Herr Schropp, erst einmal noch alles Gute zu Ihrer Hochzeit, an der man ja zum Beispiel auf Instagram auch ein bisschen teilhaben konnte …
Dankeschön! Die positiven Rückmeldungen, die wir auf unsere standesamtliche Hochzeit bekommen haben, waren toll. Daher hatten wir uns entschieden, das große Fest mit der Öffentlichkeit zu teilen. Früher hatte ich immer gemischte Gefühle, wenn Leute Fotos von ihrer Hochzeit veröffentlich haben, und fragte mich, was das soll.
Aber warum soll man seine Liebe nicht auch so feiern, wenn die Leute daran Interesse haben? Außerdem ist Sichtbarkeit für homosexuelle und queere Menschen immer noch sehr wichtig. Deswegen bin ich ganz froh, dass wir diesen Schritt gegangen sind.
Aktuell sind Sie nun im Film „Liebesdings“ auf der Leinwand zu sehen. Allzu groß ist Ihre Rolle allerdings nicht.
Trotzdem habe ich enorm gerne mitgemacht bei „Liebesdings“. Eine paar schöne Szenen, die mir viel Spaß gemacht haben, sind der Schere zum Opfer gefallen. Schade, aber so ist das eben manchmal. Ich werde von vielen ja doch eher als Moderator gesehen, deswegen ist es nicht so, dass ich jeden Tag spannende Angebote als Schauspieler bekomme.
Schon gar nicht für einen Kinofilm von einer Regisseurin wie Anika Decker, die ich seit sicherlich 20 Jahren kenne. Da habe ich mich sehr geehrt gefühlt. Zumal sie ein richtig gutes Händchen dafür hat, die Leute mit einer Komödie zum Lachen zu bringen und das trotzdem mit einigen wichtigen Themen zu vermischen, mit denen sich das breite Publikum sonst vielleicht nicht auseinandersetzt.
Tatsächlich ist der Film einerseits eine klassische romantische Komödie und erzählt gleichzeitig von Feminismus, Diversität oder Alltagsrassismus. Und Sie sind mittendrin als schwäbischer Maskenbildner.
Ich war relativ früh in den Schreibprozess involviert und konnte die Rolle mitgestalten. Am Anfang waren wir gar nicht sicher, ob wir die Figur Hansjörg wirklich schwul anlegen wollen oder ob das nicht vielleicht zu sehr Klischee ist. Aber die meisten Maskenbildner und Stylisten, die ich kenne, sind tatsächlich homosexuell, also warum nicht? Ich hatte viel Spaß daran, mir zu überlegen, was das für ein Typ sein soll und wie der aussieht.
Tatsächlich haben wir uns dann zumindest optisch einen echten Frisör und Maskenbildner zum Vorbild genommen, Martin Dürrenmatt. Sein Markenzeichen ist eine auffällige Brille und der krasse Pony – wie bei mir im Film. Anika hatte ihn gerade zur Premiere eingeladen, und er hat sich wahnsinnig gefreut. Von ihr kam dazu noch der Wunsch, dass ich das Ganze auf Schwäbisch machen soll. Sie ist ein großer Fan von der „Prenzlschwäbin“, also meiner Freundin Bärbel Stolz, in deren Videos ich ja auch zu sehen war und die nun im Film auch mitwirkt.
Von Haus aus sprechen Sie als geborener Gießener aber eigentlich kein Schwäbisch, oder?
Nein, ich hatte nur viele schwäbische Liebhaber. (lacht) Meine erste große Liebe war zum Beispiel Schwabe. Ich mag die Schwaben einfach und konnte auch diesen Schwaben-Hass, den manche Berliner und Berlinerinnen ja gerne mal haben, nie nachvollziehen. Das sind doch gesellige, lustige, fleißige Menschen. Und mit die beste Küche haben sie auch.
Noch mehr Bezug habe ich eigentlich zu Baden, schließlich habe ich früher „Sternenfänger“ in Überlingen gedreht und aktuell „Tiere bis unters Dach“ im Hochschwarzwald. Ich weiß natürlich, dass Schwaben und Badener nicht verwechselt werden wollen. Aber für mich als Preußen gibt es da schon große Ähnlichkeiten.

Seit Kurzem sind Sie nicht mehr nur Moderator und Schauspieler, sondern auch Autor. Sie haben den Ratgeber „Queer As F**k“ geschrieben. Warum ist so ein Buch auch im Jahr 2022 noch wichtig?
Schauen sie sich die Welt an. Auch wenn wir das Gefühl haben, immer mehr Rechte zu erlangen, so ist es nicht selbstverständlich, dass diese auch bleiben. Übergriffe auf Queers nehmen zu, Menschen fühlen sich von uns bedroht, anstatt zu versuchen, uns zu verstehen. Ich bekomme immer noch sehr viele Rückmeldungen von Menschen, die mich auf Instagram oder anderen sozialen Netzwerken anschreiben, um mich um Rat zu fragen.
