ZF steuert auf einen heißen Herbst zu. Die Stimmung beim zweitgrößten deutschen Autozulieferer ist so schlecht wie schon lange nicht mehr. Der Konzern bekommt die Krise in der Autoindustrie mit voller Wucht zu spüren. Da nutzt es auch nicht, dass die Entwickler viele neue Lösungen vor allem für die E-Mobilität ausgetüftelt und zur Serienreife gebracht haben. Die potenziellen Käufer von Autos, Lastwagen und Bussen halten ihr Geld zusammen und ordern nicht bei den Herstellern.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Sparplan von ZF-Vorstandschef Holger Klein offenbar nicht aufgehen will. Dabei sollten die gestressten Kassen des Konzerns um sechs Milliarden Euro entlastet werden. Dazu soll auch der Abbau von bis zu 14.000 Stellen in Deutschland bis 2028 beitragen. Doch dem Vernehmen nach kommen die Sparbemühungen nicht so recht voran.

Darum verschärft der Vorstand das Tempo. Wie am Mittwoch bekannt wurde, sollen in Saarbrücken 1800 der insgesamt knapp 10.000 Beschäftigten gehen. Dort werden Getriebe für Autos mit Verbrennermotoren und für Hybridfahrzeuge hergestellt. Bis 2028 könnten sogar bis zu 4500 Stellen wegfallen.

Zweifel an McKinsey

Um zusätzliche Einsparmöglichkeiten aufzuspüren, durchleuchten gut vier Dutzend Spezialisten der Beratungsgesellschaft von McKinsey den Konzern. Allerdings bisher wohl ohne durchschlagenden Erfolg. „Wir haben Tausende eigene Spezialisten, die das Unternehmen viel besser kennen, als diese Leute“, lässt Betriebsratschef Achim Dietrich keinen Zweifel daran, dass er von den externen Sparkommissaren herzlich wenig hält. „Die kappen pauschal zehn Prozent der Kosten. Egal wie sinnvoll das dann ist“, urteilt der Betriebsratschef.

Achim Dietrich, Gesamtbetriebsratschef ZF.
Achim Dietrich, Gesamtbetriebsratschef ZF. | Bild: Benjamin Schmidt

Ginge es nach den Beratern wäre jeder dritte Standort in Deutschland gefährdet, so Dietrich, der dem Vorstand vorwirft, im „Panikmodus“ zu agieren. Er stemmt sich auch gegen den geplanten Kahlschlag im Konzern. Die Aufwendungen für Löhne und Gehälter hätten nur einen Anteil von 15 Prozent an den Gesamtkosten. Bei den E-Produkten seien es sogar nur acht Prozent.

Somit seien die Personalkosten kein triftiger Grund, um in Deutschland Stellen zu streichen – nur um sie dann im Ausland wieder aufzubauen. So eine Verlagerung rechne sich bei genauer Betrachtung gar nicht. Oft werde der Aufwand für den Aufbau neuer Standorte oder die Logistikkosten nicht mitberechnet.

Der ZF-Betriebsrat will deshalb die Stellen in Deutschland halten und die Durststrecke mit Kurzarbeit, Schließtagen und der Verbesserung von Prozessen überwinden. Der mächtige Betriebsratschef sieht nun aber die Konzernleitung am Zug, in deren Feld nun der Ball liege. Dietrich will erreichen, dass der Vorstand noch im Oktober klar erklärt, wie es bei ZF weitergehen soll. „Wir wollen den Leuten noch vor Weihnachten definitiv sagen können, was auf sie zukommt.“

Deutlich mehr Mitarbeiter verabschieden sich

Die Arbeitnehmervertreter wissen einen Großteil der Belegschaft hinter sich. Das reiche bis weit in die Führungsetagen hinauf, so Dietrich. Der Frust sei hoch. So registriert ZF inzwischen eine Fluktuationsquote von drei Prozent. Bisher lag der Wert bei 0,5 Prozent. „Normalerweise bleiben die Leute ein ganzes Arbeitsleben lang in der Firma“, so Dietrich im Gespräch mit Journalisten des Wirtschaftspresseclubs in Stuttgart. Der Unmut reiche bis weit in die Entwicklungsabteilungen hinein.

Die prekäre Lage bei ZF lässt das Grummeln im Aufsichtsrat immer lauter werden. So erwarten Vertreter auf der Kapitalseite, dass der Vorstand endlich klare Schritte umsetzt, um die hohe Schuldenlast abzubauen. Dazu soll der Verkauf der Sparte passive Sicherheit dienen, wo Airbags und entsprechende Systeme gefertigt werden. Die Vorbereitungen laufen nun schon seit einem guten Jahr.

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Doch bisher hat sich noch niemand gefunden, der in diesen Krisenzeiten bereit ist, mehrere Milliarden Euro auf den Tisch zu legen. Die soll der Verkauf aber einbringen, damit der Konzern aus Friedrichshafen die Schuldenlast merklich abbauen kann.

Wie sicher sitzt der Chef in seinem Sessel?

Dem Vernehmen nach wächst die Unzufriedenheit im Aufsichtsgremium über Konzernchef Klein. Spekulationen, dass Klein schon bald abgelöst werden könnte, will Dietrich nicht kommentieren. Allerdings ist zu beobachten, dass die Töne zwischen Vorstand und Betriebsrat schärfer geworden sind.

Möglicherweise gerät der Vorstandschef zum Jahresende nicht nur wegen der schlechten Geschäfte in Bedrängnis. Dann präsentieren die Berater von McKinsey ihre millionenschwere Abschlussrechnung. Klein wird dann erklären müssen, wie die teuren Berater ZF weitergebracht haben.