Der zweite Prozesstag am Konstanzer Landgericht um die vermisste Jasmin M. hat neue Erkenntnisse über die Anstrengungen der Polizei bei der Suche nach jungen Frau geliefert. Sogar von der französischen Côte d‘Azur wurde ein Sonargerät an den Bodensee geordert, um das Wasser abzusuchen. Von einem der „größten Einsätze“ seiner Laufbahn sprach denn auch ein 58-jähriger Kriminalpolizist im Zeugenstand – er hatte die Suchaktionen koordiniert.
Ob dabei noch mehr möglich gewesen wäre, will die Verteidigerin der Nebenklage wissen. „Es wurde alles abgesucht, was wir für relevant halten“, sagt der Beamte dazu. Heißt: Auch mit mehr Geld oder Einsatzkräften wäre nicht mehr möglich gewesen. Und so fehlt auch neun Monate nach ihrem Verschwinden jede Spur von Jasmin M.
Hass auf Jasmin M.
Der erste Verhandlungstag Mitte November hatte neben dem Angeklagten Robert S. unerwartet eine zweite Figur auf den Plan gerufen: Dessen Ex-Partnerin – sie trägt noch seinen Namen – hatte unmittelbar nach Jasmin M.s Verschwinden plötzlich wieder regen Kontakt mit S. Zu ihr gibt es am zweiten Prozesstag aber nur ein neues Detail: Sie soll „einen Hass“ auf Jasmin M. gehabt haben, berichtet ein als Zeuge geladener Polizist; sie machte sie für das Scheitern der Ehe verantwortlich. Der 43-jähirge Robert S. ist unter anderem der Körperverletzung mit Todesfolge an Jasmin M. angeklagt, außerdem soll er ihr nachgestellt haben.
Im Mittelpunkt der Vernehmungen stehen an diesem Montag aber die Beamten, die als erste vor Ort waren, nachdem Jasmin M. vermisst gemeldet worden war. Die die ersten Gespräche mit ihrem Ex-Freund Robert S. führten, als er noch nicht als Beschuldigter galt.
Auffälligkeiten im ersten Gespräch mit Robert S.
Dieses erste Gespräch, so gibt einer der Polizisten zu Protokoll, sei ganz normal verlaufen, auffällig höchstens, dass S. ganz ruhig reagiert habe, als er von Jasmin M.s Fehlen erfuhr. Das darf insofern als verwunderlich gelten, als S. im weiteren Verlauf gesagt habe, sie seien wieder ein Paar – da würde man sich ja Sorgen machen um die vermisste Partnerin; vor allem wenn man ihren Verbleib sonst minutiös verfolgt, wie es der 43-Jährige mitsamt GPS-Ortung getan hat.
Außerdem bemerkenswert: Er habe Robert S. gefragt, ob er die App „Snapchat“ benutze, so der Polizist. Damit könne man nämlich den Standort von Freunden auf einer Karte anzeigen. Er habe gehofft, so vielleicht einen Hinweis auf den Verbleib von Jasmin M. gewinnen zu können. S. habe erst gesagt, er kenne die App nicht, auf Drängen des Beamten aber doch zugegeben, sie zu nutzen. Der gemeinsame Blick auf die Karte ergab aber: nichts.
Die Frage nach dem Wohnungsschlüssel
Robert S. schließt später in Anwesenheit der Polizei die Wohnung von Jasmin M. in Eigeltingen-Heudorf auf, mit seinem eigenen Schlüssel, so berichten es mehrere Zeugen. Den habe er als Vertrauensbeweis gesehen, nachdem M. ihm den Zugang zu ihrer Wohnung zwischenzeitlich verweigert, die Schlüssel zurückgefordert hatte.
Was an diesem Verhandlungstag nicht zur Sprache kommt: Es gibt Zweifel daran, dass Jasmin M. ihm den Schlüssel gegeben hat. Sie hatte ihm in einer Kurznachricht geschrieben, es sei ihre Wohnung – sie wollte ihn dort nicht, so klingt der Text. Und die Polizei hat bei dem Angeklagten den Zahlungsbeleg eines Schlüsseldiensts gefunden, der von dem Tag datiert, nachdem M. ihre Schlüssel zurückgefordert hatte. Der Verdacht: S. hat sich in Folge dieser Nachricht selbstständig einen Schlüssel zu ihrer Wohnung nachmachen lassen.
Gewalt gegen Robert S.?
Die befragten Beamten zeichnen in der Vernehmung ansonsten das Bild eines ruhigen Zeugen Robert S., der ihnen jeweils eine schlüssige Geschichte erzählt habe. Redselig und kooperativ sei er gewesen. Er habe viel von den Schwierigkeiten in der Beziehung mit Jasmin M. gesprochen: Über psychische Probleme, sie habe Antidepressiva eingenommen. Über Gewalt gegen ihn, sie habe ihm bisweilen in die Hoden getreten oder geschlagen. Belege für diese Vorwürfe gab es im Prozess bisher nicht. S. wiederum, so gibt ein Polizist das Vernehmungsgespräch wieder, habe behauptet, nie gewalttätig gegen sie gewesen zu sein.
Das passt allerdings nicht nur Erzählungen von Jasmin M.s Mutter, die der Polizei von einem blauen Auge berichtete, oder zu den Aussagen des Arbeitgebers der beiden, sie sei häufiger mal mit blauen Flecken zur Arbeit gekommen – so häufig, dass er Robert S. versetzen ließ.
Der Beschuldigte Robert S. äußert sich weiter nicht. So bleibt von diesem Prozesstag vor allem eine Beobachtung zweier Polizisten vom ersten Gespräch mit S. kurz nach Jasmins Verschwinden hängen: Da habe er schon in der Vergangenheitsform von ihr gesprochen.