Es dürfte schwer werden, das Motto der Rottweiler Fasnet – „Jedem zur Freud und niemand zu Leid“ – an diesem Wochenende durchgängig einzuhalten. Der ältesten Stadt Baden-Württembergs stehen am Samstag und Sonntag zwei Großkampftage mit massivem Polizeiaufgebot und weiträumigen Straßensperrungen bevor.

Denn die baden-württembergische AfD trifft sich zu ihrem zweitägigen Landesparteitag in der Stadthalle – auch ohne die Massenproteste der vergangenen Wochen, die sich vielfach auch gegen die AfD richteten, wäre dies eine Veranstaltung mit Konfliktpotenzial, nun ist sie es erst recht.

Gesamter Landesvorstand der AfD könnte kippen

Denn es sind weitere Kundgebungen, Protest-Demonstrationen und Veranstaltungen angemeldet. Eine davon soll unmittelbar neben der Stadthalle stattfinden.

Allerdings könnte es nicht nur draußen Krawall geben, sondern auch drinnen. Denn der Parteitag ist ein vorgezogener, außerordentlicher Parteitag, bei dem der gesamte Landesvorstand kippen könnte. Dafür sorgen zwei Lager unter den Mitgliedern und Mandatsträgern, die sich erbittert gegenüberstehen.

Eine Wiederwahl der beiden amtierenden Landesvorsitzenden Emil Sänze und Markus Frohnmaier, der eine Landtags-, der andere Bundestagsabgeordneter, und beide Unterstützer der Bundesspitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla, ist keineswegs sicher.

Denn mindestens sieben der 13 Mitglieder des Landesvorstands sammelten im Vorfeld ihre Truppen, um das Führungsduo Sänze/Frohnmaier abzuwählen. Im Hintergrund schwelt seit langem ein Streit um eine Immobilie in Ludwigsburg, die dem dortigen Kreisverband vererbt worden war.

Menschen nehmen im Januar an der Demonstration gegen rechts in Mannheim teil. Auch für den Landesparteitag der AfD in Rottweil haben ...
Menschen nehmen im Januar an der Demonstration gegen rechts in Mannheim teil. Auch für den Landesparteitag der AfD in Rottweil haben sich mehrere Kundgebungen angekündigt. | Bild: Rene Priebe/dpa

Den amtierenden Landesvorsitzenden wurde von ihren Gegnern über die Presse vorgeworfen, die Immobilie unter intransparenten Umständen entgegen der Absprachen verkauft zu haben, ein Gerichtsverfahren dazu ist anhängig. „Diese Seite sollte damit aufhören, zu verbreiten, dass mit dieser Erbschaft etwas nicht koscher gewesen sei“, wies Sänze die Vorwürfe erneut zurück, „das wird künstlich aufgebauscht“.

Sänze und Frohnmaier wiederum, die beide erneut zu Wahl antreten, wollen ihre Gegner aus dem Landesvorstand befördern und am liebsten den Rücktritt des gesamten Gremiums erzwingen, um in einer Neuwahl ein Vorstandsteam um sich zu haben, das geschlossen hinter der Landes- und Bundesspitze steht.

AfD-Führungsduo will Ruhe in Landespartei bringen

Das Führungsduo hatte selbst erst im Juli 2022 bei einem ebenso von Streit geprägten Parteitag gegeneinander kandidiert, und war dann als Notlösung am Ende als gerade so noch mehrheitsfähige Doppelspitze ins Amt gekommen. Seitdem mühen sie sich, Ruhe in die zerstrittene Landespartei zu bringen.

22 der 37 Kreisvorstände haben sie dabei offenbar hinter sich, diese erzwangen den außerordentlichen Parteitag. „Die Situation ist ganz einfach“, sagte Frohnmaier im Vorfeld, „ein Teil unseres Gremiums hat eine andere Vorstellung davon, wie die AfD im Land wirken sollte. Wir sind der Meinung, dass wir unsere Bundesvorsitzenden unterstützen und ihnen den Rücken freihalten sollten. Andere sind das nicht.“

Ein Gegner des Führungsduos hat sich schon öffentlich positioniert: Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel, Vorvorgänger von Sänze/Frohnmaier an der Landesspitze, hat seine Partei via „Stuttgarter Zeitung“ wissen lassen, dass er für einen personellen Neuanfang bereitstehe.

Das könnte Sie auch interessieren

„Das ist keine Neuerung“, kommentierte Sänze, „Spaniel steht ja immer zur Verfügung, egal für welches Amt. Er ist ein Wiedergänger. Seit sechs Jahren versucht er immer wieder, an die Spitze zu kommen. Das ist ihm nicht gelungen.“

Welches Lager nun für Rottweil die meisten Mitglieder mobilisieren kann, war im Vorfeld völlig offen. Die Parteitage der AfD sind Mitgliederparteitage. Theoretisch könnte jedes der aktuell laut Sänze 5149 Mitglieder der baden-württembergischen AfD kommen, um mit abzustimmen.

Die Rottweiler Stadthalle fasst 1000 Besucher. Der Presse wurde daher schon einmal vorsorglich mitgeteilt, dass sie eventuell aus Platzgründen keinen Zutritt zur Halle bekommen könne. Eine Berichterstattung soll aber dennoch sichergestellt sein – vorausgesetzt, der Parteitag lehnt den bereits vorliegenden Antrag, die Presse ganz auszuschließen, ab.