Sandra Markert

Die Mengen an Verpackungsmüll in Deutschland steigen seit Jahren, statt zu sinken. Zum einen gibt es für Hersteller und den Lebensmitteleinzelhandel keine verbindlichen Quoten, die festlegen, dass die Verpackungsmenge schrumpfen muss. Zum anderen wird zwar viel über Plastikfasten geredet, beim täglichen Einkauf merkt man jedoch nach wie vor wenig von einem veränderten Verbraucherverhalten.

„So gibt es im Bereich Getränke seit Langem ein vorbildliches Mehrwegsystem. Und trotzdem werden seit Jahren wieder verstärkt Einwegverpackungen gekauft“, sagt Tristan Jorde, Umweltexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Seiner Meinung nach passiert in den Supermärkten im Bereich umweltfreundliche Verpackung „sehr viel Marketing mit wenig Substanz dahinter“. Aber es zeichnen sich Ansätze zur Besserung ab:

Manche Geschäfte erproben Karton- oder Holzverpackungen anstelle von Plastik. Wie gut ist das?

„Viele dieser Versuche sind ökologisch nicht sinnvoll“, sagt Tristan Jorde. Als Beispiel nennt er Tomaten, die in kleinen Spankörben verkauft werden statt in Plastikschälchen. „Wenn ein solcher Korb dann nur einmal benutzt wird und das Holz kein Abfallmaterial war, bringt das für die Umwelt keine Vorteile gegenüber einer Plastikverpackung, die sich gut recyceln lassen würde“, sagt Jorde.

Am besten sind Verpackung, die man mehrmals nutzen kann. Wie zum Beispiel die Beutel oder Netze, die am besten bei jedem Einkauf dabei ...
Am besten sind Verpackung, die man mehrmals nutzen kann. Wie zum Beispiel die Beutel oder Netze, die am besten bei jedem Einkauf dabei sein sollten. | Bild: Sandra Markert

Ähnlich kritisch beurteilt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) andere Verpackungsalternativen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Bambus oder Maisstärke. „Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass sowas grundsätzlich umweltfreundlich ist.“ Der Grund: Auch hier werden Ressourcen und Energie für die Herstellung verbraucht – und das in der Regel für den einmaligen Gebrauch bei Lebensmittelverpackungen. Das Problem bei Verpackungen liegt also weniger im Material als vielmehr in der kurzen Nutzungszeit.

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Stehen Plastikverpackungen zu Unrecht in der Kritik?

Plastik an sich ist kein schlechtes Verpackungsmaterial. Es ist leicht und lässt sich mehrfach verwerten und gut recyceln, erklärt Thomas Fischer. In der Realität allerdings wird es fast ausschließlich für Einmal-Verpackungen benutzt und dann fällt die ressourcen-intensive Herstellung aus Erdöl stark negativ ins Gewicht.

Der Hamburger Umweltexperte Tristan Jorde plädiert ähnlich wie bei den Getränken auch für ein Mehrwegsystem bei Verpackungen, etwa für ...
Der Hamburger Umweltexperte Tristan Jorde plädiert ähnlich wie bei den Getränken auch für ein Mehrwegsystem bei Verpackungen, etwa für Obst und Gemüse. | Bild: Sandra Markert

„Hinzu kommt, dass es 1000 verschiedene Kunststoffe gibt und diese oft als Materialmix eingesetzt werden. Das macht sie fürs Recycling wertlos“, sagt Tristan Jorde. So wird ein Großteil des in den gelben Säcken gesammelten Plastiks verbrannt, statt für neue Verpackungen eingesetzt zu werden. „Plastik aus einem Material oder aus Recyclat, also recyceltem Plastik, kann dagegen durchaus eine gute Umweltbilanz haben“, sagt DUH-Experte Fischer.

Immer mehr Hersteller versuchen mittlerweile die Verpackung der Lebensmittel auf ein Minimum zu reduzieren.
Immer mehr Hersteller versuchen mittlerweile die Verpackung der Lebensmittel auf ein Minimum zu reduzieren. | Bild: Sandra Markert

Was also ist die umweltfreundlichste Verpackung für ein Lebensmittel?

