Das größte Kulturdenkmal von Villingen ist mit rund zwei Kilometern Länge die historische Stadtmauer, die seit der Mitte des 13. Jahrhundert die Zähringerstadt umschließt. Seit 2012 wird sie abschnittsweise saniert. Rund 2,3 Millionen Euro wurden seither in den Erhalt des Denkmals gesteckt. Doch die Aufgabe ist groß und ein Ende momentan nicht in Sicht. Bislang wurde nur rund die Hälfte der mittelalterlichen Wehrmauer saniert.
„Über den genauen Zeitraum, wann die Mauer gebaut wurde, gibt es keine genauen Aufzeichnungen“, sagte Christine Blessing vom Amt für Gebäudewirtschaft und Hochbau (GHO) jetzt bei einem Vortrag beim Geschichts- und Heimatverein zum Sanierungsstand der Stadtmauer.
Genaue Entstehungszeit der Mauer ist unbekannt
Die Entstehungszeit wird im Zeitraum irgendwann zwischen 1130 und 1210 vermutet, wobei die Bauzeit auf 15 Jahre geschätzt werde. „Sicher ist, als sich die ersten Klöster in Villingen 1245 niedergelassen haben, stand die Mauer bereits“, so Blessing.
Rund acht Meter hoch sei die Mauer und stehe 2,7 Meter tief auf Felsen. Als Baumaterial dienten heimischer Muschelkalk, Buntsandstein und Bachwacken.

Im Fokus des Vortrags von Blessing stand aber nicht der geschichtliche Hintergrund der Stadtmauer, sondern der Stand der Sanierungsarbeiten und wie bei den Arbeiten vorgegangen wird. Los ging es mit einer kleinen Exkursion zur sanierten Stadtmauer im Bereich des Abt-Gaisser-Hauses mit rund 20 Teilnehmern.
„Dieser Bereich, rund 40 Meter lang und acht Meter hoch, einem der schönsten Abschnitte der Stadtmauer, wurde bereits 2018 saniert und grenzt an einen unsanierten Bereich“, führte Blessing ins Thema ein.
Pflanzenbewuchs schadet der Mauer
Im unsanierten Bereich Richtung Josefgasse sind die Feinde der Mauer, wie sie Blessing nennt, deutlich zu erkennen. „Wir haben sehr viel wilden Grünbewuchs mit Efeu und kleinen hartnäckigen Pflanzen, die der Mauer schaden und wie die defekte Mauerkrone für zu viel Feuchtigkeit im Innern sorgen“, erklärt Blessing.
Mäuse suchen Unterschlupf
Mäuse würde das lockere Fugenmaterial ausgraben und in der Hohlräumen ihren Unterschlupf bauen. „Die Bäume in den Ringanlagen sorgen mit Beschattung dafür, dass die Mauer nicht trocknen kann“, ergänzt Blessing. Dies alles habe Auswirkungen auf die Statik und die Schäden würden immer weiter fortschreiten.
2009 dann der Schock
Solche Umstände hatten 2009 zu einem großen Schock geführt: „Ein großes Mauerstück östlich vom Oberen Tor ist ausgebrochen, was zum Auftakt der Sanierung geführt hat“, berichtete Blessing. Niemand sei dabei verletzt worden, aber es habe Gefahr für den öffentlichen Raum bestanden.
Der Beschluss zur sukzessiven Sanierung erfolgte 2011. Aus Sicherheitsgründen werden nun vorrangig die Bereiche von Schulen und Spielplätzen nach Dringlichkeit instand gesetzt.

Die Arbeiten führt die Firma Günter Bausanierung durch und Maurermeister Alvaro Costas Cordal ist von Anfang an mit dabei. „Wenn wir das Gerüst gestellt haben, was eine besondere Herausforderung darstellt, beginnen die Arbeiten, die keiner so gern angehen möchte“, gibt der Maurer zu.
Mit maschineller Unterstützung, aber auch nur mit Hammer und Flachmeißel, müssten die alten Fugen vorsichtig ausgekratzt werden. „Für Passanten macht es manchmal den Anschein, als würden wir nie fertig werden, aber bei der Arbeit gilt es, möglichst wenig Steine zu beschädigen“, erklärt Cordal.
Sehr viel Handarbeit nötig
Der angenehmere Teil der Arbeit komme dann, wenn das neue Fugenmaterial, ein Trasskalkmörtel, für die Platzierung und Verfugung der Steine mit Druck auf die Wand gespritzt werde. „Anschließend werden die Fugen von Hand leicht ausgekratzt, um die einzelnen Steine freizusetzen. Und danach erfolgt eine Oberflächenbehandlung mit einem Strahlgut, wie man es vom Sandstrahlen herkennt“, so Cordal.
Weitere Stabilität der Stadtmauer erreiche man mit Löchern, die gebohrt werden, um Trasszement in die Hohlräume zu pressen, sowie mit Gewindestangen aus Edelstahl, die in die Löcher eingetrieben werden.
„Unser Ziel ist es, ein Bild entstehen zu lassen, in dem die Steine sichtbar sind und eine Balance zwischen Stein und Fuge erreicht wird“, so Blessing. Auf der Mauerkrone lägen nach der Sanierung ähnlich wie bei Hausbau die alten Ziegel im 30 Grad Winkel auf einer Lattung mit einer Unterkonstruktion aus Holz. „So kann nicht nur das Regenwasser besser abfließen, sondern bietet dort den Mäusen und Fledermäusen ihren Unterschlupf“, erklärte sie.
Hohe Sanierungskosten
Bei der drängenden Frage nach den Sanierungskosten spricht Blessing von rund 8850 Euro pro Meter Stadtmauer. „Seit 2012 wurden für die Sanierung rund 2,3 Millionen Euro aufgewendet, wobei es Zuschüsse von 500.000 Euro gab“, sagt Blessing.
Hier wird Heimat erlebbar
Bisher seien 50 Prozent der Stadtmauer saniert. Für die nächsten Abschnitte beginnend im Bereich der Klosterringschule bis zur Fertigstellung beim Durchgang Romäusturm wären nochmals 3,7 Millionen Euro erforderlich.
„Der Begriff Heimat hängt an solchen Bauwerken und hier wird eine wichtige Arbeit geleistet, die für die Stadt ganz wertvoll ist“, so der Vizevorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins Villingen, Edgar Tritschler.