Der ESC ist einmalig
Der Eurovision Song Contest (ESC) gilt als die größte Musikshow der Welt. Versuche, ihn zu imitieren – nun ja, reden wir nicht drüber, und wenn, dann nur kurz. Der American Song Contest (ASC) wurde 2022 als Ableger in den USA eingeführt. Dort traten Stars wie Macy Gray, Jewel und Michael Bolton für ihre Bundesstaaten an, Kelly Clarkson und Snoop Dogg moderierten. Es blieb bei dem einen Versuch.
Bei der Premiere von Eurovision Lateinamerika sollen in Chile dieses Jahr 15 Länder antreten. Aktuell versucht zudem der russische Präsident Wladimir Putin, eine ESC-Konkurrenz auf die Beine zu stellen, denn Russland flog nach dem Angriff auf die Ukraine ja aus dem Wettbewerb. Intervision soll die Show heißen, mehr als 20 Länder haben laut Kreml ihre Teilnahme bestätigt, darunter eine Reihe von Ex-Sowjetrepubliken, China, Brasilien und Saudi-Arabien. Außenminister Sergej Lawrow garantiert eine Veranstaltung „ohne Perversionen“.
Europa ist hier mehr als eine politische Einheit
Europa ist ein weiter Begriff, vor allem, wenn es um den Rundfunk geht. Die Europäische Rundfunkunion (EBU), aus der die ESC-Teilnehmer kommen, ist ein Zusammenschluss von derzeit 68 Rundfunkanstalten aus 56 Ländern in Europa, Nordafrika und Vorderasien. Dazu kommen 31 assoziierte Mitglieder, zu denen auch Australien gehört.
Wem TV-Übertragungen von Sitzungen aus dem Europäischen Parlament zu öde und die Serie „Parlament“ zu nah an der Realität ist, der kann beim ESC erleben, wie vielfältig dieses Europa ist – von Norwegen bis Zypern, von Portugal bis Aserbaidschan und Australien.

So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben
Der ESC (fast) vor der Haustür – wer in Südbaden lebt, hatte nie eine kürzere Anreise, um sich den Wettbewerb einmal aus der Nähe anzusehen. Die nicht durchgängig günstigen Karten – zwischen 40 und stolzen 350 Franken – sind bei Fans begehrt. In der ersten Welle waren 42.000 Tickets für neun Shows, einschließlich der Proben, innerhalb von 20 Minuten verkauft.
Am 27. März kommt der Rest in den Verkauf, auch ein großes Public Viewing wird es geben. Die ESC-Atmosphäre gibt es aber selbst in der Schweiz komplett gratis – wenn man erst mal in Basel ist.
Deutschland könnte endlich mal wieder was gewinnen
3281 Künstler und Bands hatten sich beworben, seit ein paar Tagen steht nun fest, wer die Bundesrepublik im ESC-Finale am 17. Mai vertritt. Das österreichische Geschwister-Duo Abor & Tynna will in Basel mit dem eingängigen Song „Baller“ Punkte holen.
Entertainer Stefan Raab, der selbst (Platz 5) sowie mit Guildo Horn (Platz 7), Max Mutzke (Platz 8) und Lena Meyer-Landrut (Platz 1) einige beachtliche ESC-Erfolge auf dem Konto hat, hatte den Vorentscheid zur Chefsache erklärt – und lässt keinen Zweifel an seinen Ambitionen: „Das Ziel kann immer nur der erste Platz sein, sonst brauchen wir nicht mitzumachen.“ Immerhin steht Deutschland als einer der größten Geldgeber der EBU automatisch im Finale.

Der ESC ist (meist) ein Vorbild in Sachen Vielfalt und Toleranz
Der Eurovision Song Contest war schon divers, als das Wort noch kaum jemand der jährlich um die 200 Millionen Fernsehzuschauer im aktiven Sprachgebrauch hatte. 1998 gewann für Israel die Transfrau Dana International, 2014 für Österreich der schwule Sänger Tom Neuwirth als Conchita Wurst. Nicht zu vergessen der letztjährige Sieg von Nemo – die erste offen nichtbinäre Person, die den ESC gewonnen hat. Auf dieser Bühne ist einfach alles möglich.
Dass das Publikum durchaus auch politisch Stellung bezieht, zeigten im Positiven der Sieg von Kalush Orchestra 2022 für die Ukraine, im Negativen die Pfiffe gegen Israels Teilnehmerin Israel Eden Golan im vergangenen Jahr.