Markus, Sie sind 1989 vom TSV Mimmenhausen aus in die große Handballwelt gezogen. Ihre erste Station war der VfL Pfullingen. Was verbindet Sie mit dem schwäbischen Club heute noch?
Das war mein erster Schritt im Profibereich, allerdings in einem sehr familiären Umfeld. Mit dem VfL verbinde ich viele tolle Erinnerungen, ich habe meine Frau dort kennen gelernt. Es war eine schöne Zeit. Wir hatten eine junge Truppe, viele Spieler kannten sich schon aus der Jugend- oder Junioren-Nationalmannschaft. Wir haben heute immer mal wieder Kontakt, aber man sieht sich nicht permanent. Da sind Freundschaften entstanden, die zwischendurch ruhen. Wenn man sich trifft, ist es wie früher, aber jeder hat sein eigenes Leben.
Am Samstag kommt der Ex-Bundesligist Pfullingen in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga nach Konstanz. Wie intensiv haben Sie die Saison der HSG verfolgt?
Das war eine sehr souveräne Vorstellung, die die Mannschaft von Jörg Lützelberger gezeigt hat. Auch mit der neuen Situation, mit dem Abgang von Tom Wolf als absolutem Führungsspieler. Dass sie dann rausgehen, fast alle Spiele gewinnen und trotzdem noch nicht aufgestiegen sind, ist das Groteske. Aber die Situation ist für alle gleich, da gilt es, nicht zu lamentieren. Das machen die Konstanzer auch nicht. Sie ziehen es durch. Das wird ein schönes Gruppenfinale am Samstag.
Eine der wenigen Niederlagen kassierte Konstanz in Pfullingen…
Die App-Halle ist ein richtiger Hexenkessel, da kann das schon mal passieren. Somit spricht es für Konstanz, dass die HSG am Samstag ein Heimspiel hat.
Die Konstanzer haben Platz zwei und die Finalspiele schon sicher, aber es ist das Endspiel um Platz eins in Gruppe 2. Dabei geht es um das Heimrecht im Final-Rückspiel und darum, nicht auf den VfL Potsdam von Bob Hanning zu treffen. Was ist wichtiger?
Das Finalspiel zu Hause zu haben, ist bei positivem Ausgang auf jeden Fall für die Feier besser. Potsdam ist ein Top-Gegner und mit Bob Hanning wird jemand das Zepter schwingen, der auf jeden Fall alles versuchen wird, um aufzusteigen . Das heißt aber nichts für ein mögliches Spiel. Konstanz ist ein gutes Team, so wie Potsdam auch.
Es sind immer wieder mal Spieler aus Ihrer Heimat Linzgau bei der HSG aktiv. Früher Ihr Neffe Yannick Schatz, jetzt Peter Schramm. Gibt‘s da noch Kontakt?
Ja, es sind tatsächlich immer mal wieder welche von der guten Seeseite in Konstanz (lacht). Kontakt haben wir aber nicht regelmäßig. Es ist gut, dass Peter rechtzeitig wieder dabei ist. Er ist ein Kämpfer, ein guter und sehr athletischer Abwehrspieler, an dem man sich wehtun kann. Im Angriff erzielt er, wie man im Handball sagt, die einfachen Tore aus zehn Metern, hat aber auch große Qualitäten im Eins-gegen-eins.
Die Konstanzer verfolgen ihren ganz speziellen Weg, Talente – nach Möglichkeit aus der erweiterten Region – zu entwickeln. Ist das ein Zukunftsmodell für finanziell weniger potente Vereine?
Absolut, das hat aber nicht nur mit den Finanzen zu tun, sondern auch mit der Region, dass du ein eingeschränktes Einzugsgebiet für Talente hast. Entweder du baust ein Topinternat und holst Spieler, oder du versuchst als Ausbildungsverein, mit jeder Jugend in der höchsten Liga zu spielen, hast einen guten Unterbau mit einer zweiten Mannschaft auf einem guten Niveau und eine erste Mannschaft, bei der man studieren und zweite oder dritte Liga spielen kann. Wenn ich um Pfullingen einen Kreis mit 50 Kilometern ziehe, dann habe ich gefühlt 15 bis 20 Mannschaften in den höchsten drei Ligen bei Frauen und Männern. Wenn ich den Kreis um Konstanz ziehe, dann bin ich in der Schweiz und Österreich und mit viel Wohlwollen noch in Balingen. Kurz gesagt: Ja, der Weg ist sehr gut.
Verfolgen Sie als TV-Experte auch die 2. Bundesliga? Was kommt da auf die Aufsteiger zu? Ist es wirklich die beste zweite Liga der Welt, als die sie gerne verkauft wird?
Das ist sie mit Sicherheit, sie ist wahrscheinlich besser als manche erste Liga in anderen Ländern. Die HSG hat das Pech, dass sie acht bis zehn Spiele hat, zu denen sie einen Tag vorher fahren muss. So kommen große Kosten zusammen, nur dafür, dass du spielen darfst. Dieses Geld können andere Vereine in den Kader buttern. Natürlich sind in der zweiten Liga auch viele Mannschaften mit Ausländern bestückt. Die HSG hat da einen anderen Ansatz. Die Konstanzer holen eben ein 20-jähriges Talent, das studiert und vielleicht in der dritten Liga eine große Rolle gespielt oder in der zweiten Liga nicht zum Zug kam. Man sieht das auch manchmal an der Spielweise. Der Wille von Leuten, die sich schon im Studium durchbeißen müssen und etwas im Sport erreichen wollen, spiegelt sich oft in der Einstellung wider. Sie sind auch viel mehr zusammen unterwegs, in der Halle oder an der Uni, das gibt Synergien.
Wem drücken Sie am Samstag die Daumen: Ihrem früheren Verein VfL Pfullingen oder den Konstanzern aus Ihrer Heimatregion?
Am liebsten wäre es mir, wenn beide aufsteigen. Jetzt ist es eben ein Spiel fürs Endspiel. Wir haben am Samstag so etwas wie das Halbfinale, dann kommen für beide die Finals um den Aufstieg.