Bei ZF Friedrichshafen verschärft sich der Ton zwischen Betriebsrat und Unternehmen. Grund ist der geplante Ausbau eines Logistikzentrums in Tschechien. Vor wenigen Tagen hatte ZF beschlossen, den noch im Bau befindlichen Standort in Ostrov unweit der sächsischen Grenze zu erweitern.
In einem im Intranet veröffentlichten Eintrag, der dem SÜDKURIER vorliegt, wertet der Betriebsrat das als „Schlag ins Gesicht der Beschäftigten in Deutschland“, der langfristig viele Arbeitsplätze in Deutschland gefährde. „Wir werden diesem Treiben nicht tatenlos zuschauen“, sagte Achim Dietrich, der Vorsitzende des ZF-Gesamtbetriebsrats. „Entweder der Vorstand korrigiert seinen Let‘s-go-east-Kurs oder es gibt Widerstand.“

Ostrov Gefahr auch für Jobs in Friedrichshafen?
Der Ausbau der Kapazitäten in Tschechien sei „eine massive Gefahr für die Arbeitsplätze in Friedrichshafen, Schweinfurt, Passau, Bremen, Langenhagen, Saarbrücken und an den Servicestandorten“, heißt es in dem Eintrag. Spätestens wenn die für die deutschen Werke geltenden Beschäftigungssicherungen ausgelaufen sind, drohe eine Verlagerung der Arbeitsplätze in Richtung Osten.
ZF-Aftermarkt-Chef Colpron: Vorteile für inländische Beschäftigung
Nach Darstellung des Unternehmens ist das Ziel des Ausbaus von Ostrov nicht der Abbau von „Arbeitsplätzen in unseren deutschen Aftermarket-Standorten“, wie der ZF-Aftermarkt-Chef, Philippe Colpron, im Intranet schreibt. Vielmehr sei neben kürzeren Lieferzeiten und Transportwegen „die Sicherung der Beschäftigung in Deutschland“ und die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte ein Hauptziel des Projekts.

ZF steckt derzeit in einer der größten Krisen der Firmengeschichte und hat angekündigt, zwischen 11.000 und 14.000 Jobs in Deutschland abzubauen. Das entspricht etwa einem Viertel der im Inland Beschäftigten. Weil der Verkauf von Neufahrzeugen seit Jahren schwächelt, sind auch bei ZF die Werke chronisch unterausgelastet. Außerdem drücken Milliardenschulden aus Zukäufen das Stiftungsunternehmen.
Ostrov in Tschechien ist für ZF ein zentraler Standort, um Kunden wie etwa Werkstätten im schnell wachsenden Osteuropa-Markt mit Ersatzteilen zu beliefern. Dieses Aftermarket-Geschäft ist bei ZF an den Standorten Schweinfurt, Bremen und Ostrov gebündelt und läuft gut, pardoxerweise weil der Verkauf von Neuwagen und Trucks bei den Herstellern schwächelt.
Als Folge werden die Fahrzeuge länger benutzt. Der höhere Verschleiß führt zu einem Mehrbedarf an Ersatzteilen von ZF. Ersatzteilverkauf sowie Serviceleistungen lieferten beständig sehr gute Gewinne ab, heißt es vom Betriebsrat. Im ZF-Aftermarket-Geschäft arbeiten demnach an 14 Standorten in Deutschland etwa 2400 Menschen.
Altersteilzeit in Friedrichshafen
Aus Unternehmenskreisen verlautete, in Schweinfurt würden im Zuge der Umorganisation befristete Arbeitsverträge auslaufen, unbefristete Stellen blieben aber erhalten. Am Stammsitz in Friedrichshafen gehe es „um wenige Dutzend Arbeitsplätze“, hieß es. Teils hätten die betroffenen Mitarbeiter Altersteilzeitregeln zum Ausscheiden genutzt. Dem Rest würden andere Arbeitsplätze bei ZF angeboten.
Anfang der Woche hat nach SÜDKURIER-Informationen ein erstes Gespräch zwischen Vorstand und Betriebsräten in der Sache stattgefunden. Es habe ohne Ergebnis geendet, wie es am Mittwoch von informierter Seite hieß.