Weil das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) aufgrund der Hygienevorschriften nicht alle Kunstwerke zugängliche machen kann – insbesondere die interaktiven –, ist der Eintritt frei! Corona sei Dank? Nicht alle Museen oder Galerien reagieren so großzügig, wie die weltweit einzigartige Institution, die möglicherweise zeigt, wo die Zukunft der „alten“ Museen liegt – in der virtuellen Welt.

Wenngleich nur ein Teil der Objekte und interaktiven Angebote zugänglich sind, mit dem Rest ist der Besucher dennoch ganz gut bedient. Also auf in die badische Metropole, die noch andere „Hotspots“ besitzt, zum Beispiel das Landesmuseum, die Staatliche Kunsthalle und die Städtische Galerie. Zu ihren Künstlern gehören Größen wie Georg Baselitz oder Markus Lüpertz.

Massenweise Absagen

Corona hat in den repräsentativen Kulturinstitutionen im Süden Deutschlands, aber auch in den Nachbarländern zur Schließung von Kunsthäusern und Museen geführt, Publikums-Veranstaltungen wurden massenweise abgesagt, darunter Ausstellungen, Konzerte, Theater-, Opern- oder Ballettaufführungen und vieles mehr. Etablierte Festivals wurden gekippt, in Baden-Baden, in Schwetzingen und andernorts.

Österreich, Bregenz: Eine Szene der Oper “Rigoletto„ von Verdi bei der Fotoprobe auf der Seebühne im Rahmen der Bregenzer ...
Österreich, Bregenz: Eine Szene der Oper “Rigoletto„ von Verdi bei der Fotoprobe auf der Seebühne im Rahmen der Bregenzer Festspiele. Die Bregenzer Festspiele fallen in diesem Jahr wegen der Corona-Krise aus. | Bild: Felix Kästle/dpa

In der Schweiz wurden populäre Events aufs nächste Jahr verschoben, darunter auch das Open-Air Frauenfeld, das größte Hip-Hop-Festival Europas, sowie das Open Air in St. Gallen. In Vorarlberg bleibt die Bregenzer Seebühne unbespielt, eine Viertelmillion Opernfreunde bleiben auf ihren Karten sitzen – und die Veranstalter auf ihren Kosten.

Internationale Kulturszene gekappt

Die Schließung der Grenzen zu Österreich, der Schweiz und nach Frankreich hin bedeutete für uns den Ausschluss von der Kulturszene unserer Nachbarn. Das galt auch umgekehrt. Die Kunstmesse „Art Basel“ wurde inzwischen ganz abgesagt. Aber auch die Fondation Beyeler im Basler Vorort Riehen, das meistbesuchte Kunstmuseum der Schweiz, lebt von den Kulturtouristen aus Frankreich und Deutschland. Das macht für die Fondation mehr als 50 Prozent der Besucher aus, 2019 wurden insgesamt 437 000 Besucher registriert.

Eines der bekanntesten Bilder von Edward Hopper: „Gas“, aus dem The Museum of Modern Art, New York.
Eines der bekanntesten Bilder von Edward Hopper: „Gas“, aus dem The Museum of Modern Art, New York. | Bild: Jonathan Muzikar

Auch wenn das Museum wieder geöffnet ist – zu sehen ist der amerikanische Maler Edward Hopper sowie eine Auswahl der eigenen Sammlung –, so fehlen doch die Kunstfreunde aus dem europäischen Ausland. „Vor der Corona-Krise sahen 2500 bis 3000 Besuchende pro Tag die Hopper-Ausstellung“, berichtet uns Pressesprecherin Silke Kellner, „seit der Wiedereröffnung kommen täglich erst ein paar Hundert ins Museum. In der Sammlungsausstellung „Stilles Sehen – Bilder der Ruhe“ gibt es so viel Platz, dass man oft alleine in einem Raum sein kann.“ Das wird sich ändern, wenn die Grenzen ab Montag geöffnet sind.

Zum Beyeler nur mit Onlineticket

Die Fondation hat für Besucher und Mitarbeiter ein Schutzkonzept erarbeitet, um die Maßnahmen der Covid-19-Verordnung umzusetzen. Dazu gehören die Beschränkung der Besucherzahl durch Onlinetickets mit Zeitslots ebenso wie der getrennte Ein- und Ausgang. Sämtliche Veranstaltungen sind abgesagt, Führungen finden nur noch in reduzierter Form statt.

