Eishockey: Mit Superlativen ist das immer so eine Sache; der vorsichtige Umgang mit ihnen ist ratsam. Manchmal allerdings kommt man schlicht nicht drumherum. Und das, was die Wild Wings am Dienstagabend in der bis zum Bersten gefüllten, mega lauten Helios Arena gezeigt haben, ist schon einen Superlativ wert.
Der Auftritt der Schwenninger und ihrer Fans war schlichtweg beeindruckend. Oder wie es der Cheftrainer der Wild Wings formulierte: „Ich hatte quasi ab dem zweiten Tor Kopfschmerzen, weil es so laut war. Das habe ich noch nie erlebt. Meine Smartwatch hat mir die ganze Zeit angezeigt, dass ich raus gehen soll, denn diese Umgebung sei nicht gesund“, sagte Steve Walker mit einem ganz breiten Grinsen im Gesicht.
SERC-Fans nicht mehr zu halten
Auch der Headcoach war sichtlich stolz auf seine Mannschaft, die nach 77 Sekunden durch Tore von Johannes Huß und Tylor Spink bereits mit 2:0 geführt hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die SERC-Anhänger nicht mehr zu halten. Die Freude galt dabei sicherlich auch den beiden Torschützen. Huß hatte zuletzt als überzähliger Ü23-Spieler häufiger auf der Tribüne Platz nehmen müssen. Die Spink-Zwillinge agierten in den vergangenen Wochen eher unauffällig, taten sich schwer mit dem Toreschießen.
Als Phil Hungerecker nach gut zehn Minuten das 3:0 erzielte, bebte die Arena. Auch in diesem Fall freuten sich Team und Fans über den „richtigen“ Torschützen, Hungerecker hatte zuvor 19 Spiele lang nicht getroffen. Die Führung war absolut verdient, Straubing fand schlicht nicht statt. „Natürlich war das ein Start nach Maß, die Jungs waren bereit. Wir haben einfach gespielt, Pucks tief gebracht, es nicht unbedingt immer darauf angelegt, ein Tor zu machen. Dazu haben wir sehr gut und sehr früh gestört. Der Unterschied zum ersten Spiel war auch, dass wir unsere Chancen genutzt haben“, fasste Walker nicht nur das grandiose erste Drittel zusammen.
Wild Wings haben aus Fehlern gelernt
Vor allem hatten die Schwäne aber auch ihre Fehlerzahl minimiert. In Spiel eins konnten die Tigers eben jene noch weidlich nutzen, Schwenningen lief in einige Konter. Schwenningens Trainer sprach damals von einem Lernprozess, den seine Mannschaft durchlaufen müsse. Nun, dieser Prozess ging schnell.
„Ich spreche mit den Spielern immer, wenn sie direkt vom Eis kommen. Da sind sie so fertig, dass sie keine Widerworte geben“, witzelte ein gut gelaunter SERC-Trainer. „Nein, Spaß beiseite. Spieler wollen immer ein Feedback. Bei meiner Mannschaft geht es nie um den Einsatz, nur um die bessere Lösung. Man lernt aus der Erfahrung, und man muss schnell lernen. Mein Job ist, das sicherzustellen“, so Walker.
Der Kanadier zollte aber auch dem Gegner nochmals Respekt. Die Niederbayern hätten sein Team durchaus auch unter Druck gesetzt. Tatsächlich gaben die Tigers im zweiten Abschnitt noch einmal Vollgas, schafften den Anschlusstreffer durch Michael Connolly. Und hatten in der Folge – genau wie im ersten Aufeinandertreffen – ein spielerisches Übergewicht. Kapital daraus schlagen konnten sie aber auch dank einer sehr aufmerksamen Verteidigungsarbeit der Neckarstädter nicht.
„Im ersten Spiel hat Schwenningen wegen der Konter verloren, heute wir. Nach dem 3:0 haben wir besser gespielt, im zweiten Drittel sogar hervorragend. Das vierte Tor war dann schließlich die Entscheidung“, meinte Straubings Trainer Tom Pokel.
Für diesen so eminent wichtigen vierten Treffer war Tyson Spink besorgt. Auch der zweite Zwilling hatte zuletzt „Ladehemmung“ und nach der verletzungsbedingten Zwangspause um den Jahreswechsel nur ein Tor geschossen. Nun scheinen die Brüder gerade rechtzeitig wieder in Form zu kommen, verbuchten zwei Tore und zwei Assists.
Joacim Eriksson pariert 30 Schüsse
Weitere Top-Leistungen lieferten an diesem Abend zudem Joacim Eriksson und Thomas Larkin ab. Der schwedische Torhüter parierte 30 Schüsse, war die Ruhe selbst und hatte nicht einen einzigen Wackler in der gesamten Partie. Kapitän Larkin ging vorweg, kurbelte das Spiel seiner Mannschaft an, räumte auf, war irgendwie überall.
Viel entscheidender ist aber: „Alle unsere Spieler sind gleich wichtig. Wir haben einen tiefen Kader, und jeder ist immer bereit, wenn er die Chance bekommt. Das hat man heute wieder bei Johannes Huß gesehen, der ein gutes Spiel gemacht hat“, machte Walker klar.
Am Ende war es irgendwie auch ein historischer Sieg: Seit dem 23. Februar 1996 hatten die Wild Wings kein DEL-Playoff-Spiel mehr gewonnen. Vor allem aber war es ein Sieg, der den Straubingern ein bisschen weh getan haben dürfte. Eine Reaktion der Tigers ist zu erwarten. Mit diesen beiden Leistungen in den ersten beiden Spielen und den großartigen Fans im Rücken dürfte dieser 5:1-Erfolg am Dienstagabend aber wohl nicht der letzte in dieser Viertelfinal-Serie bleiben.
So geht es weiter
Das Viertelfinale zwischen Schwenningen und Straubing wird minimum über fünf Spiele gehen, das steht nach dem Ausgleich der in der „Best-of-Seven“-Serie bereits fest.
- Spiel 3: Freitag, 22. März, 19.30 Uhr in Straubing
- Spiel 4: Sonntag, 24. März, 19 Uhr in Schwenningen
- Spiel 5: Dienstag, 26. März, 19.30 Uhr in Straubing