Probleme im Intimbereich sind oft mit Scham verbunden. Auch Hämorrhoiden gehören dazu. Dabei leidet gut die Hälfte der Erwachsenen an einer Vergrößerung der Gefäße im Analbereich. Je nach Stadium kann das sehr unangenehm sein, sagt Jörg Glatzle vom Klinikum Konstanz.
Weil es sich dabei aber immer noch um ein Tabuthema handelt, ist der Aufklärungsbedarf rund um dieses Leiden groß. Dabei lässt es sich erfolgreich behandeln, betont der Mediziner.
Hämorrhoiden fallen erst auf, wenn sie ihre Funktion nicht mehr richtig erfüllen. Die Blutgefäße am Ausgang des Enddarms tragen durch ihr An- und Abschwellen zur Abdichtung des Darms bei und ermöglichen eine bewusste Steuerung des Stuhlgangs. Elastische Hämorrhoiden sind also wichtig.
Gewebe verliert an Flexibilität
Im Laufe des Lebens verliert das Gewebe aber an Flexibilität und zieht sich dann nicht mehr richtig zusammen. Sind die Hämorrhoiden vergrößert und stehen zu weit vor, können sie beim Stuhlgang nach außen gedrückt werden und verursachen Jucken, Brennen, Schmerzen oder Nässen. Im schlimmsten Fall ziehen sich die Gefäße gar nicht mehr nach Innen zurück.
Eine zu aggressive Entfernung der krankhaft vergrößerten Gefäße kann jedoch zu einer Darminkontinenz führen und sollte daher vermieden werden, erklärt Glatzle.
Der Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie rät stattdessen, das vergrößerte Gefäß wie bei Krampfadern zu veröden oder die Schleimhaut mit Gummibändern an der Basis zu fixieren, sodass sie nicht mehr herausrutschen kann. Bei ausgeprägten Befunden kann eine Operation notwendig werden.
Wenn der Darmausgang nicht mehr dicht ist
Typische Symptome für vergrößerte Hämorrhoiden sind hellrotes Blut am Toilettenpapier oder Kotstreifen in der Unterhose, weil der Darmausgang nicht mehr dicht ist, sagt Glatzle. Eine Blutung sollte man nicht auf leichte Schulter nehmen, da es sich dabei auch um eine Darmkrebserkrankung handeln könnte.
Deshalb rät der Experte, in dem Fall zum Hausarzt gehen. Dieser schickt einen dann unter Umständen zum Proktologen oder zur Darmspiegelung zum Gastroenterologen, so Glatzle. Im Folgenden klärt der Chirurg über einige Mythen auf:
- Wenn es am Hintern brennt, juckt oder schmerzt sind es garantiert Hämorrhoiden. Meistens ist das Jucken ein Indiz für eine Hauterkrankung, ein sogenanntes Analekzem, sagt Glatzle. Die könnte sogar durch eine zu starke Analhygiene verursacht werden. Er empfiehlt daher zur Reinigung nach dem Stuhlgang kein echtes feuchtes Papier zu benutzen, da das organische Material Anti-Pilzmittel enthält und die Hautflora schädigt. Besser wäre synthetisches Material, so der Fachmann. Hämorrhoiden entstehen übrigens nicht durch mangelnde Hygiene.
- Ein harter Fahrradsattel führt zu Hämorrhoiden. Das stimmt nicht, versichert Glatzle. Allerdings wird das Radeln mit einem harten Sattel bei bereits vergrößerten Hämorrhoiden als sehr unangenehm oder schmerzhaft empfunden.
- Auf kalten Steinen sitzen fördert Hämorrhoiden. Das ist nicht richtig, sagt Glatzle. Kälte vergrößert die Hämorrhoiden nicht und ist daher auch kein Auslöser für Hämorrhoidalleiden. Vielmehr können Schmerzen durch Kälte kurzfristig gelindert werden, weil die Gefäße sich zusammenziehen und so die Schwellung schneller abklingen lässt. Dauerhaft gesehen ist Wärme aber besser als Kälte.
- Abführmittel beugen Hämorrhoiden vor. Verstopfungen sind ein Risikofaktor für vergrößerte Hämorrhoiden, erklärt Glatzle. Vorbeugend könne man daher zum Beispiel Flohsamen oder andere milde Abführmittel verwenden, um für einen regelmäßigen Stuhlgang zu sorgen.
