Besonders schlimm, sagt Elisabeth Weihe, sei es gewesen, nicht Abschied nehmen zu können. Abschied von ihrer Tante Christine Hesse, die in den letzten Tagen ihres Lebens im Schwarzwald-Baar-Klinikum in Donaueschingen gegen Covid-19 kämpfte. Gerne hätte sie in diesen Stunden die Hand der 93-Jährigen gehalten und sie spüren lassen, dass sie nicht alleine war.
Abschied nehmen bei einer Trauerfeier, anstatt mit einer Handvoll Trauergäste und genügend Abstand untereinander auf einigen wenigen Stühlen zu sitzen. Das Coronavirus macht einsam, unterscheidet dabei nicht zwischen den Gesunden, den Trauernden und den Kranken und trifft alle gleichermaßen hart.
Lebensfrohes Energiebündel
Dass ihre Tante Christine, zu der sie zeitlebens ein enges Verhältnis hatte, an den Folgen einer Corona-Infektion sterben könnte, war für die 52-Jährige zunächst undenkbar. „Sie war so ein Energiebündel, so lebensfroh.“
Die letzten zweieinhalb Jahre hatte die Tante im Villinger Altenheim St. Lioba verbracht. Sich dort noch um andere Bewohner gekümmert, sich mit ihnen den SÜDKURIER geteilt, mit dem sie sich immer über das Weltgeschehen auf dem Laufenden hielt. „Sie war sehr interessiert an Politik, wollte wissen, was in den USA passiert“, schildert ihre Nichte.
Begeisterte Köchin
Zugleich sei sie auch eine gute Gesprächspartnerin gewesen, die auch gerne zuhörte. Ihre Kochkünste waren innerhalb der Familie legendär. Gerne stand sie stundenlang in der Küche und bewirtete Gäste mit ihren Kreationen. „Niemand sollte bei ihr hungrig nach Hause gehen“, sagt ihre Nichte.
Elisabeth Weihes Mutter ist die Schwägerin der verstorbenen Tante. Die beiden kümmerten sich viel um die Seniorin, deren Mann bereits vor einigen Jahren und deren einzige Tochter vor zwei Jahren verstarb.
Diagnose macht fassungslos
„Als ich von der Krankheit erfuhr, war ich erst einmal fassungslos“, sagt Elisabeth Weihe. Fanden Besucher doch ohnehin nur noch zeitlich begrenzt, reglementiert und mit Maske statt. „Sie selbst hätte damit auch nicht gerechnet, das Heim war für sie ein geschützter Raum.“ Und doch traf es die 93-Jährige. Aus der Quarantäne im St. Lioba musste sie nach Donaueschingen verlegt werden, so sich ihr Zustand rapide verschlechterte.
Der Verlust ist immer präsent
Wie fühlt es sich an, so konkret mit Corona konfrontiert zu werden? „Ich habe schon mehr Angst, mich anzustecken“, sagt Elisabeth Weihe. Mehr beschäftige sie jedoch momentan noch der Verlust. „Man kann das nicht einfach in eine Schublade stecken und zumachen, es ist immer präsent.“