Der Ukraine-Krieg führt offenbar zu ungewöhnlichen Auswirkungen an der deutsch-Schweizer Grenze: Trotz höherer Preise soll der Mangel an Sonnenblumenöl, Rapsöl und Mehl Deutsche in grenznahe Supermärkte getrieben haben. Das sagte zumindest Coop-Chef Philipp Wyss kürzlich in einem Interview.

„Coop wurde von Deutschen überrannt – wir mussten Aktionen stoppen“, sagte Wyss. Demnach hätten Verkaufsstellen an der Grenze „wie wild verkauft, weil alle Deutsche zu uns kommen und Sonnenblumenöl und Mehl kaufen“, sagte er. „Wir mussten gewisse Aktionen, etwa fürs Raps- und Sonnenblumenöl, absagen, damit wir sicher genügend davon haben.“

Verkehrte Welt an der deutsch-Schweizer Grenze?

Welche Supermärkte wann von Deutschen überrannt worden seien, sagte der Coop-Chef nicht. Beim Coop in Stein am Hochrhein bestätigt Albert Sulimani, stellvertretender Filialleiter, aber diesen Trend. „Es ist so, dass Leute aus Deutschland kommen, um Öl zu kaufen, aber wir hatten immer was auf Lager“, sagt er. Leere Regale habe es bisher nicht gegeben.

Albert Sulimani, stellvertrender Filialleiter der Coop-Filiale in Stein.
Albert Sulimani, stellvertrender Filialleiter der Coop-Filiale in Stein. | Bild: Esteban Waid

Ähnlich sei die Lage zuletzt ein paar Meter weiter bei der Konkurrenz von Migros gewesen. Aleksandra Lalic, stellvertretende Filialleiterin des Supermarkts, sagt: „Ich habe mitbekommen, dass mehr Öl und Mehl gekauft wird“, sagt sie. Viele der Kunden, die wegen dieser Produkte kämen, seien Deutsche. Zuvor habe Lalic in einer Filiale ohne Grenznähe gearbeitet. „Dort war die Nachfrage geringer“, erklärt sie.

Im Migros in Stein im Aargau gibt es keine Probleme mit fehlendem Öl oder Mehl.
Im Migros in Stein im Aargau gibt es keine Probleme mit fehlendem Öl oder Mehl. | Bild: Esteban Waid

Trotz des vermeintlichen Ansturms sind die Regale in Stein gut mit Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Mehl gefüllt. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Migros und im Coop in Kreuzlingen. Die Leiter der jeweiligen Filialen wollen auf Nachfrage aber keine Auskunft über die Nachfrage deutscher Kunden machen und verweisen auf die Pressestellen.

Gestiegene Nachfrage seit Ausbruch des Ukraine-Krieges

Die Supermarktketten Spar und Migros können eine derartige Nachfrage in der Grenzregion nicht bestätigen. „Spar hat seit Ausbruch des Krieges allgemein eine leicht gestiegene Nachfrage nach langhaltbaren Lebensmitteln festgestellt und dies nicht nur in grenznahen Märkten“, schreibt die Pressestelle von Spar. „Ein Verkaufslimit musste deswegen nicht eingeführt werden, unsere Lager sind gut gefüllt und der Nachschub ist gewährleistet.“

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Ähnlich ist es schweizweit bei Migros: „Die Nachfrage nach Sonnenblumenöl oder andere länger haltbare Lebensmittel ist nicht außergewöhnlich erhöht“, schreibt Marcel Schlatter, Pressesprecher von Migros. „Da wir die Herkunft oder die Wohnorte unserer Kunde nicht erfassen, kann ich Ihnen leider keine qualifizierte Antwort auf Ihre Frage geben.“

Was sagt Coop zu den Aussagen ihres Chefs?

Auf Nachfrage präzisiert die Pressestelle von Coop die Aussagen des Konzernchefs. Ausverkaufte Regale und einen Ansturm deutscher Kunden könne man nicht bestätigen, schreibt Pressesprecher Kevin Blättler. „Verglichen mit dem Jahr 2019 stellen wir in unseren Supermärkten in den Grenzregionen zu Deutschland seit Mitte März aber eine erhöhte Nachfrage nach Sonnenblumenöl fest“, sagt er. Ein Verkaufslimit für diese Waren sei in den Supermärkten jedoch nicht geplant.