Am Tag nach dem spektakulären Fund einer menschlichen Leiche im Garten des letzten Wohnorts von Jan Heisig drängt sich nicht nur den Angehörigen vor allem eine Frage auf: Warum hat die Polizei den Leichnam nicht schon 2019 entdeckt, als man auf dem Grundstück schon mal gegraben hatte?

Warum hat man nach dem Fund eines toten Hasen, eingewickelt in rosafarbenen Teppich aus dem Schlafzimmer des Vermissten, nicht den ganzen, etwa 300 Quadratmeter großen Garten umgegraben?

Polizei: Ermittlungen führten in andere Richtungen

Marcel Ferraro, Sprecher des Präsidiums in Konstanz, erklärt dazu, dass die Ermittler damals überall dort gegraben hatte, wo es Hinweise gab – und auch dort, wo die Spürhunde angeschlagen haben.

Man habe in der Nähe des tatsächlichen Fundorts auch gesucht. An anderen Stellen habe man unter anderem aufgrund der Bodenbeschaffenheit von Grabungen abgesehen.

Leichnam lag tief und „sehr gut verpackt“

Später hätten die Ermittlungen in andere Richtungen geführt, weshalb die Polizei unter anderem in Krefeld weiter nach dem Leichnam suchte. Der Leichnam selbst sei „sehr, sehr gut verpackt“ gewesen, was es den Hunden wohl unmöglich machte, das Grab zu entdecken.

Außerdem sei der Leichnam auch sehr tief vergraben gewesen, was die Suche weiter erschwert haben könnte. Es handelte sich dabei aber nicht um jene Stelle, wo man den toten Hasen entdeckte. Weitere Details könne die Polizei aufgrund des laufenden Verfahrens nicht verraten.

Mit schwerem Gerät rückte die Polizei an. In dem Lkw befand sich das Werkzeug für die Grabung.
Mit schwerem Gerät rückte die Polizei an. In dem Lkw befand sich das Werkzeug für die Grabung. | Bild: Durain

Der Leichnam lag in einer Tiefe von 1,80 Metern. Nach SÜDKURIER-Informationen soll die Verpackung des Leichnams den Verwesungsprozess verlangsamt haben.

Angehörige „extrem erschrocken“

Ob es sich bei dem Leichnam um Jan Heisig handelt, wird derzeit in der Rechtsmedizin in Freiburg geklärt. Wann ein Ergebnis vorliegen werde, sei unklar, sagte eine Gerichtssprecherin. Ihr zufolge handelt es sich bei der Leiche augenscheinlich um einen Mann.

Eine Angehörige des wohl toten Jan Heisigs ist sich auch ohne den ausstehenden DNA-Beweis sicher, dass es sich bei dem gefundenen Leichnam um den Vermissten handelt – wer sonst solle es sein. Die Frau verfolgt die Berichterstattung aufmerksam, der SÜDKURIER steht mit ihr in Kontakt.

Sie sei „extrem erschrocken“ am Mittwoch, als sie erfuhr, dass ausgerechnet im Haus in Hemmenhofen ein Bagger den Garten umgrub. Auch nach dem Verschwinden des Mannes war sie in dem Haus und konnte ja nicht ahnen, dass er so wenige Meter entfernt liegen könnte. Sie freue sich aber auch, denn eine Leiche kann man auch beerdigen – und Abschied nehmen.

Außerdem möchte die Frau nach der Einlassung des Angeklagten klarstellen: Jan Heisig sei nie aggressiv gewesen, er habe sich sicher nicht an seiner Halbschwester vergangen. Die Halbschwester sei aus freien Stücken von Zuhause abgehauen. Sie habe auch losen Kontakt zu ihm gehalten. Die Angehörige hoffe daher sehr, dass auch die Halbschwester bald vor einem Gericht angeklagt wird.

Wechselnde Zuständigkeiten, viele Suchaktion

In dem Fall ging die Polizei schnell davon aus, dass es sich um ein Verbrechen handelte und der Vermisste wohl tot ist. Zwar gerieten Mike W. und die Halbschwester schnell in Verdacht. Als sie Ende Juli mit dem alten Mercedes-Cabrio Heisigs bei einer Polizeikontrolle in NRW festgenommen wurden, kamen sie schnell in Untersuchungshaft.

Jan Heisig wurde nur 51 Jahre alt. Er lebte auf der Halbinsel Höri. Hier suchte die Polizei viele Male mit vielen Kräften nach seinem ...
Jan Heisig wurde nur 51 Jahre alt. Er lebte auf der Halbinsel Höri. Hier suchte die Polizei viele Male mit vielen Kräften nach seinem Leichnam. | Bild: SK-Collage/rla/Mende/privat

Die Schwester des Vermissten wurde nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts in Stuttgart zuerst wieder entlassen. „Wie es zu diesem Tod gekommen ist und ob die Frau daran unmittelbar beteiligt war, kann man nicht mit Gewissheit sagen“, teilte ein Sprecher des Gerichts damals mit. Mike W. saß länger ein, weil er noch eine andere Strafe zu verbüßen hatte. Später kam auch er frei.

Den Leichnam zu finden, war für die Ermittler der Sonderkommission Hase, die zuerst in Friedrichshafen angesiedelt war, bevor die Zuständigkeit an die Kripo in Rottweil übertragen wurde, von entscheidender Bedeutung. Mehrere Suchaktionen auf der Höri und in Krefeld verliefen aber ergebnislos.

Durchbruch im Sommer 2024

Die Staatsanwaltschaft Konstanz bot einst 3000 Euro für Hinweise, bevor sie im Sommer Anklage gegen Mike W. erhob. Am 6. Juni verhaftete ihn ein SEK erneut, nachdem er verdeckten Ermittlern angeblich Täterwissen verraten hatte.

Diesen verdeckten Ermittlern gegenüber soll er auch erklärt haben, wie Jan Heisig zu Tode gekommen sei und wie er die Leiche angeblich mithilfe einer chemischen Reaktion vernichtet hätte. Das bestätigte die Leiterin der Ermittler vom LKA im Prozess. Ebenso, dass bei dem Einsatz auch Geld an die Beschuldigten geflossen ist.

Mike W. hatte den Einsatz der verdeckten Ermittler aber eigener Aussage nach schnell erkannt – und diesen eine frei erfundene Geschichte erzählt. Angeklagt wird Mike W. seit dem 11. Oktober von der vierten Strafkammer des Landgerichts Konstanz. Er soll Jan Heisig am Abend des 2. Juni 2019 tödlich attackiert haben. Am kommenden Dienstag wird der Prozess gegen ihn fortgesetzt.