Bitte nicht schon wieder. So lassen sich die Reaktion nach einer Ankündigung der Schweizer Regierung zusammenfassen. Wenigstens von allen, die häufiger aus Deutschland über die Grenze wollen. Dort soll nach Plänen des Bundesrats wieder ein strengeres Regiment gelten, entsprechende Vorschläge liegen jetzt den Kantonen vor.

Was bedeuten sie für Grenzgänger, was müssen Touristen beachten und wie sieht es für die Shopping-Tour aus der Schweiz aus? Hier erklären wir die wichtigsten Änderungen:

Warum will der Bundesrat überhaupt etwas ändern?

Weil die Zahl der Neuinfektionen stark zugenommen habe und die Krankenhäuser stark ausgelastet seien. Zu dieser „besorgniserregenden Dynamik“ hätten vor allem Reiserückkehrer beigetragen, teilt der Bundesrat mit. „Eine hohe Zahl“ der Krankenhauspatienten hätten sich laut aktueller Daten vor der Rückkehr im Ausland angesteckt. Deshalb soll auch bei der Einreise künftig die 3-G-Regel gelten.

Die Regierung schlägt zwei Varianten zur Umsetzung vor, unabhängig vom Ursprungsland oder Verkehrsmittel. Beide sehen Tests für alle vor, die nicht geimpft oder genesen sind. Erlaubt sind Antigen-Schnelltests und PCR-Tests.

Welche Varianten sind das?

Eine lockerere Variante setzt auf zwei negative Tests. Der erste müsste vor der Abreise stattfinden und bei der Einreise gezeigt werden. Ein zweiter Test hat vier bis sieben Tage später in der Schweiz zu erfolgen. Dort müssten Getestete ab 1. Oktober dafür selbst bezahlen.

Eine strengere zweite Variante setzt auf eine Kombination aus Negativtest bei der Einreise und anschließender Quarantäne von zehn Tagen. Von dieser könnte man sich nach sieben Tagen freitesten, auch dies muss selbst bezahlt werden. Ein Recht auf Entschädigung durch den Arbeitgeber durch die Quarantäne gäbe es nicht.

Bei beiden Möglichkeiten muss ein elektronisches Einreiseformular ausgefüllt werden, wie es in Deutschland schon länger gebräuchlich ist. Der Bundesrat bewertet die erste Variante als praxistauglicher und weniger aufwendig für die Kantone, die zweite als wirkungsvoller beim Infektionsschutz.

Sind berufliche Grenzgänger ausgenommen?

Ja, sofern ein „entsprechender Nachweis“ für den Grenzgänger-Status (Ausweis G) vorgezeigt werden kann. Die Ausnahme gilt sowohl für Tests und/ oder Quarantäne wie für die Vorlage des elektronischen Einreiseformulars.

Nicht ausgenommen sind alle anderen beruflich in die Schweiz reisenden Personen. Die Regierung geht erstens davon aus, dass diese sich impfen lassen konnten und befürchtet bei einer Ausnahme außerdem die Gefahr von Missbrauch.

Wer fällt noch unter die Ausnahmen?

Kinder unter 16 Jahren. Auch Personen, die das Land lediglich ohne Zwischenhalt durchqueren, sind befreit. Dasselbe gilt für jeden, der aus medizinischen Gründen nicht getestet werden kann. Das betrifft unter anderem Menschen mit Behinderung und muss ärztlich attestiert sein. Auch der Transport in die Schweiz aus „wichtigen medizinischen Gründen„ wäre ohne Test möglich.

Der Bund würde den Kantonen „in begründeten Fällen“ weitere Ausnahmen ermöglichen, um Härtefälle zu vermeiden. Das könnten auch private Gründe sein, der Bund nennt als Beispiel die Einreise zum Besuch sterbender Angehöriger.

Einkaufstourismus soll nicht von der 3-G-Regel ausgenommen werden. Das Bild dieses Einkaufswagen wurde auf einem Waldshuter ...
Einkaufstourismus soll nicht von der 3-G-Regel ausgenommen werden. Das Bild dieses Einkaufswagen wurde auf einem Waldshuter Kaufland-Parkplatz aufgenommen. | Bild: Katharina Schlegel

Müssten sich Einkaufstouristen testen lassen?

Ja, der Bund erklärt: Der Ausnahmekatalog sei mit Blick auf den Aufwand der Kontrollen bei der Einreise „so eng eingeschränkt wie möglich“.

Wie sieht es für Ausflügler und Touristen aus?

Auch für sie würde die 3-G-Regel gelten, die Vorschläge des Bundesrats unterscheiden vorerst nicht zwischen Schweizern und Personen aus dem Ausland. Das heißt: Wer künftig zum Wandern in die Schweiz will, muss geimpft oder genesen sein – andernfalls würden die neuen Einreiseregeln mit Tests und/ oder Quarantäne greifen.

Was ist mit den bisherigen Ausnahmen im Grenzverkehr?

Die Schweizer Pläne sehen keine grundsätzlichen Ausnahmen für Menschen aus der Grenzregion vor. Das ist hierzulande anders. Es gilt die 24-Stunden-Regelung weiterhin ohne Einschränkung. Das heißt: Menschen aus Deutschland dürfen ohne die Befürchtung von Auflagen im Inland – ob geimpft oder nicht – für einen Tag in die Schweiz reisen. Noch geklärt werden muss, was auf diese Personengruppe in der Schweiz zukäme.

