Im Herbst vergangenen Jahres erhielt Vanessa Schuler im Kanton Aargau in der Schweiz die niederschmetternde Diagnose: hochaggressiver Brustkrebs. Ein Schock für die zweifache Mutter, die zu jenem Zeitpunkt erneut schwanger war – sie erwartete Zwillinge. Und musste sofort mit einer Chemotherapie beginnen. „Es flossen viele Tränen, die Diagnose zog uns den Boden unter den Füßen weg“, sagte Vanessa Schuler im Januar 2023.
Das Schicksal der heute 35-Jährigen bewegt Tausende Menschen in der ganzen Region. Viele werden durch das Crowdfunding auf sie aufmerksam, das eine gute Kollegin der Familie gestartet hat.
Unglaubliche 78.000 Franken kamen zusammen. Geld, das die Familie in den Wochen danach sehr gut gebrauchen konnte, wie Vanessa Schuler heute sagt. „Wir sind unglaublich dankbar und berührt über die große Anteilnahme. Die finanzielle Unterstützung hat uns viele Sorgen abgenommen und uns in der schwierigen Situation sehr geholfen.“
Das Geld ermöglichte es der Familie, den Alltag zu meistern, Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen. Und: Ihr Mann konnte unbezahlten Urlaub beziehen und für die große Familie da sein. All jene, die sie unterstützt haben, sollen nun wissen, wie es ihr und ihrer Familie geht. Auch darum führt Vanessa Schuler das Gespräch mit dem Reporter.
„Fast alle Werte lagen leider im roten Bereich“
Die Monate der Zwillings-Schwangerschaft, kombiniert mit diversen Chemotherapien, seien enorm anspruchsvoll gewesen. „Viele sagten mir: ‚Bei dir sieht das aus wie bei einem Spaziergang.‘ Aber das war überhaupt nicht so. Ich habe zwar stets versucht, das Beste aus der Situation zu machen und optimistisch zu bleiben, aber das war nicht immer so einfach.“
Ab Dezember musste Vanessa Schuler sich 16 Zyklen Chemotherapie unterziehen. Mit zunehmender Schwangerschaft wurden die Intervalle immer kürzer, zuletzt musste sie wöchentlich ins Spital. Es waren sehr anstrengende Tage: Ihr Mann arbeitete noch zu hundert Prozent.
Zwar erhielt Vanessa Schuler viel Unterstützung von ihrer Familie und Freunden. Doch zu den schwindenden Kräften und den Sorgen um ihre eigene Gesundheit kamen neue schlechte Nachrichten dazu.
Eines der Zwillingsmädchen wuchs nicht mehr weiter und nahm kaum mehr zu. „Kopfumfang, Größe, Gewicht – fast alle Werte waren zu tief und lagen leider im roten Bereich“, erinnert sich Vanessa Schuler.
Eine riesige Last fällt von Familie ab
Ende April 2023, in der 36. Schwangerschaftswoche, entschieden sich Vanessa Schuler, ihr Mann und die Ärzte für einen Kaiserschnitt. „Wir haben mit allem gerechnet, wussten nicht, wie es den Zwillingen geht. Wir machten uns enorm viele Gedanken.“
Am 26. April kommen die zweieiigen Zwillingsmädchen Lou und Maeve auf die Welt: Sie sind kerngesund. Eine riesige Last fällt von der Familie ab. „Sie waren zwar klein, eines der Mädchen war nur 41 Zentimeter groß und 1,7 Kilogramm schwer. Sie konnten aber selbstständig atmen, brauchten nur ein bisschen zusätzliche Wärme.“
Vanessa Schuler sagt: „Lou und Maeve sind unsere beiden Wundermädchen. Sie machten acht Zyklen Chemotherapie mit, wachsen und gedeihen aber wunderbar und bereiten uns jeden Tag viel Freude.“
Nach vier Tagen im Spital darf die Familie nach Hause. Die Mama erholt sich vom Kaiserschnitt, doch bald folgt der nächste Eingriff: Die Operation wegen des Krebses. Ein kleiner Resttumor ist trotz Chemo noch im Körper. Es folgen in den Wochen danach weitere Arzttermine: über fünf Wochen lang jeden Tag Bestrahlung.
Und momentan muss sie sich zwei Immuntherapien unterziehen. Sie sei wahnsinnig zufrieden mit der Betreuung durch ihre betreuenden Ärzte im Kantonsspital Baden, sie fühle sich gut aufgehoben.
„Leider kann ich noch nicht sagen, dass ich geheilt bin“
Seit November 2023 arbeitet ihr Mann wieder, mit einem 60-Prozent-Pensum. Vanessa Schuler sagt: „Es geht mir besser, seit ich die Chemotherapie im Juli abgeschlossen habe.“ Sie fühle sich gut, aber noch fehle ihr Energie, und durch die Therapien habe sie noch mit vielen Nebenwirkungen zu kämpfen. „Leider kann ich noch nicht sagen, dass ich geheilt bin.“ Sie hoffe auf gute Nachrichten bei der ersten Nachsorgekontrolle im Januar.
Ihr Wunsch und ihr Ziel für die kommende Zeit? „Ich mache alles dafür, gesund zu werden und für meine Kinder da zu sein. Man weiß nie, wie lange das Leben dauert, deshalb versuche ich, jeden Moment zu genießen.“
Der Autor ist Ressortleiter des „Badener Tagblatts“. Dort und in der „Aargauer Zeitung“ ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.