Der Wolf nähert sich dem Fricktal – und das gleich aus mehreren Richtungen. Aus dem Baselbiet etwa. Dort wurde 2021 bei Zeglingen ein Wolf gesichtet. Dieses Jahr gab es bei Brislach eine weitere Sichtung. Aus dem süddeutschen Raum auch. Dort konnte der Tod einer Ziege Anfang September in Bernau dem Wolf zugeordnet werden. Bernau liegt gerade mal knapp 25 Kilometer von Laufenburg entfernt.

„Derzeit haben wir keine Hinweise, dass Wölfe im Fricktal unterwegs sind“, sagt Erwin Osterwalder, Fachspezialist Koordination Jagd beim Kanton, zwar. Er fügt allerdings an: „Kurzfristig rechnen wir nicht mit einer permanenten Ansiedlung, langfristig schließen wir das nicht aus.“

Davon hängt eine mögliche Ausbreitung ab

Die mögliche Ausbreitung in die Region hängt auch von der Besiedlung eines anderen Tieres ab: des Rothirsches, der Hauptnahrung des Wolfs. Vor 20 Jahren noch wurde die Möglichkeit einer Besiedlung des Mittellands durch den Rothirsch vehement bestritten. „Momentan breitet sich der Rothirsch dynamisch vom Kanton Zürich über den Aargau, Solothurn, Bern bis in die Westschweiz im Mittelland aus“, sagt Osterwalder.

Kommt der Rothirsch auch ins Fricktal – und damit rechnen die Fachleute langfristig – „ist nicht auszuschließen, dass sich ein Wolf in dieser Gegend ansiedelt“.

Was haben die Bernauer Wölfe damit zu tun?

Verändert hat sich die Situation zudem durch eine Entwicklung im Südschwarzwald. Am Schluchsee, direkt bei Bernau, wurde diesen Sommer in einer Fotofalle ein Wolfswelpe abgelichtet. Damit gibt es den endgültigen Beweis für Wolfsnachwuchs im Schwarzwald.

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„Die Jungtiere dieses Rudels werden sich eigene Lebensräume suchen und an der Landesgrenze nicht Halt machen“, sagt Osterwalder, „der Rhein ist für Wölfe kein Hindernis.“

So hat sich der Luchs schon ausgebreitet

Von der Öffentlichkeit etwas weniger beachtet, hat sich ein anderes Großraubtier bereits wieder angesiedelt: der Luchs. ­Derzeit, so schätzt Erwin Osterwalder, leben im Fricktal rund ein halbes Dutzend Luchse.

Der Bestand sei in den vergangenen Jahren langsam angestiegen. Die Ausbreitung erfolgte von Westen, aus den Kantonen Solothurn und Baselland. Die Luchse leben hauptsächlich entlang der Kantonsgrenze von Erlinsbach bis Zeiningen und bis an die Autobahn A3. „Auch östlich der A3 werden, wenn auch seltener, Luchse nachgewiesen“, so Osterwalder.

Wie sich die Raubtiere verhalten

Für Wolf wie Luchs gilt: Die Großraubtiere verhalten sich vorsichtig und gehen dem Menschen aus dem Weg.

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Übergriffe auf Nutztiere sind jedoch durchaus möglich: In den vergangenen beiden Jahren gab es im Kanton Aargau mehrere Vorfälle, wo die Rissbilder auf Wolf oder Luchs hindeuten.

Empfehlungen für Nutztierhalter

„Da Angriffe von Wolf und Luchs auf Nutztiere bisher im Kanton Aargau selten sind, müssen Nutztierhalter keine vorgängigen Schutzmaßnahmen treffen“, sagt Osterwalder. Die Bundesbehörden empfehlen einen 90 Zentimeter hohen Zaun, welcher mit mindestens 3000 Volt unter Spannung steht.

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Keine Panik bei Begegnungen

Spaziergängern und Wanderern, die zufällig einem Tier begegnen, empfiehlt Osterwalder: „Halten Sie Abstand und genießen Sie den Anblick – denn der ist selten.“ An etwaigen guten Fotos von einem Wolf sei die Fachstelle außerdem sehr interessiert, fügt er an.

Die Autorin ist Redakteurin der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.