Vier Tage nach ihrem 90. Geburtstag starb die Gründerin der religiösen Gruppe Fiat Lux ("Es werde Licht"). Bereits in den vergangenen Jahren war es ruhig geworden um Erika Bertschinger-Eicke, wie die stets weiß gewandete Frau mit bürgerlichem Namen hieß. In den 80er und 90er Jahren zählte sie noch zu den meistzitierten Vertretern in der Szene neuer religiöser Bewegungen.
Nach Angaben ihres Vertrauten und Ehemannes Icordo war sie in den letzten Lebensjahren ans Bett gefesselt und auf ständige Pflege angewiesen.

Uriella war von Haus aus Schweizerin. Zum Wendepunkt ihres Lebens wurde ein schwerer Reitunfall, bei dem sie schwer am Kopf verletzt wurde. Der Unfall veränderte sie. Erstmals behauptete sie, hellsehend zu sein.
Angeblichen Kontakt zu Maria und Jesus
1975 will sie in tiefer Trance eine erste Offenbarung empfangen haben. Ihre Gesprächspartner waren immer hochrangig, sagte sie. Sie hatte angeblich Kontakt zu Maria und Jesus, als dessen Sprachrohr sie sich bezeichnete. Besonderen Zuspruch will sie vom Erzengel Uriel erfahren haben, von dem sie auch ihren Künstlernamen ableitete. Aus Erika wurde Uriella.
Bei der Verbreitung ihrer Botschaften nutzte sie geschickt die Medien. Ihre bizarren Auftritte in weißen Glitzerkostümen und Perlenketten riefen das Schweizer Boulevardblatt "Blick" auf den Plan, das im Lauf der Jahre Dutzende von Artikeln über Fiat Lux brachte.
Im Mittelpunkt stand immer Uriella, die betend oder mit hastig wedelnden Gesten ihre Anhänger beschwor. Das waren überwiegend Landsleute aus der Schweiz, von denen viele am Sonntag mit schweren Wagen den Schwarzwald hochkrochen.
Bis zu 1000 Anhänger hatte Uriella zeitweise
In den besten Zeiten bekannten sich 1000 Menschen zu Uriella. Zur Jahrtausendwende erreichte die Gruppe ihren Höhepunkt. Den Hauptsitz hatte Fiat Lux damals bereits von Egg (Kanton Zürich) nach Ibach im südlichen Schwarzwald verlegt. Dort saß Uriella mit zahlreichen Getreuen in einem umgebauten Schwarzwaldhaus.

Dessen Inneres war in den Farben Weiß und Rosa gehalten, den Leitfarben der Bewegung. Nach Uriellas Meinung hielten hellen Farben den Satan fern.
Den Bürgern in Ibach (1300 Einwohner) war das aufgeregte Treiben anfangs nicht geheuer. Man erzählte sich die tollsten Dinge in dem kleinen Ort.
Ihre Heil-Methoden ließ sich Uriella anständig bezahlen
Da außer ultra-religiösen Parolen wenig nach draußen drang, machten schnell Gerüchte die Runde. Sie gipfelten in der Frage "Plant die Sekte den Massen-Selbstmord?", mit dem die Zeitung "Blick" auf die Titelseite ging (1998).
Doch damit hatte Uriella nichts am Hut. Vielmehr sah sie sich als große Heilerin, die sich ihre "Künste" anständig bezahlen ließ. Nach eigenen Angaben konnte sie Aids und Krebs heilen – ein hochstaplerischer Anspruch, der seinerzeit vor das Verwaltungsgericht ging.
Apokalypse im Schwarzwaldhaus
Die Welt von Erika Hedwig Bertschinger-Eicke (Uriella) war eigenartig – und zog viele vermögende Anhänger in den Bann.
- Weltende: Wie andere Sektenchefs behauptete auch Uriella, dass sie das Datum für den Weltuntergang kenne. Mehrfach kündigte sie die Apokalypse für ein konkretes Datum an, nie trat sie ein. Ihre interne Autorität hat das nie untergraben. Die Zahl der Anhänger sank erst, als Uriella sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzog.
- Ufos: Ufos kommen in der Bibel definitiv nicht vor. In der Science Fiction von Uriella spielen sie dennoch eine große Rolle: Wenn die Welt einmal untergeht, würden die Anhänger von Fiat Lux verschont, verkündete sie ihren Anhängern. Sie würden von Ufos aus dem Weltraum abgeholt und gerettet werden. An ihrer weißen Kleidung werde man sie auch gut erkennen, und im Schwarzwald könnten die unbemannten Fluggeräte auch gut landen, um sie und ihre Anhänger in Sicherheit zu bringen.
- Fiat Lux: Die Gründung von Fiat Lux will Uriella als "Sprachrohr von Jesus" getätigt haben. Fiat Lux bedeutet "es werde Licht" und bezieht sich auf die Schöpfungsgeschichte.
- Esoterik: Der katholische Anstrich und die Marienfiguren täuschten freilich über ihre Neo-Religion hinweg, die aus verschiedenen Religionen wild zusammengemischt war. Die Lehre von der Reinkarnation war bei Fiat Lux dort ebenso vertreten wie fernöstliches Karma-Denken oder alternatives Heilen, an dem sich Uriella immer wieder versuchte. Dokumentiert ist auch der Versuch, aus Badewasser in einer Badewanne eine heilende Lösung zuzubereiten.