Giovanni Giacometti: Ottilia. 1913.
Giovanni Giacometti: Ottilia. 1913. | Bild: Kunsthaus Zürich

Das gilt in ähnlicher Form auch für die Museen in Basel (das Kunstmuseum zeigt zurzeit Picasso, Chagall und Jawlensky), Zürich (das Kunsthaus präsentiert noch das Porträit zu Ottilia Giacometti), St. Gallen (das Kunstmuseum versammelt Werke von acht internationalen Künstlern unter dem Titel „Metamorphosis Overdrive“) und Winterthur (das Kunstmuseum feiert Carl Spitzweg und Gerhard Richter).

Ähnlichen Direktiven sieht sich das Museum Unter den Linden im elsässischen Colmar ausgesetzt (dort können die Restaurierungsarbeiten am Isenheimer Altar verfolgt werden), das Kunsthaus Bregenz (es zeigt in der „Unvergessliche Zeit“ getitelten Ausstellung Werke von sechs internationalen Künstlern) sowie das Kunstmuseum Liechtenstein (dort sind Arbeiten von Steven Parrino zu besichtigen).

Digitale Angebote

Bereits vor der Corona-Krise haben Museen digitale Angebote entwickelt, einmal abgesehen vom ZKM. Ganz weit vorne waren die Pinakotheken und das Museum Brandhorst in München. Dort wurden 360-Grad-Rundgänge und/oder Filmclips zu den Sammlungsschwerpunkten entwickelt. „Die Krise hat gezeigt“, teilt Pressesprecherin Tine Nehler auf Anfrage mit, „dass es für die Museen wichtig ist, analoge Vermittlungsprogramme mit digitalen Angeboten zu verschränken.“ Auf den Social-Media-Kanälen findet ein interaktiver Dialog zwischen Besuchern und Museumsmitarbeitern statt.

Marianne (My) Ullmann: Bescheiden. 1925. In der Ausstellung: „Schall und Rauch – die wilden Zwanziger“.
Marianne (My) Ullmann: Bescheiden. 1925. In der Ausstellung: „Schall und Rauch – die wilden Zwanziger“. | Bild: Kunsthaus Zürich

Angebote dieser Art bieten neben den „realen“ Ausstellungen auch die Kunsthalle Mannheim (noch zu sehen: die „Biennale für Fotografie“) und das dortige Museum für Technik und Arbeit, die Staatsgalerie in Stuttgart („Drucksache Bauhaus“) und das dortige Kunstmuseum (es zeigt die thematische Ausstellung „Ekstase“), Burda in Baden-Baden (das Museum stellt die Sammlung der Brüder Burda aus) oder die vergleichsweise kleine Kunsthalle Tübingen, die mit ihrem innovativen Vermittlungsprogramm auf der Shortliste für den Kulturpreis „ZukunftGut 2020“ der Commerzbank-Stiftung steht.

Im Kampf um das Publikum während der Corona-Krise blieben auch die Theater des Landes nicht untätig. Die offizielle Spielzeit 19/20 wurde zwar vorzeitig beendet, aber übers Netz liefen (laufen) improvisierte Programme oder aufgezeichnete Opern-, Ballett-Aufführungen, Konzerte und Stücke.

Auch am Schauspielhaus Stuttgart. So hat Burkhard C. Kosminski, Intendant des Hauses, zu einem speziellen Erlebnis eingeladen. Tänzer, Sänger, Musiker, Schauspieler nehmen die Besucher mit auf eine Reise in die Tiefen des Theaters: „An ausgesuchten Orten, in ex-travaganten Salons und unterirdischen Räumen begegnet uns eine Vielfalt bekannter Figuren der Welt- und Musikliteratur“, heißt es über das Stück mit dem poetischen Titel „Wir sind aus solchem Stoff, wie Träume sind“. Weitere Angebote sollen folgen, auch wenn die Zahl der Besucher limitiert ist. In der Schweiz dürfen Theater bis zu 300 Besucher aufnehmen. Auch dort nehmen einige Bühnen den Betrieb wieder auf.

Das Hölderlin-Jahr wird verschoben

Zuletzt noch ein anderes Themenfeld: Literatur. Auch das „Hölderlin-Jahr“ litt unter Corona. Daher werden Veranstaltungen anlässlich des 250. Geburtstages des schwäbischen Dichters, die ausfielen, ins Jahr 2021 übertragen. Das Hölderlin-Museum in Tübingen ist übrigens geöffnet, wie alle anderen Literatur-Museen des Landes.

Wegen der Pandemie hat die Metropolitan Opera in New York, so war zu lesen, alle Aufführungen bis Jahresende abgesagt. Das legendäre Opernhaus plant eine verkürzte Saison, die am 31. Dezember beginnen soll. Die Bühnen hierzulande verschieben den Saisonstart 20/21 im Herbst lediglich um einige Wochen. Sollte es zu einer „zweiten Welle“ kommen, aber nein...