- Autositzheizungen verursachen Hämorrhoidalleiden. Das stimmt, sagt Glatzle. Tatsächlich trägt langes Sitzen generell zu einer Vergrößerung der Hämorrhoiden bei. So gehören Lkw- und Busfahrer, die acht Stunden am Stück am Steuer sitzen, zur Risikogruppe. Ebenso wie bestimmte Berufsmusiker wie Tubaspieler. Aber auch lange Toilettensitzungen fördern die Entstehung vergrößerter Hämorrhoiden, da durch das Pressen beim Stuhlgang die Durchblutung verstärkt wird, erklärt der Mediziner.
- Hämorrhoiden bilden sich von selbst wieder zurück. Das ist eigentlich nur nach Schwangerschaften der Fall, so Glatzle. 20 bis 70 Prozent der Hämorrhoiden, die sich aufgrund der Mehrbelastung vergrößert haben, bilden sich nach der Geburt zurück. Heilen können vergrößerte Hämorrhoiden ansonsten nicht. Eine weitere Vergrößerung lässt sich lediglich durch mehr Bewegung und eine Ernährungsumstellung aufhalten.
- Hämorrhoiden sind eine Alte-Leute-Krankheit. Das stimmt nur zum Teil. Tatsächlich ist das Bindegewebe durch Verschleiß im Alter nicht mehr so fest, erklärt der Experte. Häufiger sind wie bei allen anderen Menschen auch eine ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung Risikofaktoren, weil diese Verstopfungen auslösen können. Aber auch Schwangerschaften, Übergewicht, häufiges Heben schwerer Lasten und chronische Verstopfung mit starkem Pressen beim Stuhlgang strapazieren die Beckenbodenmuskulatur und die Haltebänder im Laufe des Lebens sehr.
Das hilft gegen Hämorrhoiden
Einige Hausmittel bieten bei einem leichten Hämorrhoidalleiden und ergänzend zur ärztlichen Therapie Möglichkeiten zur Selbstbehandlung. Dabei geht es darum, den gereizten Bereich zu beruhigen, Entzündungsprozesse zu hemmen und die Haut im sowie am After zu pflegen.
Salben und Cremes: Die enthaltenen Wirkstoffe wie Panthenol, Zink, Hamamelis oder Aloe Vera können Entzündungen hemmen und die Reparatur der Haut unterstützen. Sitzbad: Es funktioniert am besten in einer (Sitz-) Wanne oder einem Bidet. Außerdem gibt es spezielle Toilettenaufsätze: eine Art Badeschüssel, die auf die Toilettenöffnung gesetzt wird. Das Sitzbad bei Hämorrhoiden sollte etwa zehn bis 15 Minuten dauern.
Haltung: Die gesündeste und natürlichste Haltung beim Stuhlgang ist die Hocke. In dieser Position ist der Beckenboden entspannt und der Darm gerade, was die Entleerung um einiges erleichtert und beschleunigt. „Lange Sitzungen auf der Toilette sollten vermieden werden“, sagt Glatzle. „In sitzender Haltung auf der Toilette schwellen die Hämorrhoiden an. Die Toilette ist daher fürs Zeitschriftenlesen oder Chatten definitiv der falsche Ort.“
Ernährung: Ballaststoffreiche Kost wie Vollkornprodukte, viel Gemüse und Obst sowie ausreichend Flüssigkeit (täglich mindestens 1,5 Liter) und wenig fettige oder stopfende Lebensmitteln sorgen für einen weichen Stuhlgang und beugen damit der Vergrößerung der Hämorrhoiden vor.
Hämorrhoiden-Kissen: Häufig haben sie die Form eines Rings, einem Donut ähnlich, der durch das Loch in der Mitte die schmerzhafte Analregion entlastet. Beckenbodengymnastik: Die Beckenbodenmuskeln unterstützen und erhalten die Organe des Beckens, einschließlich Harnblase, Gebärmutter, Prostata, Rektum und Anus. Daher wirkt das Trainieren der Muskeln vorbeugend gegen das Venenleiden.