Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten. Heute ist Johannes Strate an der Reihe, Sänger und Frontman der Band Revolverheld.

Was bezeichnen Sie als männlich?

Sich um seine Kinder kümmern, statt durch Abwesenheit zu glänzen. Verantwortung übernehmen, einfühlsam und sensibel sein, alte Stereotypen von Männlichkeit hinter sich lassen. Mutig sein, offen sein für Veränderungen, die feministische Bewegung unterstützen: Das alles ist für mich männlich.

Tun Ihnen die Frauen leid?

Nein, das tun sie nicht, und ich glaube auch nicht, dass Frauen sich Mitleid wünschen. Wir sind in der Gleichberechtigung höchstens auf halber Strecke angelangt und haben noch viel Arbeit vor uns. Der Begriff „Leidtun“ ist da fehl am Platz.

Was ertragen Sie nur mit Humor?

Die Situation auf der Welt ertrage ich nur mit Sarksamus und Humor: Es brennt ja seit Jahrzehnten an allen Ecken und Enden, wirklich besser wird kaum etwas. Abends im Bett zu liegen und sich von alldem frei zu machen, damit man schlafen kann, ist gar nicht so einfach. Humor ist da oft die einzige Lösung.

Ohrwurm dieses Frühlings: „Abreißen“ heißt die aktuelle Single von Revolverheld.
Ohrwurm dieses Frühlings: „Abreißen“ heißt die aktuelle Single von Revolverheld. | Bild: Cover

Was tun Sie für Geld nicht?

Ich würde mich für Geld nicht in Gefahr begeben, dafür liebe ich das Leben viel zu sehr. Außerdem würde ich niemals meine politischen Überzeugungen verraten. Kreuzfahrtschiffe zum Beispiel sind die schlimmsten Umweltsünder auf diesem Planeten: Kein Schmerzensgeld der Welt kann mich dazu bringen, auf einem solchen Schiff aufzutreten. Ich würde auch niemals für Zigaretten werben oder auf der Weihnachtsfeier von Reemtsma spielen. Es gibt ja durchaus Musiker, die so etwas tun und sich in den Vertrag schreiben lassen, dass es niemand wissen darf. Ich könnte das nicht.

Was könnten Sie sich nicht verzeihen?

Die klassische Eltern-Antwort: Ich könnte mir sicher nicht verzeihen, wenn meinem Kind etwas zustößt, während es unter meiner Obhut steht. So etwas psychisch zu verarbeiten, stelle ich mir wahnsinnig schwierig vor. Deshalb versuche ich, im Umgang mit meinem Kind eine gute Mischung zu finden zwischen Vorsicht und Freilassen.

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Wie alt möchten Sie werden?

Ich lebe sehr gerne und denke noch relativ wenig an den Tod. Deshalb möchte ich ohne Schmerzen möglichst alt werden. Wenn ich es mir aussuchen dürfte: Schmerzfrei hundert werden und dann friedlich einschlafen.

Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?

Ich frage mich manchmal, was wohl aus Kurt Cobain geworden wäre und wie sich Nirvana weiterentwickelt hätte. Aber ob ich ihn wirklich wiedersehen möchte? Vielleicht eher meinen Großvater väterlichseits und meine Großmutter mütterlicherseits. Beide habe ich kaum gekannt, sie sollen interessante Persönlichkeiten gewesen sein.

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Wen hingegen nicht?

Ach, dass Hitler weg ist, finde ich schon in Ordnung. Wobei: Vielleicht wäre es mit dem Wissen von heute ja gerade eine gute Idee, ihm als Zehnjährigen zu begegnen. Dann könnte ich alles daran setzen, ihm eine schöne Jugend zu bescheren, in der sich seine gefährlichen Komplexe gar nicht erst ausbilden.

Haben Sie schon Auswanderung erwogen?

Ich wohne in Hamburg. Wenn ich hier im Winter mit meinen Freunden aus Los Angeles kommuniziere, kommt mir gelegentlich der Gedanke, zumindest diese Jahreszeit in einer sonnigeren Gegend zu verbringen. Aber bisher habe ich diesen Gedanken am Ende dann doch immer verworfen.

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Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie‘s noch? Angabe des Alters.

Also, das Alter liegt schon mal bei 41 Jahren. Meine offizielle Bildung war mit Ende des Studiums abgeschlossen, da war ich etwa 25. Aber natürlich ist der Weg das Ziel. Ich werde zwar vielleicht nicht mehr viel klüger, hoffentlich aber weiser. Meine Mutter zum Beispiel ist eine sehr bewusst lebende Frau und wird noch mit Mitte Siebzig jedes Jahr ein bisschen weiser. Das wünsche ich mir für mich selbst auch: beweglich und wach zu bleiben, neugierig zu sein, sich ständig weiterzuentwickeln.