„Dass man wegen weniger Zentimeter ein Gebäude, das man noch gut nutzen könnte, räumen muss, ist ein politischer Skandal“, urteilt Michael Stöffelmaier. Er ist Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes Schwarzwald-Baar.

Bis 31. Dezember 2028 kann St. Lioba in der Roten Gasse in der Villinger Südstadt in Betrieb bleiben. Danach müssen Bewohner und Personal umziehen. Als neuer Standort ist das nur noch sporadisch genutzte Gelände der evangelischen Lukasgemeinde im Steppach im Gespräch.

Gebäude kann Vorgaben nicht erfüllen

Die wenigen Zentimeter, die Stöffelmaier meint, beziehen sich auf manche Zimmer die nach seiner Aussage nur 3,10 Meter breit sind, anstatt der von der Landesheimbauverordnung geforderten 3,20 Meter. Nach einem Gutachten der Heimaufsicht von Dezember 2019 sind es oft jedoch auch mehr als nur zehn Zentimeter.

Michael Stöffelmaier ist Vorstandsvorsitzender des Caritasverband-Schwarzwald-Baar-Kreis.
Michael Stöffelmaier ist Vorstandsvorsitzender des Caritasverband-Schwarzwald-Baar-Kreis.

Da das Gebäude allerdings in Schottenbauweise errichtet wurde, könne man die Wände nicht einfach versetzen, erklärt der Vorstandsvorsitzende.

Bäder entsprechen nicht der Din-Norm

Außerdem sind einige Bäder nach Din-Norm nicht barrierefrei, erläutert Stöffelmaier. Die vorgeschriebene Barrierefreiheit von 1,50 Meter Radius für Rollstühle in den Räumlichkeiten, um wenden und umsitzen zu können, seien nicht überall möglich.

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Diese Vorgaben ergeben sich wiederum aus der Landesbauordnung, ergänzt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamtes. Die Forderungen der Gesetzgeber bezeichnet Stöffelmaier kurzerhand als praxisfern.

Das Landesministerium für Soziales und Gesundheit entgegnet über Pressesprecher Florian Mader: „Mit den Vorgaben zur lichten Raumbreite sollen schlauchartige, schlecht möblierbare und vor allem auch schlecht nutzbare Zimmer vermieden werden.“ Die Pflege am Bett müsse von beiden Seiten gewährleistet sein.

Neuer Standort im Steppach

Den Neubau plant die Caritas auf dem Gelände der evangelischen Lukasgemeinde im Steppach. Dort befinden sich noch die Kirche und das Pfarramt der Kirchengemeinde. „Wenn wir umziehen, müssen die Gebäude abgerissen werden“, erläutert der Caritas-Vorstand Stöffelmaier die Pläne.

Links die Kirche, rechts das Pfarrhaus. Das Areal der Lukasgemeinde im Steppach ist als neuer Standort des Seniorenheims St. Lioba im ...
Links die Kirche, rechts das Pfarrhaus. Das Areal der Lukasgemeinde im Steppach ist als neuer Standort des Seniorenheims St. Lioba im Gespräch. | Bild: Rasmus Peters

Die Evangelische Kirchengemeinde wollte das Areal nicht an einen Investor verkaufen, gibt ihr Vorsitzender Udo Stober an. „Wenn wir ein Gemeindezentrum aufgeben, dann zum Gemeinwohl“, fährt Stober fort. Und so, sei man froh, dass das Grundstück von einem kirchlichen Träger weiter im sozialen Bereich eingesetzt wird.

Kirchengemeinden-Vorsitzender Udo Stober ist froh, dass das Areal der Lukasgemeinde weiterhin einem gemeinnützigen Zweck dienen kann.
Kirchengemeinden-Vorsitzender Udo Stober ist froh, dass das Areal der Lukasgemeinde weiterhin einem gemeinnützigen Zweck dienen kann. | Bild: Wolfgang Rüter-Ebel

Derzeit kläre man noch letzte Details an den Verträgen, doch ist Stober zuversichtlich, die Verträge dieses Jahr unterzeichnen zu können.

Die Sätze steigen, die Platzanzahl sinkt

Für das Grundstück spreche die Größenordnung und dass es nicht weit zur Stadt sei, so Stöffelmaier. Ein Architekt habe bereits eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, nun stehe das Bodengutachten an.

Finanziert werden soll der Neubau über erhöhte Tagessätze für die Unterkunft, gibt Michael Stöffelmaier an. Wie hoch kann er allerdings noch nicht sagen. Auch nicht, was der Neubau kosten wird.

Der Eingang des St.-Lioba-Pflegeheims in der Roten Gasse.
Der Eingang des St.-Lioba-Pflegeheims in der Roten Gasse. | Bild: Hahne, Jochen

Klar ist hingegen, dass in dem neuen Gebäude weniger Pflegeplätze angeboten werden können. Nach Gesetz sind maximal 100 Plätze möglich.

Altes Gebäude bleibt

Einen Zeitplan, wie der Umzug genau stattfinden soll, sei derzeit noch nicht absehbar, gibt Stöffelmaier an. Personal und Bewohner seien bereits informiert.

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Das Gebäude in der Roten Gasse soll bestehen bleiben. Derzeit werden mehrere Möglichkeiten besprochen, was damit geschehen könnte. Es soll auch 2028 weiterhin einem sozialen Zweck dienen, erklärt Stöffelmaier. Die Anlagen für betreutes Wohnen sind von den Umzugsplänen nicht betroffen.

Neubau auf jetzigem Grundstück nicht möglich

Ursprünglich war ein Neubau auf demselben Gelände geplant. Doch laut Caritas sei keine sinnvolle Umsetzung der Landesheimbauverordnung möglich gewesen. Das Gelände wäre für einen Neubau weitgehend ungeeignet. Das Heim liegt neben einem ehemaligen Steinbruch und ein neues Gebäude hätte nur über tief im Boden liegende Stützpfähle errichtet werden können. Das hätte enorme Kosten zur Folge.

Das Pflegeheim St. Lioba ist seit 1957 in Betrieb. 66 Jahre später wird es nach derzeitigen Plänen seine Pforten an anderer Stelle öffnen.