Vöhrenbach Einem 23-jährigen Vöhrenbacher wird bewaffnetes Handel treiben mit Cannabis vorgeworfen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung finden Ermittler eine Waffe und eine nicht geringe Menge der Droge – eindeutig nicht zum Eigenbedarf bestimmt. Zum Ende der Verhandlung verurteilt das Gericht in Villingen-Schwenningen den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit drei Jahren Bewährungsfrist. Ein vergleichbar mildes Urteil. Das hat seinen Grund. Der Fall nimmt vor Gericht eine unerwartete Wendung.

Polizei findet Schreckschusspistole

In der Wohnung des Angeklagten seien 99,70 Gramm Marihuana gefunden worden, verliest der Staatsanwalt die Anklageschrift. Das übersteigt die laut Konsumcannabisgesetz erlaubte Menge für den Besitz beinahe um das Doppelte. Hinzu kam noch eine signifikante Menge an Haschisch, dem Harz der Cannabispflanze, welches einen wesentlich höheren THC-Gehalt als „Gras“ ausweist. Auch soll eine Feinwaage bereitgehalten worden sein, was die Intention Handel zu treiben bestätige, so der Staatsanwalt. Außerdem finden die Beamten eine Walther P99 Schreckschusspistole – mit fünf Patronen im Magazin und einigen mehr in einer Schachtel in der Wohnung.

Der Angeklagte reagiert kaum auf die Vorwürfe und verfolgt die Verhandlung mit verschränkten Armen. Als der Richter mit seine Vita vorträgt, antwortet der 23-Jährige nur kurz angebunden. Mit einem Hauptschulabschluss und ohne Ausbildung arbeite er als Maschinenbediener, erklärt der Vöhrenbacher. Marihuana rauche er inzwischen nur noch in kleinen Mengen. Mit dem damaligen Drogenhandel habe er seine starke Sucht finanzieren wollen, fügt der Verteidiger den Ausführungen seines Mandanten hinzu.

Die anscheinende Gleichgültigkeit des 23-Jährigen ändert sich jedoch, als die Sprache auf den versuchten Mordanschlag fällt: Der Staatsanwalt fragt nach dem körperlichen Befinden des Angeklagten – und explizit nach einer Wunde. Es gehe ihm körperlich gut, erklärt der Maschinenbediener. Erst dann holt der Anklagevertreter zum Verständnis der Anwesenden aus und erklärt die Umstände.

Bevor es zur Wohnungsdurchsuchung kam, soll es zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und einem Bekannten gekommen sein. Dieser Mann habe den Angeklagten bis zu dessen Wohnung verfolgt – eine Wohnung, die dieser im Prozess mehrfach als seinen „Bunker“ bezeichnete –, um herauszufinden, wo der Angeklagte seine Drogen versteckte. Erst als der 23-Jährige dem Verfolger eine Schreckschusspistole vorgehalten habe, habe dieser von seinem Vorhaben abgelassen, erklärte der Staatsanwalt. Durch diesen Vorfall habe der Bekannte sich allerdings so geängstigt und in seiner Ehre gekränkt gefühlt, dass er einen Mordanschlag auf den Vöhrenbacher plante.

Einige Zeit darauf wurde der Angeklagte von seinem Verfolger in eine Falle gelockt und niedergestochen. Der Anklagevertreter deutet auf seine rechte Bauchseite, um darzustellen, an welcher Stelle sich die Wunde befand. „Ich wurde aufgeschlitzt“, spezifiziert der 23-Jährige die Tat aufgewühlt. Auch der Staatsanwalt empfindet Mitgefühl mit dem Angeklagten und stellt fest: „Ich war von den Verletzungsbildern schockiert.“ Der Vöhrenbacher sei an diesem Abend nur knapp mit dem Leben davongekommen und habe den Polizeibeamten gestanden, dass er Drogen in seiner Wohnung aufbewahre.

Milderes Urteil durch Geständnis

Aufgrund dieses Geständnisses und seiner Aufklärungshilfe plädiert der Anklagevertreter für ein milderes Urteil und fügt an den Angeklagten gewandt hinzu: „Sie sind an diesem Tag schon faktisch bestraft worden.“ Auch der Verteidiger des 23-Jährigen schließt sich dem Antrag des Vorredners an. Der Richter folgt der Empfehlung des Staatsanwalts und verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit einer Bewährungszeit von drei Jahren. Hinzu kommt eine Geldauflage von 2000 Euro, welche in Raten von je 200 Euro pro Monat an eine gemeinnützige Einrichtung zu entrichten sind. Sowohl Verteidiger als auch der Anklagevertreter verzichten auf Rechtsmittel.