Fußball: Über 11.000 neue Mitglieder, 482 neue Mannschaften und kein Verein, der aufgeben musste – so die Zahlen im Südbadischen Fußballverband im Vergleich zwischen den Jahren 2021 und 2022, die der DFB in diesem Jahr veröffentlichte. Eine gute Nachricht? Noch ein Jahr zuvor, mitten in der Pandemie, hatten die Zahlen abgenommen. Drei Vereine aufgelöst, 3124 Mitglieder weniger und 82 abgemeldete Mannschaften.

Dass sich die Zahlen im vergangenen Jahr scheinbar erholt haben, ist aber trügerisch. Gerade die Mitgliederzahl kann trügen, weil im Südbadischen Verband auch die Vereinsmitglieder des SC Freiburg hinzugezählt werden, der immer mehr an Popularität gewinnt. Vor allem langfristig geht der Trend nach unten. Vereine, Mitglieder, Mannschaften – der Schwund ist nicht nur in Südbaden, sondern auf dem gesamten Bundesgebiet zu spüren.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Folge: Immer mehr Vereine gehen Spielgemeinschaften mit benachbarten Clubs ein. Was im Jugendbereich schon seit langer Zeit üblich ist, zeigt sich nun als logische Folge auch im Aktivbereich. Auch im Schwarzwald hat die Zahl der Spielgemeinschaften in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Jedes Jahr kommen neue hinzu.

Auch der Vorsitzende des Fußball-Bezirks Schwarzwald, Guido Seelig, hat diese Entwicklung auf dem Schirm. „Die Tendenz ist deutlich erkennbar und ich bin erst zwei Jahre im Amt“, so Seelig. Er hat auch Zahlen parat: „Zu Beginn der vergangenen Saison waren es fünf Spielgemeinschaften mehr und auch zur kommenden Saison wird es weitere solche Zusammenschlüsse geben.“ Fakt ist, dass sich der FC Unterkirnach der SG Vöhrenbach/Hammereisenbach anschließt. Zudem zeichnet sich ab, dass der TuS Oberbaldingen und der SV Öfingen im Aktivenbereich „gemeinsame Sache“ machen.

Die Entwicklung ist für den Bezirksvorsitzenden nachvollziehbar. Seelig: „Für mich ist es nicht überraschend. Wir haben große Probleme im Jugendbereich, neue Spieler zu gewinnen. Für mich ist die Folge, dass das irgendwann auch im Aktivbereich ankommt.“

Die Interessen haben sich geändert

Dass immer weniger Spieler da sind und damit immer mehr Spielgemeinschaften entstehen, hat verschiedene Folgen für den Fußball: schwindende Lokalrivalitäten, mangelnde Identifikation mit den Vereinen, längere Reisen für Spiele und mehr organisatorischer Aufwand für die Clubs. „Das ist eine Entwicklung und die können wir nicht aufhalten“, so Seelig, der langfristig vor allem wieder den Jugendbereich stärken will. Beispielsweise mit Kooperationen an Schulen wolle man die Vereine bei den Schülerinnen und Schülern wieder präsenter machen. Denn in den vergangenen Jahren ist aufgefallen, dass sich die Interessen der Jugend verändert haben – weg vom Fußball. Und dies sei, laut Seelig, eine Entwicklung, die nicht erst seit der Corona-Pandemie stattfindet, durch diese aber verstärkt zu spüren sei.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Interessen haben sich verschoben, weil die Freizeitangebote vielfältiger geworden sind – auch auf dem Land. Nicht nur die Jugend hat gemerkt, dass sie sich auch ohne eine Vereinszugehörigkeit beschäftigen kann.

Eine Entwicklung, die auch Michael Fischer kennt, Spielausschussvorsitzenden der SG Marbach/Rietheim, die sich erst zum Beginn der laufenden Saison gegründet hat und auf die Entwicklung reagieren musste. „Es fängt ja schon da an, wer den ersten Vorstand macht, wer grillt, wer streut den Platz. Die Interessen haben sich geändert“, so Fischer. Weil dann auch der Sport darunter litt, entschieden sich die Vereine FV Marbach und SV Rietheim, ihren Aktivbereich zur Spielzeit 2022/23 zusammenzulegen. Nach fast einem Jahr fällt das Fazit positiv aus. „Im Großen und Ganzen gibt es nur Vorteile, aber beim Drumherum gibt es andere Probleme“, so Fischer.

Großer organisatorischer Aufwand

Wenn sich zwei Vereine zusammentun, dann kommt es vor allem auf die Kommunikation an. „Es ist nicht immer alles einfach, weil es zwei Philosophien gibt“, erklärt Fischer die Anfänge der SG. Fragen, wie auf welchem Platz gespielt wird oder wer die Einnahmen bekommt, müssen geregelt werden: „Man will es 50-50 machen, aber man muss einfach schauen, wie man es jedem recht machen kann.“

Allein bei der Gründung gebe es schon Fragen, wie Guido Seelig erklärt. „Der ein oder andere Verein nimmt vorher Kontakt auf, was es zu beachten gibt.“

Ein Verein, der die Anfänge schon hinter sich hat, ist die SG Riedböhringen/Fützen, gegründet von den Vereinen VfL Riedböhringen und SV Fützen. Diese Spielgemeinschaft gibt es bereits seit 2016 und sie hielt sich seither in der Bezirksliga – auch, wenn es in dieser Saison nach einem Abstieg aussieht. „Ich sehe das nicht als organisatorischen Mehraufwand. Der Vorteil war auch, dass wir zuvor schon seit Jahren eine Spielgemeinschaft in der Jugend hatten“, erklärt Jürgen Meister, Vorsitzender des VfL Riedböhringen. Ihm ist aber auch klar, dass ein gutes Miteinander nicht selbstverständlich ist. „Man geht ja auch ein Risiko ein. Man geht mit einem Verein zusammen und weiß nicht, ob es funktioniert“, so Meister.

Die SG Riedböhringen/Fützen wechselt sich mit den Heimspielen ab. Auch bei der Identifikation bei den Spielern sieht Meister keine Probleme. „Die Spieler und auch die Eltern sind das gewohnt aus dem Jugendbereich“, hält er fest. Dennoch gebe es Zuschauer, die nur zu einem der beiden Plätze kommen. Die Rechnung aus 100 und 100 werden 200 Zuschauer, gehe nicht auf. Am Ende hält Meister fest: „Entweder es passt oder es passt nicht.“ Dass diese Entwicklung aber nicht vermeidbar ist, muss aber auch er festhalten.