Über dem Eingang prangt das Plakat des aktuellen Musicals, am Empfang lächelt eine freundliche Dame und auf der Bühne steht eine komplette Kulisse. Im Gloria-Theater in Bad Säckingen herrscht nach Corona-Zwangspause wieder Leben. Denn im Oktober fand hier nach einer abgebrochenen Spielzeit die zweite Premiere von Tommy Tailors Traumfabrik statt – dem sechsten selbst geschriebenen Musical der beiden Geschäftsführer Jochen Frank Schmidt und Alexander Dieterle. Das Gloria ist eines der Kino-Paläste aus den 50er Jahren mit hohen Decken, Empore, plüschigen Sesseln, Bühne, Orchestergraben und Platz für 600 Besucher.

Die beiden Chefs sitzen in ihrem Büro. Schmidt, Intendant und künstlerischer Leiter des Theaters, wirkt fröhlich, fast schon aufgedreht. Das kommt von der Erleichterung. Denn, sagt er, die vergangenen Monate – für beide die „schrecklichste Zeit“ – seien endlich vorbei. „Das Premierenwochenende war so eine Wohltat, ich habe innerlich geheult“, beschreibt der 42-Jährige seine Gefühle. Kein Wunder, denn zeitweise stand dem Theater das Wasser bis zum Hals, Anfang des Jahres drohte die Insolvenz. Mehrfach hätten sie gefürchtet, alles könne „für die Tonne sein“, ergänzt Alexander Dieterle, der sich als Produzent um die technische Umsetzung kümmert. Doch es war nicht für die Tonne: Seit dem 16. Oktober läuft das neue Musical im Gloria.

Freude über die geglückte Premiere: Intendant Jochen Frank Schmidt (links) und Produzent Alexander Dieterle im Gloria-Theater in Bad ...
Freude über die geglückte Premiere: Intendant Jochen Frank Schmidt (links) und Produzent Alexander Dieterle im Gloria-Theater in Bad Säckingen. | Bild: Mario Wössner

Neben eigenen Musicals bieten die Betreiber dort auch Gastspielprogramme von Kabarettisten, Comedians und Tribute-Bands an. Es waren schon Stars wie Bernd Stelter, Emil Steinberger, Hellmuth Karasek, Jochen Busse, Manfred Mann und Luke Mockridge zu Gast. „Wir versuchen, die komplette Bandbreite abzudecken“, erklärt Dieterle. Das entscheidende Kriterium dabei: die Qualität. „Wir suchen jede Veranstaltung einzeln mit der Pinzette aus“, sagt der Produzent. Und Schmidt ergänzt: „Wir wollen, dass die Leute etwas glücklicher gehen, als sie gekommen sind.“

Deshalb haben sie auch an ihre eigenen Stücke hohe Ansprüche: „Ein Musical von uns muss jeden ansprechen“, sagt Schmidt. Bei der Besetzung der Rollen versuchen sie, die Besten zu bekommen. So spielt Isata Kamara sonst in Hamburg die Hauptrolle bei König der Löwen. Zudem gebe es immer viele technische Showeffekte, bei denen das altehrwürdige Gloria-Theater auch mal an seine Grenzen gerate: „Wenn Tommy Tailor läuft, ist das Gloria wie eine alte Dampflokomotive, mit der man 330 Sachen fahren will. Die Kessel dampfen, es ist alles am absoluten Limit“, beschreibt Schmidt die Aufführungen.

Das Gloria-Theater bei der ersten Premiere von Tommy Tailors Traumfabrik im Sommer 2020.
Das Gloria-Theater bei der ersten Premiere von Tommy Tailors Traumfabrik im Sommer 2020. | Bild: Gloria Theater

Seit 2007 führen sie ihre Stücke hier auf. Sie seien damals auf der Suche nach einem Ort gewesen, um „hochkarätige Kultur“ anzubieten, und dabei auf das Gloria-Theater gestoßen – inklusive Löchern im Dach, Eimer, die das Regenwasser auffangen, und einem modrigen Geruch. „Es war schrecklich“, beschreibt Schmidt das damals nur als Kino genutzte Gloria. „Das Gebäude war abrissreif“, erinnert er sich. Bei vielen Säckingern habe sich dieses Image des Hauses eingeprägt gehabt, erzählt Dieterle: „Noch nach zwei Jahren kamen manche Gäste mit Decken zu uns, weil sie dachten, im Gloria werde nicht geheizt.“

Die Darsteller von Tommy Tailors Traumfabrik.
Die Darsteller von Tommy Tailors Traumfabrik. | Bild: Michelle Güntert

Kennengelernt haben die beiden Betreiber sich bereits mit 13 Jahren beim Warten auf den Klavierunterricht. In den 1990er-Jahren gründeten sie eine gemeinsame Band. „Daraus ist alles entstanden“, erzählt Schmidt. Denn während seines Zivildienstes reichte es ihm nicht mehr, nur Popsongs zu schreiben. „Ich wollte Geschichten erzählen, aber nicht mehr in nur drei Minuten“, sagt er. Deshalb schrieb er sein erstes Musical – die „Initialzündung für alles“, erklärt er. Sie machten zusammen weiter, es folgte das zweite Musical und der Umzug ins Gloria-Theater – ein steter Weg bergauf.

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Doch die Corona-Pandemie war ein harter Schlag. Die Beihilfen hätten zwar geholfen, aber nicht ausgereicht, sagt Dieterle. Deshalb starteten sie ein Crowdfunding-Projekt. 700 Gloria-Fans aus der Region spendeten rund 70.000 Euro, erzählt Schmidt, „das hat uns den Hals gerettet.“ Das kommende Jahr sei daher erst einmal gesichert. Doch Schmidt fürchtet: „Noch haben wir Corona nicht überlebt.“ Die Ticketumsätze seien noch immer 50 Prozent niedriger als 2018 und 2019. „Viele Leute sind noch verunsichert und kommen nicht“, klagt der Intendant.

Für die Zukunft haben die beiden trotzdem schon weitere Pläne, das Gloriatheater könnte nicht ihr einziges Standbein bleiben. „Wir haben Anfragen von anderen Gemeinden, ob wir sie beraten und dort dasselbe Konzept in leer stehenden Theaterhäusern aufziehen können“, berichtet Schmidt. Mit zwei Gemeinden seien die Gespräche schon konkret. Und welche sind das? Dazu hüllen sich die beiden noch in Schweigen.