Das 50. Jubiläum seiner Galerie im Jahr 2021 durfte Werner Vayhinger noch erleben. An Aufhören dachte er nie. Zusammen mit seiner Frau Helena beeinflusste er das kulturelle Leben nicht nur in Singen und Radolfzell, sondern im gesamten Landkreis. Jetzt ist er im Alter von 88 Jahren gestorben. Im Gespräch mit seiner Witwe und seiner Tochter Christina ergibt sich das Bild eines Mannes voller Leidenschaft und Neugier.

War ihm das Interesse an der Kunst in die Wiege gelegt? – Werner Vayhinger wurde in die Familie eines Kirchenmalers hineingeboren. Er selbst versuchte sich nie als Kunstmaler, sondern wurde Malermeister. Doch die Kunst hatte ihn schon früh gepackt.

Noch mehr interessierten ihn aber die Menschen dahinter. Stets suchte er den Austausch mit den Kunstschaffenden bis er schließlich beschloss, ihnen einen Raum zu geben, in dem sie ihre Arbeiten zeigen konnten. Die Galerie war geboren.

„Zehn Jahre später kam ich dazu“, erzählt Helena Vayhinger. Von da an ging alles nur noch zu zweit. Das Paar lernte sich beim Segeln kennen. Helenas Vater hatte seinen Anteil an einer Segeljacht an Werner Vayhinger verkauft und seine Tochter gebeten, die Dinge zu regeln. Daraus wurde mehr. Gemeinsam erarbeiteten sie sich in den folgenden Jahren einen Ruf als Kunstkenner und Galeristen weit über die Region hinaus.

Ihr Interesse galt der Gegenwartskunst und Künstlern der klassischen Moderne wie Dix, Ackermann oder Heckel. In Möggingen führte das Paar ein offenes Haus, bot Künstlern einen temporären Arbeits- und Lebensraum, organisierte Ausstellungen, Konzerte und Symposien.

Elementares Interesse Werner Vayhingers war die Kunstvermittlung. „Es wurde nächtelang debattiert“, erzählt Christina Vayhinger. „Da ging es manchmal hoch her. Immer war Leidenschaft im Spiel.“ Unzählige Künstler wurden zu langjährigen Wegbegleitern. Ihre Kontakte zur internationalen Kunstszene beflügelten die gesamte Region, so zum Beispiel im Jahr 2000 für die Ausstellung „Hier, Da und Dort“.

Unkomplizierte Welthoffenheit

Von dem prallen Leben in und mit der Kunst zeugt auch das kleine Jubiläums-Buch: „Voyage zu zweit“. Darin kommen namhafte Künstler, Kulturverantwortliche und Vertreter der Politik zu Wort. Sie beschreiben den Einfluss des Galeristenpaares auf die Kunst im öffentlichen Raum, seine Verbindung zur internationalen Kunstszene und seine unkomplizierte Weltoffenheit.

Etwas ruhiger wurde es erst nach Umzug der Galerie nach Singen. Die Salon-Atmosphäre, Kunstvermittlung im Wohnzimmer, den ruhigen Austausch mit Besuchern habe Werner Vayhinger bis zum Schluss genossen. „Zuletzt ließen seine Kräfte nach, nicht aber sein lebendiger Geist“, sagt Helena Vayhinger. Die kommende Ausstellung habe er noch mit konzipiert. Wie ein Fels in der Brandung habe er hinter ihr gestanden. Seine letzte Reise hat er alleine angetreten. Die Region trauert mit der Familie.