Während in Mannheim die strafrechtliche Aufarbeitung um den Börsenskandal der Firma Hess AG aus dem Jahr 2013 noch läuft, hat der Stuttgarter Insolvenzverwalter Volker Grub (83) jetzt das Insolvenzverfahren offiziell abgeschlossen. Die Gläubiger des Villinger Leuchtenherstellers, die durch die Insolvenz rund 104 Millionen Euro verloren haben, werden nun mit 14,67 Prozent ihrer Verluste entschädigt, teilte Grub am Montag mit. Für den renommierten Insolvenzverwalter war die Hess AG der letzte Fall seiner langen erfolgreichen Karriere. Zum Abschied erteilte er der Gerichtsbarkeit schlechte Zensuren bei der Aufarbeitung des Falls.

Das Insolvenzverfahren der Hess AG „findet nach acht Jahren ein Ende“, teilte Grub am Montag mit. Er wurde nun in den nächsten zwei Wochen eine Schlussquote von 7,67 Prozent an die Gläubiger ausschütten, kündigte der 83-Jährige an. Nachdem im Jahre 2016 bereits eine Abschlagsquote von sieben Prozent bezahlt wurde, erhalten die Insolvenzgläubiger, das sind Banken, Kunden, Lieferanten und sonstige Geldgeber der Hess AG, somit eine Gesamtquote von 14,67 ihrer Verluste zurückerstattet. Das sind 15,3 Millionen Euro. Grub spricht von „einer Punktlandung“. Denn nach einer Bestandsaufnahme im Sommer 2013 prognostizierte er eine Quote von rund 15 Prozent.

Rückblick: Das Verfahren der Hess AG hat im Jahre 2013 Schlagzeilen gemacht, weil der Vorstand der Hess AG am 25. Oktober 2012 das Unternehmen im Primestandard an die Frankfurter Wertpapierbörse gebracht hat. Im Januar 2013 wurden Vorwürfe schwerwiegender Unregelmäßigkeiten erhoben. Daraufhin hat der Aufsichtsrat die beiden verantwortlichen Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler fristlos entlassen. Der Zusammenbruch des Unternehmens konnte nicht aufgehalten werden. Die monatlichen Verluste und die Überschuldung waren zu hoch. Deshalb hat der neue Vorstand bereits am 13. Februar 2013 beim Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet. Weite Teile des Unternehmens mussten stillgelegt werden. Der Kernbereich konnte jedoch fortgeführt und dafür im September 2013 ein Übernehmer gefunden werden. In der Rechtsform der Hess GmbH Licht und Form wird der Betrieb in Villingen seither in der Nordeon Group fortgeführt.

Abwicklung sehr schwierig

„Die Abwicklung des Insolvenzverfahrens war außerordentlich schwierig und komplex, weil zur Hess AG 23 Tochtergesellschaften, zwölf Gesellschaften, die den beiden gekündigten Vorständen und der Familie Hess zuzurechnen waren, und weitere 13 Schattengesellschaften gehörten“, rekapitulierte Grub. Die sogenannten Schattengesellschaften seien von Treuhändern für die gekündigten Vorstände und die Familie Hess gehalten worden. „Sie dienten teilweise dazu, die wahre Vermögenslage der Hess AG zu verschleiern und mit Insiderscheingeschäften das Bilanzbild zu verbessern“, ist Grub überzeugt. „Es war eine Sisyphusarbeit des Insolvenzverwalters, die Beziehungsgeflechte zu entwirren und die Gesellschaften zu liquidieren.“

Das könnte Sie auch interessieren

In der letzten vom Vorstand vor dem Börsengang zum 30.09.2012 erstellten Konzernbilanz der Hess AG sind die Vermögenswerte mit 90,8 Mio. Euro und die Verbindlichkeiten mit 72,8 Milionen Euro ausgewiesen. Die Abwicklung des Unternehmens habe offenbart, in welchem finanziellen Umfange die Bilanzen der Hess AG für den Börsengang verfälscht worden seien. Leider habe die gerichtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen die Verantwortlichen – trotz großer Anstrengungen – nicht den gewünschten Erfolg erzielt. „Der Fülle der streitigen Fragen mit komplizierten und komplexen Bilanzthemen waren die Gerichte nicht gewachsen“, urteilt Grub. Das Strafverfahren gegen die Hauptangeklagten Christoph Hess und Peter Ziegler wurde erst am 7. Oktober 2020 eröffnet. Der Jurist Grub, der sich darüber auch schon beim Justizministerium beschwert hatte, kritisiert dies deutlich: „Es stellt sich schon die Frage, ob eine derart nachlässige strafrechtliche Behandlung eines betrügerischen Börsenganges viel größeren Fällen, wie Wirecard, nicht den Weg bereitet hat.“

Volker Grub, 83 Jahre, beendet mit dem Abschluss des Verfahrens der Hess AG sein letztes Insolvenzverfahren und verabschiedet sich aus der Insolvenzszene. Er hat sich im Jahre 1966 als Einzelanwalt in Stuttgart niedergelassen und übernahm 1969 sein erstes Insolvenzverfahren. Heute hat seine Kanzlei an Standorten in Stuttgart, Frankfurt und München 45 Berufsträger, die sehr erfolgreich in der Insolvenzverwaltung sowie im Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht und Wirtschaftsstrafrecht tätig sind. Grub will sich dennoch nicht ganz zur Ruhe setzen. Er bleibt Seniorpartner in der Kanzlei und befasst sich schriftstellerisch mit geschichtlichen Themen.

Lange Karriere endet

Volker Grub, 83 Jahre, teilte mit, er beende mit dem Abschluss des Verfahrens der Hess AG sein letztes Insolvenzverfahren und verabschiedet sich aus der Insolvenzszene. Grub hatte sich im Jahre 1966 als Einzelanwalt in Stuttgart niedergelassen und übernahm 1969 sein erstes Insolvenzverfahren. Heute hat seine Kanzlei an Standorten in Stuttgart, Frankfurt und München 45 Berufsträger, die sehr erfolgreich in der Insolvenzverwaltung sowie im Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht und Wirtschaftsstrafrecht tätig sind.

Schriftstellerei geplant

Grub will sich dennoch nicht ganz zur Ruhe setzen. Er bleibt Seniorpartner in der Kanzlei und befasst sich schriftstellerisch mit geschichtlichen Themen.