Hätte Tobias Schäuble das nur geahnt. Hätte er nur geahnt, wie viele Nerven ihn dieses eine Foto aus dem März 2018 kosten wird. Es zeigt den Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Engen, wie er an der A81 ein Tempo-130-Schild montiert.
"Ich hab damals gedacht, ja gut, das wird jetzt halt in ein, zwei Zeitungen abgedruckt", erinnert sich Schäuble. Immerhin ging es nur um die Einführung des Tempolimits auf der A81, das zwar sehr umstritten war und ist, aber nur regionale Bedeutung hat.
Doch Schäuble sollte sich irren. Und zwar richtig. "Hätte ich gewusst, wie sich das verbreitet, hätte ich es mir vielleicht nochmal überlegt, ob ich mich fotografieren lasse", sagt er heute.
Bundesweit verbreitet
Mittlerweile zierte das Bild unter anderem die Titelseite des SÜDKURIER und es wurde von jedem namhaften deutschen Medium verwendet. Unter anderem illustrierten damit bild.de, welt.de, spiegel.de und focus.de ihre Artikel.
Schäubles Pech: Fotograf Patrick Seeger macht das Bild im März 2018 nicht für eine Zeitung, sondern für die deutsche Presse-Agentur. Somit hat fast jedes deutsche Medium Zugriff darauf. Und als dann die Debatte um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen losbrach, nutzten Redaktionen quer durch die Republik das Foto gerne, um das Thema zu bebildern.
Angriffe in Online-Netzwerken
Schäuble wurde so zum Symbol für Tempo 130. Zwar sieht man nicht einmal sein Gesicht, "aber das reicht, Freunde und Bekannte erkennen mich trotzdem." Wobei die gar nicht sein Problem sind. Bei der Arbeit muss er zwar immer ein Vesper rausmachen, wenn das Bild mal wieder abgedruckt wird, aber darüber kann er schmunzeln.
Was ihn stört: Wenn Menschen in Online-Netzwerken unter das Bild kommentieren, gegen 130 wettern und den auf dem Bild abgebildeten Mann – also ihn – gleich mitbeleidigen. Als hätte er persönlich das Limit eingeführt.
Ohnehin war es purer Zufall, dass gerade er das Schild aufgehängt hat. Erst wenige Wochen zuvor hatte er überhaupt angefangen, für die Autobahnmeisterei zu arbeiten.

Ob er selbst das Tempolimit überhaupt begrüßt, will Schäuble nicht sagen. "Es ist halt politisch gewollt, also müssen wir es umsetzen", sagt er, mehr lieber nicht. Damit ist für Schäuble im "Besprechungsraum Hegau" der Autobahnmeisterei dann auch alles gesagt.
Anerkennung fehlt
Martin Haase, der stellvertrende Dienststellenleiter und Schäubles Chef, ergänzt: "Es ist halt schade, dass die Leute bei sowas wie dem Tempolimit teilweise gegen uns schießen, obwohl wir nichts dafür können. Und für die restliche Arbeit, die wir hier rund um die Uhr leisten, nicht mal danke sagen."
Autobahn-Arbeiter Schäuble will den Trubel jedenfalls nicht. Gehölzarbeiten, Mähen, jetzt im Winter streuen, das sind Schäubles eigentliche Aufgaben. Auch am Abend nach dem Gespräch mit dem SÜDKURIER begann für ihn wieder eine Nachtschicht. Die gute Nachricht: Fotografieren wollte ihn da niemand.