Die noch nicht geoutet sind, teilweise in ihren Vierzigern. Die auf dem Dorf leben, religiöse Eltern haben oder aus anderen Gründen mit wahnsinnig viel Angst durchs Leben gehen. Ihnen kann unser Buch helfen, aber auch Familie und Freunde queerer Menschen können durch meine Geschichte im besten Fall die Geschichte ihrer queeren Kinder oder Freunde und Freundinnen besser nachvollziehen.
Ihr eigenes öffentliches Coming-out ist gerade einmal vier Jahre her. Haben Sie sich schnell in die Vorbildfunktion eingefunden, die damit einherging?
Darüber habe ich erstmal gar nicht so viel nachgedacht. Und natürlich kommt jetzt auch manchmal der Vorwurf: 39 Jahre lang hast du nicht darüber geredet und jetzt bist du hier irgendwie der Papst? Aber so sehe ich das nicht. Seit damals ist viel passiert, und man verändert sich ja auch und entwickelt sich weiter. Ich merke einfach, wie sehr es mich freut, dass sich Menschen mir gegenüber öffnen und dass mein offener Brief damals bei einigen etwas ausgelöst hat.
Eine Frau Ende 50 hat mir zum Beispiel gedankt, dass ich ihr geholfen habe, offener und toleranter zu werden, und sie Homosexualität nun nicht mehr verurteile. Also bin ich wohl irgendwie Vorbild, ohne es darauf anzulegen. Aber in der Funktion habe ich eben auch gemerkt, dass ich gewisse Dinge leisten will, die ich selbst damals nicht hatte.
So ein Buch hätten Sie früher auch gebrauchen können?
Damit wäre sicherlich einiges einfacher gewesen. Deswegen bin ich in den Geschichten, die ich darin erzähle, auch so enorm persönlich geworden und erzähle zum Beispiel auch von meiner Mutter, die damals überhaupt nicht wusste, wie sie damit umgehen soll, dass ich gemobbt werde. Als ich ihr erzählte, dass man mich als schwul beschimpft hat, sagte sie: „Du bist ja nicht schwul, also kannst du das ja an dir abprallen lassen.“
Da kam nie die Frage, ob ich denn vielleicht wirklich schwul sei oder ob ich etwas von ihr brauche. Mein Wunsch ist es, dazu beizutragen, dass andere Menschen heute nicht das Gleiche erleben. Deswegen ist „Queer As F**k“ eben auch ein Buch für heterosexuelle Menschen, die vielleicht homosexuelle oder queere Menschen in ihrem Leben haben und ein bisschen was lernen, das ihren Umgang mit diesen queeren Menschen ein bisschen geschmeidiger macht.
Genau wie Sie früher haben bis heute noch viele Schauspieler und Schauspielerinnen Angst vor dem öffentlichen Coming-out und fürchten, dass Ihre Karriere dadurch kaputt geht. Gab es in den vergangenen vier Jahren denn Momente, in denen Sie das Gefühl hatten, der Schritt habe Ihnen doch auch geschadet?
Die ganze Sache war viel einfacher, als ich es mir ausgemalt hatte. Und wer einmal seinen Mund aufgemacht hat, der macht ihn halt auch immer wieder auf. Deswegen würde ich mir manche Diskriminierung am Arbeitsplatz, die es hier und da schon auf subtile Weise gab, heute auch gar nicht mehr gefallen lassen. Mich hat der ganze Prozess des Coming-outs also eher gestärkt. Ich habe seitdem kein Angebot für „Rosamunde Pilcher“ mehr bekommen. Ob das an meinem Coming-out liegt oder andere Gründe hat, weiß ich natürlich nicht.
Aber deswegen bin ich nicht automatisch unglücklich, schließlich darf ich dafür in Anika Deckers „Liebesdings“ dabei sein oder in „Enfant Terrible“ mitspielen. Und selbstverständlich kommt es jetzt auch manchmal vor, dass ich als „token gay“, als Quoten-Schwuler, engagiert werde, um mit meinem Namen Presse zu machen. Da überlege ich mir dann sehr genau, ob ich bei einem Projekt zusage oder nicht. Das musste ich allerdings auch erst lernen. Denn natürlich gab es als Schauspieler früher Zeiten, wo ich, um Geld zu verdienen, auch Sachen gemacht habe, die ich eigentlich nicht so toll fand und heute nicht mehr annehmen würde.

Dafür gibt es jetzt – wie bei der angesprochenen Serie „Tiere bis unters Dach“ – auch Rollen, in denen Sie Heteros spielen.
Was mich total freut. Als ich beim Casting in die nächste Runde kam, habe ich mich schon gefragt, warum sie für die Rolle ausgerechnet mich als schwulen Mann nehmen sollen, wenn sie auch einen heterosexuellen Schauspieler besetzen können. Da sehen Sie, wie voreingenommen ich selber noch in meinen Gedanken bin.
Aber erfreulicherweise spielte es keine Rolle. Die fanden mich am besten und sympathischsten, und die Produzentin Beatrice Kramm war sich sicher, dass die Kinder mich lieben werden. Ich bin begeistert, dass es eben doch möglich sein kann, dieses Schwarzweiß-Denken, das wir hier in Deutschland so gerne pflegen, einfach mal abzulegen.