Am frühen Mittwochnachmittag ist wenig los am Autobahnübergang von Konstanz nach Tägerwilen. Zwei Beamte der Bundespolizei kontrollieren eine weiße Mercedes-Limousine, der Verkehr fließt aber. Keine ungewöhnliche Situation – auch bevor Grenzkontrollen vorübergehend wiedereingeführt worden sind, haben Bundespolizisten ab und an Autos an den Übergängen geprüft.

Am Montag hatte das Bundesinnenministerium (BMI) von SPD-Politikerin Nancy Faeser mitgeteilt, Binnengrenzkontrollen an den Landgrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angemeldet zu haben. Nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ sei diese Anmeldung aber präventiv zu verstehen – und müsse nicht direkt umgesetzt werden.

Erst einmal nur für zehn Tage

Angesichts der zehntägigen Gültigkeit klingt das etwas merkwürdig, die Kontrollen können aber „bis zu insgesamt zwei Monaten verlängert werden“, so das BMI. Schon jetzt und vor großen Staumeldungen gibt es allerdings Kritik an den Kontrollen: Den Bundespolizisten fehlte es an der richtigen Ausstattung, für Kontrollen in Dunkelheit mangele es an Lichtmasten, die Beamten müssten stattdessen mit Taschenlampen arbeiten, heißt es von der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Deren Verantwortlicher für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagt dem SÜDKURIER: „Die Kollegen wurden für Kontrolleinsätze von Flughäfen und Bahnhöfen abgezogen. Nun fehlen sie dort.“ Werden die Grenzkontrollen verlängert, führe das die Bundespolizei „personell in den roten Bereich“.

Die Bundespolizei selbst hat eine ausführliche Stellungnahme zu der Kritik aus der Gewerkschaft angekündigt. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels lag diese aber noch nicht vor.

Polizeigewerkschafter geht von Verlängerung aus

Roßkopf geht derweil davon aus, dass die Kontrollen wenigstens bis Ablauf dieses Jahres verlängert werden, sonst verfehlten sie das ohnehin zweifelhafte Signal, nach Deutschland käme keiner mehr rein. Denn wer an der Grenze um Asyl ansucht, darf dies weiterhin und wird dann durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betreut.

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Ein weiterer Kritikpunkt der GdP gilt dem internen Verfahren der Bundespolizei: Die Dienstanweisungen für die Kontrollen kommen zentral aus dem Präsidium in Potsdam. „Wir haben uns eigentlich vorgestellt, dass die jeweiligen Direktionen die Einsätze planen“, so Roßkopf. In Südbaden etwa hätte die Stuttgarter Direktion nämlich regionale Erkenntnisse, die sinnvollere Kontrollen möglich machen würden. Roßkopf: „So hat das mit sinnvoller Polizeiarbeit nichts zu tun.“

Verständnis in der Schweiz

In der Schweiz stößt die Entscheidung der Bundesregierung zu Grenzkontrollen derweil auf Verständnis. Dort müsse man nun ebenfalls Kontrollen an den Grenzen zu Italien und Frankreich in Erwägung ziehen, sagte der FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann der „NZZ“. Vorab müsse aber geklärt werden, ob die Personalsituation der Grenzwacht ein verschärftes Regime überhaupt zulasse – nicht nur in Deutschland fehlt es offenbar an Grenzschützern.

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„Konsequente Kontrollen würden laut Portmann bedeuten, dass die Schweizer Grenzwächter praktisch jedes Auto anhalten würden – mit entsprechenden Verzögerungen“, heißt es in der „NZZ“ weiter. Weitergeführt bedeutet dieser Gedanke nichts anderes, als dass Flüchtlinge dann nicht aus den Außengrenzstaaten wie Italien wegkommen. Die Situation wäre allerdings nicht neu, bislang führt sie dazu, dass die Erstaufnahmeländer die Registrierung der Ankommenden verweigern und sie weiterschicken – einer der Hauptgründe des aktuellen Chaos.

Am Mittwochabend fließt der Verkehr am Grenzübergang Tägerwilen dann nicht mehr so recht: Zollbeamte kontrollieren einzelne Fahrzeuge, der Stau im Feierabendverkehr reicht bis auf letzten Autobahnmeter.