Fußball: – Nein, ein Lautsprecher ist er beim besten Willen nicht. Ehe Kurt Schneeberger einen Satz sagt, überlegt er: „Sprüche klopfen, das ist nicht meine Art“, lächelt der Pensionär aus Karsau verschmitzt: „Auf dem Sportplatz schon gar nicht. Da gibt es eine klare Ansage und dann rollt der Ball wieder.“
Diese Maxime verfolgt der 70-Jährige als Schiedsrichter im Bezirk Hochrhein seit nunmehr 32 Jahren: „Platzverweise habe ich eher selten“, überlegt er kurz: „Meistens beruhigen sich die Jungs von ganz allein.“ Und wird es ihm doch zu bunt, zückt er seine Geheimwaffe: „Der Ziegenbock begleitet mich bei jedem Spiel.“ Schneeberger kramt die Trillerpfeife aus der Schiedsrichter-Tasche, präsentiert einen mittlerweile leicht derangierten Schlüsselanhänger: „Ehe es Gelb gibt, zeige ich dem Spieler die Figur. Dann sage ich: Der Ziegenbock darf meckern – aber du nicht.“

Mit diesem Satz kommt Schneeberger stets gut durch die 90 Minuten – und das annähernd stolze 1000 Mal: „Ach ja, es war eigentlich alles unspektakulär“, blickt Kurt Schneeberger zurück und verrät: „Nach drei Spielen hatte ich schon keine Lust mehr. Aber Hennes Ziegler aus Wallbach und Franco Florio aus Schwörstadt, die leider schon lange verstorben sind, haben mich überredet.“ Das Duo leistete damals ganze Arbeit, denn heute zählt Kurt Schneeberger zu den Kult-Schiris. Er kennt im Bezirk jeden Sportplatz zwischen Liel und Weizen und die Kicker kennen und mögen ihn.

„Vielleicht nicht alle“, wendet Kurt Schneeberger ein: „Aber das erwarte ich auch gar nicht.“ Vielleicht komme seine pragmatische Art nicht bei allen Kickern an: „Ich brauche keine Auftritte. Natürlich bestehe ich darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Aber spüre ich, dass es dem Spiel gut tut, dann hilft mir auch mal mein Fingerspitzengefühl weiter.“

Spielabbrüche kennt Schneeberger eigentlich nur vom Hörensagen. Dann hebt er den Finger: „Moment, da war doch mal etwas. In Lauchringen musste ich wirklich mal eher Schluss machen.“ Als sich dereinst in Lauchringen eines der Flutlichter verabschiedet hatte, musste auch Kurt Schneeberger passen: „Aber sonst war nie etwas.“
„Zwei, drei Jahre mache ich noch“
Und wie lange macht er noch? „Bis Sommer darf ich noch in der Kreisliga B pfeifen und wenn ich gesund bleibe, hänge ich noch zwei, drei Jahre in der Kreisliga C dran“, sieht er noch kein Ende seiner Karriere in Sicht.

Bis März macht er noch Winterpause, denn über die Fasnacht legt auch Kurt Schneeberger die Pfeife und den Ziegenbock zur Seite: „Dann bin ich mit den Karsauer Füürgeischtern bei Umzügen unterwegs“, freut er sich schon jetzt auf die fünfte Jahreszeit: „Das ist Ehrensache, denn 1971 bei der Gründung der Clique war ich schon dabei.“

Wenn es dann im März wieder los geht, ist auch für Kurt Schneeberger die Winterpause zu Ende: „Seit dem Spiel in Eschbach bin ich frei gestellt.“ Ja, dieses Spiel wird der Schneeberger, den der SV Karsau im September 2023 für seine Verdienste als Spieler, Trainer und Schiedsrichter zum Ehrenmitglied ernannt hat, so schnell nicht vergessen.

Er war an jenem verschneiten November-Wochenende tatsächlich der einzige Schiedsrichter, der zum Einsatz musste: „Bis 12 Uhr habe ich alle paar Minuten aufs Handy geschaut, was beim Spiel des SV Eschbach gegen den SV Nöggenschwiel passiert. Alles wurde abgesagt – nur mein Spiel nicht.“ Also packte Schneeberger den Ziegenbock und das Wintertrikot ins Auto und traute in Eschbach seinen Augen nicht: „Die hatten beste Bedingungen geschaffen. Da war ich dann echt platt – und habe das Spiel natürlich angepfiffen.“

Mit dem Ziegenbock und seiner Gelassenheit hat Kurt Schneeberger das Spitzenspiel der Kreisliga B-3 gemeistert, und zwar vollumfänglich: „Ja, das war damals eine Umstellung, aber auch das habe ich geschafft – vor allem dank der Hilfe von Gerrit Peukert, der mir bei den neuen technischen Anforderungen geholfen hat. Als LKW-Fahrer hatte ich doch keine Ahnung von Computer“, lacht Schneeberger: „Anfangs kamen Spielaufträge per Doppelkarte von Kurt Woldrich. Heute blinkt die App, wenn Dieter Grethler ein Spiel für mich hat.“

„Ich würde wieder Schiri werden“
Dass es mindestens 32 Schiri-Jahre wurden, verdankt Kurt Schneeberger aber auch einer Frau: „Was Gabi Birlin über Jahrzehnte in der Gruppe Rheintal auf die Beine stellte, war unbeschreiblich. Sie hat viele tolle Ausflüge und Turniere organisiert. Das bleibt unvergesslich und hat mir viele neue Freunde beschert. Im Rückblick sage ich, dass es damals eine gute Entscheidung war, zu bleiben. Ich würde auch heute wieder Schiri werden und kann allen Fußballerinnen und Fußballern dieses tolle Hobby nur empfehlen.“