Die CDU macht gerade durch einige sozialpolitische Vorschläge von sich reden. Unter anderem will sie höhere Steuern für Spitzenverdiener. Außerdem will man etwas dafür tun, dass alle jungen Leute mit einem finanziellen Polster ins Erwachsenenleben starten.
„Dass die soziale Herkunft einen solchen Einfluss auf die Startchancen von Kindern hat, sehen wir als gravierendes Problem“, so CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Daher gebe es aus den Reihen der Partei den Vorschlag eines Erstbetrags für jedes Kind durch den Staat. Das sei dann „Geld, das nicht direkt ausbezahlt wird, sondern ab dem 18. Lebensjahr für ein Studium, eine Gründung gedacht ist“.
10.000 Euro für jeden – wer soll dazu schon Nein sagen? Doch es gibt gute Gründe, die gegen diesen Vorschlag sprechen.
Startchancen werden nicht erst mit 18 vergeben
Schön, dass mit 18 Jahren dann ein hübsches Sümmchen auf einen wartet, um damit eine Firma zu gründen. Aber Erfolg haben wird der junge Startgeld-Empfänger damit doch nur, wenn bis dahin in seinem Leben alles gut gelaufen ist. Sprich: Wenn eine solide Bildungsgrundlage gelegt wurde, Abschlüsse geschafft, eine Ausbildung begonnen.
All dias aber steht bei vielen in Frage. Zehntausende Jugendliche beenden laut Bertelsmann-Stiftung Jahr für Jahr ihre Schulzeit, ohne wenigstens einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben. Die soziale Herkunft habe bei den Startchancen der Kinder einen zu großen Einfluss, beklagt CDU-Generalsekretär Czaja. Zu Recht! Um das zu ändern, muss der Staat allerdings viel früher aktiv werden.
Der Fokus sollte auf der Bildung liegen
In Kita und Schule werden Startchancen ausgelotet. Doch der schulische Erfolg – und damit meist auch der berufliche – hängt noch immer vom Elternhaus ab. Den Unterschied macht häufig, ob Kinder zu Hause gefördert werden, und ob sie beispielsweise jemand vor der Klassenarbeit abfragt.
Zumindest für mehr Gerechtigkeit könnte der Staat sorgen, indem er mehr Hausaufgabenbetreuung organisiert und mehr Lehrer beschäftigt. Das wäre allerdings deutlich teurer als die 10.000 Euro pro Kind – und ist lange nicht so plakativ. Dafür wäre es deutlich wirksamer im Beheben von gesellschaftlichen Ungleichheiten.
Für Kinder wird noch längst nicht genug getan
Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das führt nicht nur zu schlechteren Bildungschancen, auch das Geld für den Sportverein fehlt, fürs Schullandheim, gar nicht zu reden vom Musikschulbesuch.
Armen Kindern ist kaum damit geholfen, dass zum 18. Geburtstag die Geldscheine winken. Sie bräuchten das Geld viel nötiger sofort – nicht erst, wenn sie erwachsen sind. Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband nennt den CDU-Vorstoß deshalb eine „echte Schnapsidee“. Er denkt dabei vor allem an die Kindergrundsicherung, über die die Ampel-Koalition noch streitet.
Man muss nicht alle Ungleichheiten ausgleichen
Apropos, das Leben ist ungerecht: Der eine wird mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, beim anderen reicht es nur zu Plastikbesteck. Aber seien wir ehrlich: Zu einem gewissen Teil gehören Ungerechtigkeiten zum Leben dazu, gerade auch in unserer Wirtschaftsordnung. Wer den passenden Beruf ergreift, besondere Talente hat, wird leichter Erfolg haben. Und auch wer ein gefülltes Bankkonto von zu Hause mitbringt, hat es häufig leichter, beruflich durchzustarten.
Das Versprechen, das Deutschland seinen Bürgern macht, lautet eben nicht: Jedem soll es gleich gut gehen. Sondern: Jeder soll es schaffen können. Sprich: Freie Bildung, Kita, Kindergeld und andere Fördermaßnahmen sollen es möglichst vielen erlauben, ihre Ziele – gefördert vom Staat, aber letztlich aus eigener Kraft – zu erreichen.
Nicht alle, die profitieren, brauchen das Geld
Das allergrößte Manko des CDU-Vorschlags liegt im Gießkannen-Prinzip, nach dem das Geld verteilt werden würde. Nicht etwa nur Sozialhilfeempfänger würden davon profitieren, sondern auch alle, denen Mama und Papa zum 18. Geburtstag bereits das eigene Auto schenken, die zu Studienbeginn selbstverständlich in die eigene Drei-Zimmer-Wohnung einziehen und vorher noch eine Weltreise unternehmen.
Klar, 10.000 Euro können alle brauchen – nur manche hätten es deutlich nötiger. Zu differenzieren wäre nicht einfach, und die CDU hat das auch gar nicht im Sinn. Sonst würde sie womöglich noch Wähler damit verprellen.