Anoraks von Schulkindern gab in den 1960er-Jahren häufig Auskunft darüber, welche Arbeitsstelle die Eltern der Heranwachsenden besuchten. Das war auch in Villingen der Fall. Aber wieso war das so? Und wo? Auskunft darüber hat das Erzählcafé zur Saba-Geschichte im Foyer des Franziskanermuseums gegeben.

Thomas Mosers Vater Alfons gehörte auch zur Familie der Sabanesen, war Mitglied der Fußball-Promielf und bestimmte somit auch die Jugend ...
Thomas Mosers Vater Alfons gehörte auch zur Familie der Sabanesen, war Mitglied der Fußball-Promielf und bestimmte somit auch die Jugend des bekannten Kaberettisten. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Wie ein roter Faden zog sich das besondere Betriebsklima und das soziale Engagement der Inhaberfamilie durch die Erzählungen der Protagonisten auf dem Podium. Bestens moderiert von Friedhelm Schulz wussten Thomas Moser, Herbert Cerny und Wilhelm Grießhaber ihre ganz persönlichen Saba-Geschichten zum Besten zu geben.

Friedhelm Schulz vom Förderverein MPS-Studios Villingen moderierte das Saba-Erzählcafé.
Friedhelm Schulz vom Förderverein MPS-Studios Villingen moderierte das Saba-Erzählcafé. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Hinzu gesellten sich mit Hans Pfitzer und Dietmar Steinkamp zwei weitere Sabanesen, die kurzweilig und detailreich von ihren Erlebnissen zu berichten wussten. Als besonderer Gast wurde Simon Haas begrüßt.

Ingmar Steinkamp hatte zu Beginn seiner Saba-Karriere mit dem Verstehen des Villinger Dialekts zu kämpfen.
Ingmar Steinkamp hatte zu Beginn seiner Saba-Karriere mit dem Verstehen des Villinger Dialekts zu kämpfen. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Abiturarbeit über Saba

Viel zu jung um je bei der Saba gearbeitet zu haben, stellte sich der 19-jährige Abiturient der Waldorfschule Schwenningen in seiner Abiturarbeit der Saba-Geschichte. Mit den Auskünften seines Großvaters und umfangreicher Archivrecherche erstellte der angehende Medienstudent ein Kompendium zur Sozialgeschichte rund um den Elektronikkonzern Saba.

Der 19-jährige Simon Haas hat seine Abiturarbeit an der Waldorfschule Schwenningen der Saba-Geschichte gewidmet.
Der 19-jährige Simon Haas hat seine Abiturarbeit an der Waldorfschule Schwenningen der Saba-Geschichte gewidmet. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Dieses, auch von ihm beschriebene, besondere Betriebsklima in der Saba führte seinerzeit dazu, dass die Kinder der Betriebsangehörigen anlässlich großartiger Weihnachtsfeiern ihre Geschenke natürlich am nächsten Tag auf der Straße trugen. „Ein derartiges Zusammengehörigkeitsgefühl wie bei der Saba seinerzeit, ist heute unvorstellbar“, sagte Thomas Moser, dessen Vater ebenfalls beim größten Arbeitgeber der Stadt beschäftigt war.

Saba-Fußballmannschaft

Für Herbert Czerny war es wichtig, über die Freizeitaktivitäten der Saba zu berichten. Nicht nur eine berühmt-berüchtigte Fußballmannschaft nannte der Radiohersteller sein eigen. In legendären Spielen gegen hochkarätige Prominentenmannschaften wurden bisweilen 5000 Zuschauer ins Friedensgrund-Stadion gelockt.

Herbert Czernys Begeisterung für den Sport bei den Saba-Betriebssportgruppen war förmlich zu spüren.
Herbert Czernys Begeisterung für den Sport bei den Saba-Betriebssportgruppen war förmlich zu spüren. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

54er Weltmeister vor Ort

Mit schwärmerischer Stimme erinnerte sich Czerny an Begegnungen mit den Granden der 1954er-Weltmeistermannschaft anlässlich eines Benefiz-Spiels. Der Saba-Veteran Grießhaber mutmaßte auch, dass das sportliche Engagement von Firmenchef Hermann Brunner-Schwer neben diesem auch der Präsentation des Firmenlogos auf möglichst vielen Trikots galt.

