In einem Gebäude der Wohnungsbaugesellschaft (Wbg) Villingen-Schwenningen hängt der Haussegen schief. Grund: Einer der Mieter soll ausgiebig Marihuana rauchen. Das tangiere auch weitere Wohnparteien, so die Kritik. Der Kiffer selbst kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Aber könnten sich die anderen Hausbewohner überhaupt gegen seinen Rauch wehren?

Michael Nows, der in dem Gebäude lebt, geht jedenfalls auf die Barrikaden, weil der mutmaßliche Verursacher keine Rücksicht nehme. Der Gestank nach dem Cannabiskonsum ziehe unter die Türspalte hindurch und steige in das Treppenhaus, berichtet er der Redaktion.

Nows selbst fühlt sich nicht nur persönlich belästigt, Anfragen bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft führten aus seiner Sicht zu keinem konkreten Ergebnis. Dabei habe die Wbg auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den betroffenen Mietern.

Familien mit Kindern betroffen

Der 61-Jährige habe gegen den mutmaßlich kiffenden Hausbewohner eine Unterschriftenliste gestartet, an der sich nach seiner Aussage der Großteil der Hausbewohner beteiligt habe. In dem Gebäude leben auch Kinder und die werden durch das Cannabisgesetz besonders geschützt. In deren unmittelbarer Nähe dürfe Marihuana nicht konsumiert werden, sagt Nows.

Den protestierenden Hausbewohnern bleibe nur der Appell bei der Wbg, die wiederum zurückmeldet, dass ihr die Hände gebunden seien, sagt Mieter Nows. Eine persönliche Ansprache habe nichts gebracht.

Das sieht der betroffene Hausbewohner allerdings gänzlich anders. Es handelt sich um Johannes Zimmermann, den die Redaktion im Nachhinein sprechen konnte. Tatsächlich rauche er in seiner Wohnung Marihuana, was seit der Teillegalisierung auch legal sei.

Das sagt der betroffene Hausbewohner

Zimmermann sei klar, dass der Rauch „nicht jedem gefällt“. Deswegen habe es nach der ersten Beschwerde ein Gespräch mit der Wbg gegeben. Dabei sei man übereingekommen, dass er nach dem Kiffen öfter lüfte, die Fenster öffne, damit der Rauch nicht ins Treppenhaus abziehe. Das habe zumindest aus Sicht von Zimmermann gut funktioniert. Von den anderen Hausbewohnern, bis auf Nows, sei er danach nicht mehr angesprochen worden.

Keine Auskunft zum konkreten Fall

Der rechtliche Rahmen ist offenbar nicht ganz so einfach, wie auf Anfrage Wbg-Geschäftsführer Rainer Müldner einräumt. Auf den besonderen Einzelfall könne er aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht näher eingehen.

Grundsätzlich gelte hier, wie auch in anderen Streitfällen innerhalb der Hausgemeinschaften, das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die Wbg versuche durch Gespräche und weitere Maßnahmen, den Hausfrieden wiederherzustellen.

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Rainer Müldner, Geschäftsführer der Wohnbaugesellschaft Villingen-Schwenningen, kann zum konkreten Fall keine Stellung nehmen.
Rainer Müldner, Geschäftsführer der Wohnbaugesellschaft Villingen-Schwenningen, kann zum konkreten Fall keine Stellung nehmen. | Bild: Wohnbaugesellschaft

Der Besitz von Cannabis unterhalb bestimmter Grenzen stellt im Gegensatz zu der früheren Rechtslage prinzipiell keinen Kündigungsgrund mehr dar, wie Müldner weiter erläutert.

Erhebliche Störung des Hausfriedens muss vorliegen

Es gibt dazu bereits ein erstes Urteil des Amtsgerichts Brandenburg. Daraus könne Folgendes abgeleitet werden: Ein Kündigungsgrund kann selbst nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes grundsätzlich auch dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird.

Dann komme ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht, erklärt Müldner weiter.

Anbau und Konsum von Cannabis in einem Villinger Garten (Symbolbild) ist problemlos möglich.
Anbau und Konsum von Cannabis in einem Villinger Garten (Symbolbild) ist problemlos möglich. | Bild: Hauser, Gerhard

Rechtslage schwieriger geworden

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass gegenüber der früheren Rechtslage die Handlungsoptionen für den Vermieter schwieriger geworden sind, resümiert Müldner.

Immerhin kommt es zu solchen Problemen bei den Wbg-Wohnungen nicht oft: „Glücklicherweise sind uns bisher keine weiteren Fälle bekannt.“

Was kann Michael Nows also tun? Er sollte sich einen Anwalt nehmen und auf Unterlassung klagen, rät Axel Rieger, Rechtsanwalt und Geschäftsführer beim Mieterbund Villingen-Schwenningen.