Tristan Jorde plädiert für den völligen Verpackungsverzicht: „Am besten möglichst gar nicht.“ Wo das nicht geht, sollte man wann immer möglich auf Mehrwegverpackungen setzen. Das bedeutet: Obst und Gemüse in mitgebrachte Beutel füllen, Käse und Wurst in Tupperdosen verpacken lassen, bei Getränken zu Mehrwegflaschen greifen. Das gilt auch für Säfte und Milch, die sooft im Tetrapak angeboten werden. Und nach einem Unverpackt-Laden in der Nähe Ausschau halten. „Hier kann man sich ganz viele Lebensmittel in eigene Behälter abfüllen und spart so die Verpackung“, sagt Jorde.

Am besten ist es, wenn Kunden ihre eigenen Dosen und Schachteln zum Einkaufen mitbringen, so entsteht gar kein Verpackungsmüll – ...
Am besten ist es, wenn Kunden ihre eigenen Dosen und Schachteln zum Einkaufen mitbringen, so entsteht gar kein Verpackungsmüll – der Idealfall. | Bild: Sandra Markert

Was können Supermärkte und Lebensmittelhersteller tun, um mehr Verpackungsmüll zu vermeiden?

Das Poolsystem für Mineralwasser oder Bierflaschen ist ein vorbildlicher Ansatz, wie Mehrweg möglichst umwelt- und kundenfreundlich funktionieren kann. Denn die Flaschen sind genormt, können also überall zurückgebracht werden und haben auch kurze Rücktransportwege zu den Herstellern, weil nicht jeder seine eigenen Flaschen bekommen muss. Allerdings sind noch sehr viele Getränke wie Milch, Wein oder Sekt von diesem System ausgenommen.

Milch wird noch immer zum Großteil in Tetra-Paks angeboten. Besser sind Mehrweg-Glasflaschen.
Milch wird noch immer zum Großteil in Tetra-Paks angeboten. Besser sind Mehrweg-Glasflaschen. | Bild: Sandra Markert

Es setzen auch noch zu viele Hersteller auf individuelles Flaschendesign, welches nicht im Poolsystem funktioniert. Übertragbar wäre ein Mehrweg-Modell Jorde zufolge auch auf Obst und Gemüse: normierte Behälter mit Pfand. Diese könnten dann auch aus Plastik sein.

Gute und schlechte Verpackungen

Trotzdem wird es weiter Lebensmittel geben, die Hersteller und Kunden in Einwegverpackungen haben wollen. Was kann hier noch getan werden?

Einige Hersteller versuchen, die Verpackungen an die Größe des Lebensmittels anzupassen, also nicht unnötig Luft zu verpacken. Oder sie lassen doppelte Verpackungen weg, wie den Plastikdeckel über der Alufolie auf Joghurt. „Toll wäre es, wenn wir künftig statt 1000 verschiedenen Verpackungsmaterialien nur noch zwanzig hätten und diese dann auch getrennt gesammelt und dadurch sinnvoll recycelt werden könnten“, sagt Tristan Jorde.

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Bei Obst und Gemüse wird derzeit mit Verfahren experimentiert, welche die Lebensmittel auch ohne weitere Verpackung länger haltbar machen sollen. Ist das ein guter Weg in Richtung Müllvermeidung?

Beim sogenannten Coating werden Obst und Gemüse mit einem pflanzlichen Material besprüht, welches aus Lebensmittelresten gewonnen wird. Die darin enthaltenen pflanzlichen Lipide schützen das besprühte Grünzeug vor Feuchtigkeit und Gasen wie Ethylen, welche sonst die Reifung massiv beschleunigen. Supermärkte wie Edeka und Rewe berichten von ersten Erfolgen mit Avocados, Orangen und anderen Südfrüchten. „Bei diesen Lebensmitteln ist allerdings vor allem der lange Transportweg das Problem und nicht die Verpackung“, sagt Umweltexperte Jorde.