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„Das war perfektes Marketing“, so Czerny. Neben dem Fußball sorgte auch die Betriebs-Volleyballmannschaft sowie eine Box-Staffel unter der Saba-Flagge für Furore. Vor gut 350 Zuschauern in der alten Tonhalle trat Horst Rascher gegen einen Boxer aus Basel an. „Es muss nicht unbedingt Sportliches zu sehen sein. Wir wollen Theater sehen“, soll Trainer Werner Jörres dem Saba-Boxer ins Ohr geflüstert haben. Willy Grießhaber erzählte, dass der Freiburger Volleyball-Papst Gerhard Dürrwächter die Saba-Mannschaft 1964 zur südbadischen Meisterschaft geführt hatte.

Nachtschicht rettete viele Leben

Grießhabers erste Erinnerungen an die Saba galten den Kriegsereignissen am 19. April 1945, als eine Fliegerstaffel die Region bombardierte und der Saba-Bau 40 zerstört wurde. Czerny wusste auch, weshalb es bei diesem Tagangriff keine Toten im Bau 40 zu beklagen gab: „Man hatte kurz zuvor auf Nachtschicht umgestellt. Das hat vielen das Leben gerettet.“

Wilhelm Grießhaber (genannt Willy) wurde in New York geboren, lernte aber bei der Saba in Villingen und gehörte der ...
Wilhelm Grießhaber (genannt Willy) wurde in New York geboren, lernte aber bei der Saba in Villingen und gehörte der Volleyball-Mannschaft in der Saba an. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Rakete für die Katzenmusik

Da in Villingen die Fasnet einen besonderen Stellenwert genießt, gehörte das Engagement der Inhaberfamilie Brunner-Schwer natürlich auch diesem Kulturgut. „Durch die Saba hat die Katzenmusik viel erreicht“, so Moser mit einem Schmunzeln im Gesicht. Und Czerny ergänzte: „Die Saba hatte einmal für die Katzenmusik eine Rakete gebaut und ich sollte den russischen Kosmonauten Juri Gagarin spielen. Weil ich aber keinen Raumanzug hatte, zog ich kurzer Hand den Mantel vom Knecht Ruprecht aus der Nikolausfeier an.“

Hans Pfitzer wusste von legendären Weihnachtsfeiern mit der Saba-Mutter Gretel Scherb zu berichten.
Hans Pfitzer wusste von legendären Weihnachtsfeiern mit der Saba-Mutter Gretel Scherb zu berichten. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Hans Pfitzer erinnerte in seinen Erzählungen auch an das legendäre Saba-Ferienheim in Meersburg und an die auf das Alter der Kinder abgestimmten Weihnachtsgeschenke aus der Hand vielgepriesene Saba-Mutter Gretel Scherb. „Die ausgesprochen wertvollen Spielzeuggeschenke besorgte sie auch schon mal auf der Nürnberger Spielwarenmesse“, so Pfitzer.

Von Hannover nach Villingen

Als gebürtiger Hannoveraner kam Ingmar Steinkamp 1957 nach Villingen, heuerte bei der Saba an und musste feststellen, dass seine Hochsprache ein großes Handicap im Umgang mit seinen Kollegen war. Es galt den Villinger Dialekt zu verstehen, so der 88-jährige. „Eigentlich wollte ich nur ein Jahr in Villingen bleiben. Die familiäre Geschäftsführung bei Saba hatte mir gefallen. Dann gab es ein Problem: Ich lernte meine Frau hier kennen und so blieb ich hier“, erinnert sich Steinkamp unter manchem Lacher der Zuhörer.

Simon Haas (von links), Thomas Moser, Friedhelm Schulz (Moderation), Herbert Czerny sowie Wilhelm Grießhaber wussten anlässlich des ...
Simon Haas (von links), Thomas Moser, Friedhelm Schulz (Moderation), Herbert Czerny sowie Wilhelm Grießhaber wussten anlässlich des Erzählcafés zur Saba-Geschichte manches Schmunzeln auf die Gesichter der Zuhörer zu zaubern. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Der zur großen Saba-Familie gehörende rasende Betriebsreporter Herbert Schroff fand ebenso bei allen Beteiligten Erwähnung. So berichtete Grießhaber: „Gretel Scherb fragte bei Herbert an: ‚Können Sie Schreibmaschine schreiben?‘ Schroff: ‚Nein!‘ ‚Können Sie Steno?‘ Schroff: ‚Nein!‘ ‚Können sie telefonieren?‘ Schroff: ‚Ja!‘ ‚Können Sie Auto fahren?‘ Schroff: ‚Ja!‘ Scherb: ‚Ab sofort sind Sie Betriebsreporter!‘“

Schroffs legendäre Bildersammlung gehört ebenso zum Geschichtserbe, wie dieser Erzählnachmittag, der per Video festgehalten wurde und dem Stadtarchiv übergeben wird.