Heftiger Regen, golfballgroße Hagelkörner und helle Blitze: Seit Tagen wird die Region immer wieder von Gewittern getroffen. Ein Zeichen für den Klimawandel? Oder ganz normaler Sommer? Wir haben mit Experten gesprochen und die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt.
Woran liegt es, dass wir aktuell so viele Gewitter haben?
Hauptsächlich liegt das an der sogenannten Südwestwetterlage. Der Wind kommt derzeit aus Nordafrika, bringt die Hitze aus der Sahara mit und nimmt über dem Mittelmeer Feuchtigkeit auf. Das führt zu dem schwül-warmen Wetter, das wir gerade erleben und das die Bildung von Gewittern begünstigt. Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Dadurch entstehen schnell die für Gewitter typischen großen Quellwolken, in denen sich die Feuchtigkeit ansammelt, erklärt der Diplom-Meteorologe Dominik Jung.
Warum gibt es dabei so oft Platzregen?
Das liegt daran, dass in den höheren Lagen der Atmosphäre sozusagen wenig Luftzug herrscht. Der Jetstream, also die das Wetter bestimmenden Starkwinde, verhalten sich gerade eher träge. Das Gewitter zieht also kaum weiter und regnet sich an einer Stelle ab. Das führt wiederum auch dazu, dass im Tagesverlauf wieder viel Feuchtigkeit aufsteigen und erneut als Starkregen zurückkehren kann.

Ist der Bodensee ein begünstigender Faktor?
Jein. Zwar steigt vom See auch Wasser als Dampf auf, das zur Wetterlage beitragen und auch Gewitter begünstigen kann. Ein ausschlaggebender Faktor ist er aber nicht. Die Luftströmungen aus Afrika spielen eine viel größere Rolle.
Warum ziehen Gewitter nicht mehr so schnell weiter?
Das ist schwer zu sagen, auch Meteorologe Jung hat dafür keine genaue Erklärung. Fakt ist aber, dass sich die Luftströmungen in den höheren Lagen verlangsamen. Das könnte eine Auswirkung des Klimawandels sein, aber auch andere Gründe haben.
Haben die vielen Gewitter mit dem Klimawandel zu tun?
Noch lässt sich das nicht sagen: Klimaveränderungen werden über Jahrzehnte beobachtet – ein Sommer mit vielen Gewittern muss damit nichts zu tun haben, erklärt Jung. Auch der Diplom-Meteorologe Jürgen Schmidt sieht in der aktuellen Wetterlage kein Extrem. „Grundsätzlich ist der Süden Deutschlands generell häufiger betroffen von Gewittern“, erklärt er – wegen der Luftströmungen vom Mittelmeer her. Der Klimawandel zeigt sich ihm zufolge vielmehr in den immer längeren Trockenphasen und neuen Hitzerekorden.
Wie kommt es dazu, dass es bei Unwettern im Sommer teils stark hagelt?
Das hängt mit der Struktur einer Gewitterwolke zusammen, die bis zu 12.000 Meter Höhe erreichen kann, aber auch auf 2000 Meter hinabreichen kann. Schon ab 4500 bis 5000 Metern Höhe herrschen nur noch Temperaturen um null Grad Celsius. Die Luft darunter ist wärmer, die darüber deutlich kälter.
So entstehen in der Gewitterwolke starke Aufwinde, die die Feuchtigkeit nach oben treiben. Dort kühlt sie ab, es bilden sich Eispartikel. Je länger diese Partikel in der Wolke getragen werden, desto größer können sie werden. Starke Gewitter begünstigen diesen Prozess. So entstehen teils golfballgroße oder sogar tennisballgroße Hagelkörner, erklärt Schmidt.

Mit welcher Wetterlage ist in den kommenden Tagen zu rechnen?
Die Gewitter werden uns wohl noch einige Tage begleiten und sind auch in dieser Nacht wieder zu erwarten. Am Samstag soll es eher sonnig und sommerlich warm werden, doch schon am Sonntag könnten neue Gewitter aufkommen, die sich bis in den Wochenanfang ziehen. Mitte der kommenden Woche wird das Wetter wieder stabiler, ab Donnerstag und zum darauffolgenden Wochenende kündigen sich aber schon neue Gewitter an.
Was tun, wenn ein Gewitter ausbricht?
Wer im Freien ist und sein Auto in der Nähe hat, sollte darin Schutz suchen, weil es wie ein Faradayscher Käfig wirkt, also wie ein Blitzableiter. Den Insassen kann nichts passieren. Auf dem freien Feld sollte man sich nicht unter einen Baum stellen, sondern möglichst klein in die Hocke gehen, sich im Idealfall eine Mulde suchen. Denn Blitze schlagen immer am höchsten Punkt ein. Deshalb auch unbedingt aus dem Wasser kommen, wenn ein Gewitter aufzieht.
Was tun, wenn Starkregen Wasser in den Keller drückt?
Wenn der benachbarte Dorfbach zu überfluten droht und schon Wasser in den Keller läuft, sollte man nicht versuchen, Hausrat zu retten, mahnt Meteorologe Jung. Denn die Wassermassen können plötzlich stark steigen, dann droht im schlimmsten Fall das Ertrinken im eigenen Keller. Auch geringere Mengen Wasser im Keller können durch offene Leitungen zu einem tödlichen Stromschlag führen. Hausbewohner sollten deshalb höhere Räume aufsuchen und das Unwetter abwarten. Vor dem Betreten des Kellers die Sicherungen ausschalten.
Drohen durch die Unwetter häufiger Stromausfälle?
Nicht wirklich. Deutsche Starkstromüberlandleitungen sind meist an Stahlträgern fixiert und damit sehr stabil. Trotzdem kann es in Einzelfällen passieren, dass durch Orkane, umstürzende Bäume oder im Winter durch vereiste Leitungen und starken Wind Leitungen reißen. Gewitter, wie wir sie aktuell erleben, gefährden die Stromversorgung aber nicht.