Alno ist pleite. Ende der Woche genehmigte das Amtgericht Hechingen einen Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung. Für die 1900 Mitarbeiter wird es jetzt eng und für die Marke Alno, einst eines der Aushängeschilder des deutschen Küchenbaus, auch. Aber warum ist das so? Eine Übersicht:
- Wie ist die Lage im Küchen-Geschäft? Geht der Küchen-Branche die Puste aus? Lediglich die Möbelindustrie, unter die oft irrtümlich auch die Hersteller von Küchen subsummiert werden, hat stark zu kämpfen. Billig-Importe aus Osteuropa und Asien haben hier nach Expertenaussagen zu einem "unglaublichen Kostendruck" geführt. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen ihre Möbel über den margenschwachen online-Handel beziehen. Für Küchen trifft all dies nicht zu. 96 Prozent der in Deutschland verkauften Küchen sind nach Angaben des Branchenverbands AMK aus heimischer Produktion, und im Internet bestellen nur wenige Konsumenten.
- Wie ist die wirtschaftliche Situation? Die deutschen Küchenbauer strotzen vor Kraft. Die Branchenumsätze klettern von Jahr zu Jahr. Zwischen 2011 und 2016 sind sie nach AMK-Daten von 9,66 Milliarden Euro auf 11,58 Milliarden Euro angewachsen. Laut AMK formen die rund 140 Hersteller weltweit die "leistungsfähigste Küchenmöbelindustrie der Welt". Innerhalb der Möbelindustrie sei der Bereich Küche "einer der Hauptmotoren für Wachstum", sagt Christian Langwald vom Verband der Holz- und Möbelindustrie.
- Wo stehen die einzelnen Herstellern? Trotz der Insolvenz und jahrelanger roter Zahlen ist Alno aus Pfullendorf – Jahresumsatz 2015: 522 Millionen Euro – nach Branchendaten immer noch die Nummer zwei im deutschen Markt. Nur Nobilia-Küchen ist größer. Weitere bekannte Hersteller sind Häcker, Nolte, Schüller oder Bulthaupt. Das Herz der Branche schlägt in Ost-Westfalen, wo rund 70 Prozent der Wertschöpfung erbracht wird. Süddeutschland bildet einen weiteren Produktions-Schwerpunkt.
- Warum darbt Alno? Branchenkenner weisen oft auf eine unklare Positionierung der Konzernmarken (Alno, Wellmann, Forster oder Piatti) und häufige Strategiewechsel hin. Alno gleicht einem Konglomerat mit Inlands-Standorten in Pfullendorf, Enger und Coswig und Auslands-Töchtern mit 560 Beschäftigten, etwa in der Schweiz. Außerdem betreibt man in Russland zusammen mit einem heimischen Möbelbauer ein Werk. Insbesondere in der Schweiz gibt es dem Vernehmen nach Probleme. Im März wurden Pläne bekannt, wonach Alno Stellenstreichungen sowie den Verkauf der Marke Forster plant. Und in Russland bremsen nicht zuletzt die von der EU beschlossenen Sanktionen das Geschäft.
- Spielt Technologie eine Rolle? Küchenbau ist heute High-Tech. Experten wie Christian Langwald vergleichen den Automatisierungsgrad der deutschen Möbel-Fabriken mit jenem der Autoindustrie, wo Roboter das Bild bestimmen. Bei Alno allerdings herrscht nach Jahren roter Zahlen Investitionsbedarf auch in neue Produktionstechnik. Auch deswegen hinken die Pfullendorfer den Wettbewerbern hinterher.