Aus Berlin Hermann Hummler

Nicht bereits nach zwei Partien in den finalen Playoffs um die deutsche Volleyballmeisterschaft ist der VfB Friedrichshafen gestern Abend in der Berliner Max-Schmeling-Halle zum 14. Mal deutscher Meister geworden. Die Mannschaft von Trainer Vital Heynen unterlag dem Titelverteidiger vor 7895 Fans mit 1:3 (26:24, 23:25, 16:25, 21:25). Der VfB Friedrichshafen hat damit den ersten Matchball in der Finalserie, bei der es zwei Siege zum Titel braucht, verpasst. Und damit bleibt es dabei: Noch nie, abgesehen von Kasan, hat eine Gastmannschaft in Berlin eine Meisterschaft feiern können.

Simon Tischer (Zuspiel), Michal Finger (diagonal), Tomas Rousseaux, David Sossenheimer (beide Annahme und Außenangriff), Andreas Takvam, Georg Klein (beide Mittelblock) und Libero Markus Steuerwald), die Starting Six, starteten perfekt (4:0), hatten aber ihre Nerven genauso wenig im Griff wie die Berliner (4:4). Und dann hangelte sich der Satz Punkt für Punkt zum ersten Höhepunkt. Der VfB hatte zwei Breaks nach Assen von Tischer und Sossenheimer nicht nutzen können und musste nach dem 8:7, 16:15 und 18:16 den ersten Berliner Satzball (24:23) abwehren. Das gelang: Rousseaux hatte trotz Notzuspiel den Ball clever in den Dreierblock bugsiert. Und von dort fiel er zum 26:24 ins Aus. Mit einigen Ungenauigkeiten, den Killerinstinkt ließen die blaugelben Volleyballer vom See im ersten Satz vermissen, hatten sie Berlin im Spiel gehalten. Am Satzgewinn änderte das nichts.

Den zweiten Durchgang vor nicht ausverkaufter Arena begannen die Friedrichshafener entschlossener (5:2, (8:6), ließen dann aber nach – Berlin marschierte zum 16:13. Robert Kromm hatte mit einem glücklichen Netzroller das erste Ass für den deutschen Meister erzielt. Und dann wurde es richtig hektisch. Auf und neben dem Feld. Berlin witterte Morgenluft, nachdem die klare Führung Bestand hatte, und hinter jeder Schiedsrichterentscheidung eine Fehlentscheidung. Friedrichshafen holte auf (17:19, 21:22), dann sah Berlins Trainer Roberto Serniotti im Hexenkessel Max-Schmeling-Arena die Rote Karte (22:22) für zu viel Gemeckere. Aber das Blatt hatte sich gegen den VfB gewendet. Zwei Angaben ins Netz und einen Block gegen Athanasios Protopsaltis später stand es 1:1 (23:25).

Armin Mustedanovic für Rousseaux stand zu Beginn des dritten Satzes im Mittelpunkt. Seiner Fehler wegen. Der erfahrene Mann aber stabilisierte sich, dafür schwächelten andere Kollegen (8:7, 9:11). Berlin hatte die Oberhand (14:16), obwohl der VfB für Tischer Tomas Kocian und für Mustedanovic Rousseaux eingewechselt hatte (18:15). Und nach zwei Finger-Fehlern zum 15:20 fiel das Team etwas auseinander und wurde dafür mit dem 16:25 abgestraft.

Bisher hatte Friedrichshafen in fünf Partien gegen Berlin nur drei Sätze abgegeben, jetzt waren es schon deren zwei. Gelingt es der Mannschaft von Vital Heynen, das Spiel noch zu drehen? Mit der Starting Six, ohne Rousseaux, versuchten es die Blau-Gelben. Aber Finger, mit Schmerzen im Knie und fit gespritzt, war von seiner Form entfernt (6:8), für seine Zuspieler kaum eine Option. Es lief auch sonst nicht rund. Zu viele Gedanken an die Chance, schon jetzt die Schale in den Händen zu halten, lähmten. Und als Kocian, ein zuverlässiger Aufschläger, sein Service ins Netz setzte, hatte sich Berlin auf 16:12 abgesetzt. Schon beim 23:19 stand die heimischen Zuschauer in der Halle. Sie mussten bis zum zweiten Satzball warten, dann war die Partie (25:21) an den Titelverteidiger gegangen.

Am Sonntag, 14.30 Uhr, wird also in der ZF-Arena Friedrichshafen der neue deutsche Meister gekürt. „Berlin war in der Feldabwehr und im Angriff besser“, gratulierte Tomas Kocian dem Gegner. Er baue aber auf die eigenen Fans, das „eigene Spiel, das wir heute nicht durchbringen konnten“ – der Zuspieler hat die Meisterschaft noch lange nicht abgeschrieben.