Eishockey: Das hat ja schon mal gar nicht so schlecht angefangen für Alexander Karachun. Der Schwenninger Neuzugang hat in den sechs Vorbereitungsspielen ein Tor und eine Vorlage zu Buche stehen. Viel wichtiger aber: Er war einer der auffälligsten Spieler im Wild Wings-Trikot. „Ich hatte echt ein Kribbeln im Bauch“, berichtet ein strahlender Alexander Karachun.
Für dieses schöne Gefühl sorgten in erster Linie die Fans der Wild Wings, die ihrem Ruf in den letzten Wochen wieder einmal alle Ehre machten. Zu Hunderten reisten sie nach Wil und Kreuzlingen oder pilgerten beim Testspiel gegen Augsburg in die Helios Arena, um ihr Team beim 4:3-Sieg nach Verlängerung lautstark anzufeuern. Und sie sahen dabei auch einen Neuzugang, der auf Anhieb zu überzeugen wusste.
Alexander Karachun wurde nicht nur nach der ersten Partie des Bodensee-Cups gegen die SCL Tigers als bester Spieler der Schwenninger ausgezeichnet. Selbst nach dem verlorenen Finale durfte sich der gebürtige Danziger als einer der Gewinner der beiden Turniere in der Schweiz fühlen. Karachun zeigte viel Präsenz auf dem Eis, agierte mit Tempo, Kopf und Körper, so auch im Heimspiel gegen Augsburg. „Das ist genau meine Rolle und entspricht meinen Stärken. Zudem mag ich es, dass ich hier mehr Verantwortung übernehmen darf und man sich auf alle im Team verlassen kann“, sagt Karachun.
Der Start im Schwarzwald ist also gelungen, der Weg zur Eishockey-Karriere war hingegen steinig. Als Sohn eines weißrussischen Nationalspielers war die Richtung zwar vorgegeben, doch musste der Junior einige Umwege in Kauf nehmen. Im Alter von 15 Jahren sollte eigentlich der Wechsel zu den renommierten Jungadlern nach Mannheim erfolgen. Doch der damalige Trainer der Kurpfälzer, Frank Fischöder, beschied dem jugendlichen Alexander, dass er zu klein und zu langsam sei. „Diese Worte haben sich bei mir eingeprägt und mich vorangetrieben“, erinnert sich der inzwischen gestandene DEL-Profi – und räumt ein. „Ich war damals von der Größe hinterher und auch etwas faul.“
So musste der Zufall helfen. Karachun bekam ein Angebot aus dem österreichischen St. Pölten. Nicht gerade der Nabel der Eishockeywelt, aber mit einer guten Förderung sowohl sportlich als auch schulisch. Hier arbeitete sich der in Heilbronn aufgewachsene Stürmer nach oben und endlich kam auch der ersehnte Wachstumsschub. Nach zwei Jahren und einem „Klick“ im Kopf kehrte er als disziplinierter Sportler zurück nach Deutschland. Mit dem Erhalt des deutschen Passes stand auch den ersten Saisons in der DEL 2 mit Heilbronn beziehungsweise dem EHC Freiburg nichts mehr im Wege. Vor fünf Jahren folgte der Wechsel in die DEL. Zwei Jahre blieb der Linksschütze bei den Grizzlys Wolfsburg, spielte 2018 auch die Pre-Playoffs gegen Schwenningen. „Das war damals echt ein Erlebnis“, erzählt Karachun.
Ganz festsetzen konnte er sich allerdings im Oberhaus nicht, immer wieder wurde er von den Grizzlys zum Kooperationspartner nach Crimmitschau und später nach Kassel geschickt. Und so fasste der damals 24-Jährige einen Entschluss. „Ich war noch nicht ganz so weit, in der DEL schon produktiv mitspielen zu können. Also habe ich mich entschieden, für ein Jahr eine Liga runter zu gehen. Ich wollte mich beweisen und entwickeln“, erklärt der Powerforward.
Dieser erneute Umweg funktionierte. Nach einem Top-Jahr bei den Kassel Huskies mit 45 Punkten in 51 Spielen holte ihn vergangene Saison die Düsseldorfer EG zurück in die DEL. In diesem vergangenen Jahr traf er übrigens auch wieder auf Frank Fischöder, mittlerweile Trainer des DEL-Klubs Nürnberg Ice Tigers. „Nein, wir haben nicht miteinander gesprochen. Aber ich habe ein Tor gegen sie geschossen“, erzählt Karachun grinsend.
Schon im Frühjahr 2020 hatten auch die Wild Wings Interesse am mittlerweile 1,88 Meter großen und 99 Kilogramm schweren Angreifer. Zu dieser Spielzeit klappte der Wechsel. Und bisher hat Karachun nur Positives zu berichten. Selbst das als knüppelhart bekannte Training von Coach Niklas Sundblad findet er so richtig gut. „Ich habe lange nicht mehr eine so harte Vorbereitung gehabt. Manchmal fühlen sich die Beine an wie Bauklötze und man hat das Gefühl, einen LKW zu ziehen. Aber ich mag das und bin auch deshalb hierher gekommen. Ich glaube, dass harte Arbeit Talent schlägt“, so der Mann mit der Rückennummer 47.
Auch außerhalb der Helios Arena fühlt sich der 26-Jährige wohl, genießt mit seiner Freundin die kurzen Wege am Wohnort Villingen und in die nähere Umgebung. „Es ist ruhig hier, anders und entspannter“, berichtet der (Fern-)Student der Wirtschaftswissenschaften, der in den letzten Jahren eher in größeren Städten gelebt hat. „Ich bin aber auch eher ein ruhiger Typ, deshalb fühle ich mich hier wohl.“
Auf dem Eis allerdings hat der Angreifer bereits bewiesen, dass er auch ein auffälliger Typ sein kann und will. Seine persönlichen Ziele behält er aber lieber für sich, die mit den Wild Wings setzt er ganz oben an. „Jede Mannschaft will um die Meisterschaft spielen, für manche ist das einfacher, für andere schwerer“, sagt Alexander Karachun. „Am Ende erwarte ich, dass wir als Team nichts zu bereuen und immer alles gegeben haben.“