An einem Februartag im Jahr 2019 fand ein Fahrer an seinem Fahrzeug eine Parkbuße über 40 Franken vor. Am Laufenburger Weiherweg fiel einem Zivilangestellten der Polizei Oberes Fricktal der Wagen auf. Fünf Stunden beträgt dort die Höchstparkdauer.

Nachdem der Zivilangestellte dort das Auto um 8 Uhr angetroffen hatte, soll dieses um 14 Uhr immer noch an gleicher Stelle in unbewegtem Zustand gestanden haben.

Der Fahrer will nicht bezahlen

Doch der beschuldigte Fahrer, ein älterer Mann, weigerte sich, die Busse zu zahlen. Er beschritt den Rechtsweg. Er gelangte schließlich vor das Bundesgericht und forderte, dass er freigesprochen werde.

Seine Argumentation: Der Schuldspruch stütze sich einzig auf die Aussage des Zivilangestellten, er habe anhand der Ventilstellung am linken Vorderrad eruieren können, dass das Fahrzeug nicht bewegt worden sei.

Zweifel an Arbeitspraxis von Zivilangestellten

Vor dem Bundesgericht beanstandete der Beschuldigte, dass die Vorinstanzen das Protokoll der Einvernahme des Zivilangestellten aus einem Verfahren in einem anderen Fall nicht beigezogen haben.

In diesem Verfahren soll der Zivilangestellte nämlich ausgesagt haben, dass er generell nicht mit der Prüfung der Ventilstellung oder dem Anbringen von Kreidestrichen oder sonstigen Markierungen arbeite. Er hätte auch keinen Notizblock oder Ähnliches, auf dem er sich etwas notiere, und Fotos mache er nur, wenn eine Buße ausgestellt werde.

Bundesgericht folgt der Argumentation

Das Bundesgericht folgte der Argumentation des Beschuldigten zum fraglichen Einvernahmeprotokoll mit den Aussagen des Zivilangestellten zu.

„Sollte der Zeuge dort, als er zu seinen allgemeinen Arbeitspraktiken befragt wurde, tatsächlich ausgesagt haben, dass er die Ventilstellung grundsätzlich nicht prüfe, jedoch Fotos erstelle, wenn eine Buße ausgestellt wird, würde dies seine Aussagen im vorliegenden Verfahren und damit das gesamte Fundament der Verurteilung ernsthaft in Frage stellen“, hielt das Bundesgericht im Urteil im Herbst 2023 fest.

Es hob das Urteil des Obergerichts auf und wies es zur Neubeurteilung an dieses zurück.

Obergericht muss wieder entscheiden

Das Obergericht setzte sich nun mit der fraglichen Einvernahme vom 5. Juli 2019 des Zivilangestellten aus diesem anderen Fall auseinander. Bei diesem anderen Fall handelte es sich um ein Strafverfahren gegen den Schwiegersohn des Beschuldigten aufgrund unerlaubten Änderns der Ankunftszeit durch Vorstellen der Parkscheibe.

In der fraglichen Einvernahme dazu präzisierte der Zivilangestellte seine Arbeitspraktik wie folgt: Er kontrolliere die Restwärme immer bei Motor und beim Auspuff, er arbeite nicht mit Markierungen am Reifen und er mache jeweils vor der Ausstellung eines Bußgelds Fotos des Kontrollschilds sowie im vorliegenden Fall der Parkscheibe.

Behauptung ist „unzutreffend und haltlos“

Daraus folgt für das Obergericht, dass die Behauptung des Beschuldigten, der Zivilangestellte hätte in seiner Einvernahme vom 5. Juli 2019 bezüglich dieses anderen Falls ausgesagt, er würde die Ventilstellung grundsätzlich nie prüfen, „unzutreffend und haltlos“ sei.

Im Übrigen, so das Obergericht weiter, wurden vorliegend Fotos vom geparkten Fahrzeug des Beschuldigten erstellt. Entsprechend könnten die Aussagen des Zivilangestellten in der Einvernahme vom 5. Juli 2019 aus dem anderen Fall seine Aussagen im vorliegenden Fall nicht infrage stellen.

Für das Obergericht steht damit fest, dass sich der Beschuldigte der Verletzung der Verkehrsregeln durch das Überschreiten der zulässigen Parkzeit schuldig gemacht hat. Zugute kommt dem Beschuldigten, dass das Obergericht die Höhe des Bußgelds von 40 auf 30 Franken reduziert. Dies, weil das Beschleunigungsverbot verletzt worden sei. Mittlerweile sind seit des ausgestellten Bußgelds vom Februar 2019 mehr als sechs Jahre vergangen.

Beschuldigter muss Verfahrenskosten tragen

Dieser Zehn-Franken-Rabatt dürfte beim Beschuldigten jedoch kaum Freude auslösen. Denn so werden ihm die obergerichtlichen und erstinstanzlichen Verfahrenskosten von 3497 Franken auferlegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Beschuldigte kann Beschwerde beim Bundesgericht erheben.

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Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag zuerst erschienen.