Villingen-Schwenningen – Im Wirtschaftskrimi um den Börsengang und die anschließende Insolvenz des Villinger Leuchtenherstellers Hess gab es jetzt einen juristischen Paukenschlag vor dem Landgericht Konstanz. Die 2. Zivilkammer verurteilte die beiden ehemaligen Vorstände der Hess AG, Christoph Hess und Peter Ziegler, zur Leistung zwei Millionen Euro Schadenersatz an den holländischen Finanzinvestor HPE (Holland Private Equity). Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der damalige Vorstandsvorsitzende Hess und sein Finanzvorstand Ziegler die Unternehmensbilanz 2011 in betrügerischer Weise zum Schaden des holländischen Investors manipuliert hätten.

HPE hatte in den Jahren 2011 und 2012 in drei Tranchen Hess-Anteile im Wert von 17,7 Millionen Euro erworben. Im Zuge der Turbulenzen und der Insolvenz der Hess AG im Jahr 2013 als Folge der Vorwürfe der Bilanzmanipulation hatte HPE das gesamte Geld verloren. Vor dem Landgericht Konstanz forderten sie nun drei Millionen Euro Schadenersatz von den Verantwortlichen.

Allerdings konnte vor Gericht trotz einiger Ungereimtheiten in den Hess-Bilanzen von 2007 bis 2011 nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass HPE bereits beim Einstieg Ende 2011 bewusst getäuscht worden war. Deshalb wurde der Schadenersatz um eine Million Euro reduziert. Ganz anders stellte sich die Sachlage für die Richter aber bei den beiden Aktienkäufen in 2012 dar. Hier sahen sie es als erwiesen an, dass die Beklagten den Jahresabschluss der Hess AG zum 31.12. 2011 manipuliert hatten, um einen Betrug zum Schaden von HPE zu begehen. Die Umsätze seien mit Scheinrechnung um 4,76 Millionen Euro künstlich in die Höhe getrieben worden, um eine gute Geschäftslage vorzuspiegeln und den holländischen Investor zu weiteren Aktienkäufen zu animieren. Die Scheinrechnungen seien über von Hess abhängige Betriebe abgewickelt worden.

Die Behauptung der Beklagten, bei diesen Rechnungen seien Entwicklungskosten des Unternehmens aktiviert wurde, schenkte das Gericht keinen Glauben. Gelenkt und gesteuert wurde dieser Betrug nach Überzeugung des Gerichts von Peter Ziegler, der Vorstandsvorsitzende Christoph Hess sei aber informiert gewesen, wie aus E-Mails hervorgehe. Das Gericht war überzeugt, dass die Beklagten vorsätzlich handelten, um das Vermögen der Hess AG durch den Einstieg von HPE zu vermehren.

Nach dem Urteil könnte es auch seitens weiterer Hess-Aktionäre wegen der Prospekthaftung der Firmenvorstände beim Börsengang zu Schadenersatzklagen kommen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden. Beobachter gehen davon aus, dass der Schadenersatzprozess in die zweite Instanz vor das Oberlandesgericht Karlsruhe gehen wird. Gegen die beiden Ex-Firmenvorstände läuft noch ein weiterer Zivilprozess. Der Insolvenzverwalter der Hess AG, Volker Grub, fordert von Hess und Ziegler Schadenersatz von zwei Millionen Euro.

Vor allem aber wartet auf die beiden Firmenvorstände ein großer Strafprozess. Anklage wurde bereits erhoben. Allerdings ist die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim überlastet. Es kann noch Monate dauern, bis es hier zum Prozess kommt.

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