Herr Eblen, Sie sind als Macher und Schaffer bekannt, als Kämpfer für den Handball. Wie geht es Ihnen in diesen Tagen?
Im Alltag bleibt zum Glück groß gar keine Zeit, um mir negative Gedanken zu machen. Es geht von morgens bis abends rund, dass es weitergeht bei der HSG Konstanz. Schlimmer wäre es, wenn gar nichts mehr ginge. Dann wären wir schon tot. Jetzt kämpfen wir an allen Fronten.
Wie ist der Stand bei der ersten Mannschaft? Wird sie am Wochenende in Bietigheim in der 2. Bundesliga um Punkte kämpfen können?
Ich gehe momentan davon aus. Wir testen wie immer zwei Tage vor dem Spiel, und im schlechtesten Fall erfahren wir erst am Samstagmorgen, ob es stattfinden kann oder nicht.
Fest steht, dass die zweite Mannschaft in der 3. Liga und die A-Jugend in der Bundesliga mindestens bis Ende November pausieren. Wie hart trifft das den Verein?
Es wird ja gerade diskutiert, ob diese beiden Ligen zum Profibereich gezählt werden. Dann dürften sie ohne Publikum weiterspielen, müssten aber auch getestet werden. Das wäre alles gar nicht bezahlbar. Das trifft aber nicht nur uns, sondern 70 bis 80 Prozent der Vereine in der 3. Liga.
Mal abgesehen davon, dass die Spieler bei uns alle keine Profis sind, hat es der Leistungsbereich doch verdient, weiter trainieren zu dürfen.
Zu den Test-Kosten kommt, dass nicht nur die Hallen leer sind, sondern auch alle Zusatzveranstaltungen ausfallen. Es gibt keinerlei Einnahmen, die wir generieren dürfen. Wir haben uns an die Stadt und den Gemeinderat gewandt und klargemacht, worum es geht. Das ist nicht nur die erste Mannschaft, es geht um alle, ums Ganze.
Und darum, die Ausbreitung des Virus zu stoppen.
Wir haben Verständnis, dass wir etwas tun müssen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Aber warum müssen wir jetzt wieder vor leeren Rängen spielen? Die Hygienekonzepte haben doch nachweislich funktioniert.
Wie schätzen Sie die sportliche Lage ein? Kann diese Saison trotz Corona durchgespielt werden?
Das erste Ziel wird sein, dass wir alle bis Weihnachten durchhalten. Ohne Zuschauer kann das auf Dauer aber nicht funktionieren. Auch nicht in der 2. Bundesliga.
Im Leistungsbereich haben wir nur Ausgaben und keinerlei Einnahmen. Ich bin froh und hoffe, dass die Sponsoren weiterhin so solidarisch sind wie den Sommer über. Trotzdem ist das existenzgefährdend. Bei den Kindern ist die Lage teilweise noch schlimmer.
Inwiefern?
Der ganze Jugendbetrieb, vom Sportgarten bis zur Bundesliga-A-Jugend, ist nicht nur im Stillstand, sondern ist im November tot. Das ist aus meiner Sicht ein völliger Blödsinn. Der Schulsport geht weiter, in der Schule und dem Kindergarten sind sie zusammen, und am Nachmittag in der Sporthalle sollen sie sich anstecken?
Bis letzte Woche war es ja umgekehrt. Da waren die Schulen zu und Sport war erlaubt. Von einem sinnvollen Konzept kann da keine Rede sein.
Für wen ist das Problem größer: für die Kinder oder die Vereine?
Für alle. Jetzt gehen die Kinder am Nachmittag den Eltern auf die Nerven oder sie sitzen vor irgendwelchen Bildschirmen. Die Eltern leiden darunter, die Kinder, die Vereine. Wir haben gerade den Sommer überstanden, weil sich alle solidarisch verhalten haben.
Jetzt sagen vielleicht einige: Was bringt mir der Verein noch? Da kann ich auch gleich austreten. Je länger das alles dauert, desto weniger Verständnis haben die Leute.
Auch im sportlichen Bereich werden wir in Zukunft Einbrüche haben. Die ganze Jugendarbeit ist gefährdet. Bis letzte Woche haben wir die Ferienbetreuung gemacht, und am Montag war Schluss. Das ist aus meiner Sicht eine Panikreaktion. Wir haben hauptamtliche Kräfte in der Jugendarbeit und der Kinderbetreuung eingestellt, die müssen jetzt wieder in Kurzarbeit gehen.
Wenn sie keine Zukunft bei uns mehr haben, schauen sie sich anderweitig um. Alles, was wir uns mühsam aufgebaut haben, wird jetzt gefährdet. Damit verpassen wir große Chancen.
Dabei hätten Sie aus sportlicher Sicht in dieser Saison doch allen Grund zur Freude. Die erste Mannschaft spielt in der 2. Bundesliga, die Reserve in der 3. Liga und die A-Jugend in der Bundesliga.
Der Erfolg geht uns gerade komplett verloren. Wir müssen mehr als die doppelte Leistung bringen wie ohne Pandemie. Wir müssen den Spielbetrieb weiterführen und die Probleme meistern, die aus der Corona-Richtung kommen. Rein emotional tut es weh, mitansehen zu müssen, dass 350 Kinder, die wir sonst im Handballgarten betreuen, gerade ausgeschlossen sind.
Wie lange kann die HSG Konstanz das durchhalten?
Wir sind ein Teil der Gesellschaft, es geht uns nicht besser oder schlechter als dieser. Unser großes Plus ist, dass wir keine Spieler haben, die ausschließlich vom Handball leben. Die konnten in letzter Zeit ihre Kapazitäten in Beruf und Studium stecken und sich so über Wasser halten. Der Konstanzer Weg hat sich bewährt.
Was stimmt Sie sonst noch positiv in dieser schweren Zeit?
Positiv ist, dass es uns überhaupt noch gibt. Die Leute haben ihre Abos gekauft, die Sponsoren sind dabei geblieben. Wir hoffen weiter auf diese Solidarität und geben uns große Mühe, dass alle dabei bleiben. In den ersten Spielen hat man auch gesehen, dass wir sportlich gut dastehen. Wir hatten uns richtig auf diese Runde gefreut. Aufgeben will keiner, wir kämpfen weiter. Irgendwann muss aber wieder eine Perspektive da sein.