Nach den deutschen Regeln dürfen auch Schweizer ohne Auflagen einreisen, wenn sie nicht länger als 24 Stunden in Deutschland bleiben. Auf diese Ausnahme hätten die neuen Schweizer Regeln keinen Einfluss.

Wer kontrolliert die Einhaltung der Maßnahmen?

Das Einreiseformular und der erste Negativtest werden bei der Einreise kontrolliert. Bei Flug- oder Fernbusreisen sollen die jeweiligen Gesellschaften zur Kontrolle vor der Abreise verpflichtet werden. Für den Zugverkehr würde das nicht gelten.

Der zweite Test beziehungsweise die Einhaltung der Quarantäne bei der zweiten Variante wäre laut Bund „stichprobenartig“ von den Kantonen zu kontrollieren. Die zweiten Tests sollen von den Getesteten online übermittelt werden können.

Wird jeder beim Grenzübertritt angehalten und kontrolliert?

Nein. Dass das nicht möglich wäre, weiß auch der Bund angesichts von zwei Millionen Menschen und einer Million Fahrzeuge, die täglich die Schweizer Grenze passieren. Allerdings sollen mehr risikoorientierte Kontrollen stattfinden als bislang.

Risikoorientiert bedeutet in dem Fall: keine systematischen Kontrollen am Zollübergang, keine Grenzschließung, sondern Kontrollen dort, wo das Risiko auf Verstöße am höchsten ist.

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Was kosten Verstöße?

200 Franken (rund 180 Euro). Bußgelder werden fällig für Personen, die bei der Einreise kein negatives Testergebnis haben und bei Variante 1 das zweite Testergebnis nicht binnen sieben Tagen an den Kanton übermittelt.

Ein gefälschtes Testergebnis hätte mehr als ein Bußgeld zur Folge. Es handelt sich laut Bund dann um eine Ausweisfälschung, die mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann.

Ab wann sollen die Regeln gelten?

Voraussichtlich ab Montag, 20. September. Entscheiden will der Bundesrat voraussichtlich drei Tage eher. Befristet ist die Verordnung vorerst bis 24. Januar 2022. Der Bundesrat nannte als Zeitraum: „Solange es die epidemologische Lage erfordert.“

Welchen Spielraum haben die Kantone?

Im Schweizer Epidemiegesetz ist festgelegt, dass der Bund die Kantone bei Fragen zur Pandemie anhört, bevor er Maßnahmen anordnet. Sie haben nun bis 14. September Zeit, sich zu den beiden vorgeschlagenen Varianten zu äußern.

Wie reagieren Vertreter aus der Ostschweiz auf die Pläne?

Abwartend. Die Ostschweizer Regierungskonferenz (Zusammenschluss der Kantone Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Sankt Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Graubünden und Zürich sowie dem Fürstentum Liechtenstein) etwa lässt mitteilen, man möchte der Entscheidung der Regierung nicht vorgreifen.

Die einzelnen kantonalen Regierungen wollen sich auf Anfrage ebenfalls erst äußern, wenn darüber beraten wurde. Der Sprecher des Aargauer Regierungsrats lässt allerdings mitteilen, dieser widme den Aspekten Grenzgänger und grenzüberschreitender Austausch „einen sehr hohen Stellenwert“, was dem Bund mehrfach mitgeteilt worden sei. Ähnlich äußert sich der Regierungssprecher aus Basel-Landschaft: „Die Region ist darauf angewiesen, dass der Grenzgänger-Verkehr auch mit Corona-Maßnahmen funktionieren muss.“

Welche Reaktionen gibt es aus Deutschland?

Reaktionen gibt es auch von den regionalen Bundestagsabgeordneten im Wahlkampf. Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD, Waldshut) äußert auf Anfrage Verständnis für die Pläne der Schweiz. Sie seien vergleichbar mit den deutschen Vorgaben. Die Kontrolle der 3-G-Regel bei der Einreise sei folgerichtig. Allerdings müssten für „Grenzpendler und für Tagesreisende alltagsverträgliche Ausnahmeregelungen gefunden werden“, erklärt sie.

Die CDU-Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz) und Felix Schreiner (Waldshut) äußern sich gemeinsam. Sie verweisen auf die bei der Einreise von deutschen Reiserückkehrern geltende Ausnahme im Rahmen der 24-Stunden-Regelung. „Wir setzen darauf, dass die Schweiz einen vergleichbaren Weg findet“. Neue harte Hürden im Grenzverkehr dürfe es bei allen notwendigen Kontrollen nicht geben.

Klaus-Dieter Schnell, Geschäftsführer der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK), hält die Reaktionen aus der Schweiz im Grundsatz für nachvollziehbar. Aus Sicht des länderübergreifenden Interessensverbandes müsse die Bodenseeregion in der Pandemie allerdings „als funktionelle Einheit gesehen werden“, sagt Schnell.

Entsprechend hofft er auf das Einwirken der Grenzkantone beim Schweizer Bundesrat, doch noch mehr Ausnahmen zuzulassen als zunächst vorgesehen, etwa für Besuche oder Einkaufsfahrten. Ansonsten müssten ungeimpfte oder nicht-genesene Personen bei der Einreise ins Nachbarland mehr Aufwand und Kosten auf sich nehmen – oder sich eben doch impfen lassen.