Es ist eine der größten Baustellen der Schweiz. Anfang November soll nun der „Circle“ (deutsch: Kreis) öffnen, nur dreieinhalb Jahre nach der Grundsteinlegung. Und das Vorhaben ist imposant: Hinter einer sichelförmigen Glasfassade stehen direkt neben dem Hauptgebäude des Flughafens im Zürcher Stadtteil Kloten 180 000 Quadratmeter Büro- und Geschäftsräume zur Verfügung.
Im Innern finden sich neben dem neuen Gesundheitszentrum des Universitätsspitals Zürich auch elegante Shops, noble Restaurants und Hotels sowie das Zürcher Luxuswarenhaus Jemoli.

„Aufgrund von Corona gibt es einzelne Verzögerungen für die Eröffnung. Aber am 5. November eröffnen das Hotel Hyatt Regency, der Park sowie alle Shops und Restaurants“, sagt Raffaela Stelzer, Mediensprecherin des „Circle“. Inzwischen seien auch gut 80 Prozent aller Flächen vermietet. Ein Erfolg für die Investoren, nachdem anfangs Bedenken laut wurden, ob es überhaupt so viele Interessenten gäbe.
Dort herrscht nach wie vor Zuversicht, dass das Großprojekt trotz Corona-Krise und den Folgen für den Flugverkehr ein voller Erfolg wird. „Wir bauen klar für Nachbarn und Mitarbeiter“, erklärt Raffaela Stelzer gegenüber dem SÜDKURIER. „Bei einer Vollvermietung arbeiten im ‚Circle‘ allein 6500 Menschen.“ Auch das Universitätsspital Zürich versorgt bereits rund 1000 Patienten. „Das ist eine wichtige Zielgruppe für uns.“

1,2 Milliarden Schweizer Franken hat das prestigeträchtige Bauwerk nach Angaben Stelzers gekostet. Damit lagen die Investoren im Budgetplan, und auch zeitlich waren die Bauarbeiten – verglichen mit deutschen Großprojekten – geradezu punktgenau. Man könnte also von Schweizer Präzision sprechen, wenn sich nicht so kurz vor der Eröffnung noch ein heftiger Streit an einer scheinbar nachrangigen Frage entzünden würde: Ob die Geschäfte im „Circle“ denn auch Sonntags öffnen werden.
Shops gehen von der Sonntagsöffnung aus
In einer Stellenanzeige suchte unlängst das große Warenhaus einen Verkaufsberater für sein Geschäft im „Circle“, es stehe „an keinem der 365 Tagen im Jahr still“, heißt es da in der Annonce, wie die Aargauer Zeitung herausfand. Doch der Sonntagsverkauf war bislang offenbar nicht abschließend geregelt, nachdem es schon vor einem halben Jahr eine öffentliche Debatte darüber gegeben hatte.
Für den Flughafen ist die Sache klar. Denn aus Sicht der Investoren sind Flughafen und „Circle“ eine Einheit, in der Geschäfte an Sonntagen grundsätzlich geöffnet haben, wie eine Sprecherin erklärt.
Doch das sieht nicht jeder so. Für die Dienstleistungs-Gewerkschaft Unia erklärt Lorenz Keller: „Die Läden müssen am Sonntag zu bleiben“. Und er begründet dies gegenüber der Aargauer Zeitung so: „Er steht neben dem Flughafenareal. Mit dieser Logik könnte man sonst sagen, die Zürcher Bahnhofstrasse sei Teil des Hauptbahnhofes.“
Der Gewerkschafter sieht sich auch durch einen Gerichtsbeschluss bestätigt, der bereits im Februar einem Laden in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs die Öffnung am Sonntag verweigerte. Dessen Inhaber hatte mit genau jener Nähe zum Bahnhof argumentiert, was das Gericht laut Keller nicht akzeptierte. Die Gewerkschaft will jetzt erst einmal abwarten, bis die zuständige kantonale Behörde der Stadt Zürich entscheiden wird. Sollte der Entscheid positiv ausgehen, so droht die Gewerkschaft mit einer Klage.
Die Mieter scheinen vor der Öffnung bereits vom Sonntagsbetrieb ausgegangen zu sein. In Schweizer Medien wird indessen spekuliert, ob einzelne Geschäfte eine Verringerung der Mietzahlungen verlangen würden, für den Fall, dass sie ihre Geschäfte sonntags nicht öffnen dürfen. Zurückhaltend reagiert der Investor auf die Frage, ob es womöglich Druck von einzelnen Mietern gegeben habe, dass sie sich aus dem Immobilienkomplex zurückzögen, für den Fall dass es keine Sonntagsöffnung geben würde. Dazu Raffaela Stelzer: „Wir kommunizieren Gespräche über Verträge nicht öffentlich.“