Auf ihrer Seite in einem sozialen Netzwerk scheint die Zeit seit drei Monaten stehen geblieben zu sein. Immer noch lächelt das neugeborene Enkelkind von Geta E. aus dem runden Kreis ihres Profilfotos – ganz so, als sei nichts geschehen. „Mögest Du leben und Dein Leben nur mit Freude erfüllen“, kommentierte eine Freundin unter dem Babybild.

Die stolze Oma hatte das Bild ihres jüngsten Enkels am 12. Juli hochgeladen, zwei Tage bevor der mutmaßliche Täter – ihr 46-jähriger Ex-Freund Adrian „Adi“ P. – die 49-jährige Erntehelferin und dreifache Mutter vor ihrer Mietwohnung auf der Reichenau mit mehreren Messerstichen tödlich verletzt hat. Nach der Tat legte P. seine Ex-Partnerin auf die Rückbank seines Autos und fuhr mit ihrem Leichnam etwa 30 Kilometer bis zur Autobahnausfahrt Engen.
Schockierende Aufnahmen online gestellt
Am Weg soll er Fotos seiner getöteten Ex in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht und anschließend auch ein selbst gedrehtes Video versandt haben, das zeigt, wie er sich lebensgefährliche Verletzungen mit der Tatwaffe zufügt. Diese schockierenden Bilder sollen einige Arbeitskollegen des Reichenauer Erntehelfers sowie sein in München lebender Sohn gesehen und die Polizei informiert haben.
Vor kurzem hat die Staatsanwaltschaft Konstanz wegen Totschlags Anklage geben Adrian P. erhoben, wie Sprecher Andreas Mathy auf Anfrage bestätigt. Die zuständige Staatsanwältin dürfte beim laut SÜDKURIER-Informationen geplanten Prozessbeginn am 12. Januar – welcher noch nicht offiziell bestätigt ist – einen Antrag auf lebenslange Sicherheitsverwahrung einbringen. Hintergrund dafür ist, dass Adrian P. nicht zum ersten Mal einen Menschen getötet haben soll.
Drei Jahre und vier Monate abgesessen
2014 hat der damals 39-Jährige in seiner osteuropäischen Heimat einen Mann erstochen. Ein Gericht verurteilte Adrian P. damals wegen Totschlags zu sechs Jahren Gefängnis, von denen er jedoch nur drei Jahre und vier Monate absitzen musste, wie die Staatsanwaltschaft Konstanz auf Anfrage bestätigt. „Ein neuer Minister hat damals viele Straftäter einfach freigelassen“, sagt eine Landsfrau von „Adi“ P., die ihn gut kennt und als „nett und freundlich“ beschreibt – zumindest bei der Arbeit als Erntehelfer. „Man kann in Menschen einfach nicht hineinschauen“, sagt sie dem SÜDKURIER.

Für den Radolfzeller Rechtsanwalt Björn Bilidt, der Adrian P. verteidigen wird, sind beide Tötungen nicht miteinander vergleichbar. „Das hatte damals einen ganz anderen Hintergrund. Ich will nicht von Notwehr sprechen, aber mein Mandant hat in dem zurückliegenden Fall nicht von sich aus jemanden attackiert“, sagt Bilidt. Adrian P. habe sich bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Messer gewehrt. Dabei sei ein Mann zu Tode gekommen. „Stand jetzt gehe ich davon aus, dass der Antrag auf Sicherheitsverwahrung nicht durchgehen wird und wir nachweisen können, dass keine Allgemeingefährlichkeit des Angeklagten besteht“, sagt Verteidiger Bilidt. Körperlich habe sich sein Mandant von den schweren Verletzungen wieder erholt. „Aber er ist psychisch in einer schwierigen Verfassung, es geht ihm nicht gut“, sagt der Anwalt.
Streitereien um Geld und Sohn
Kennengelernt hat sich das frühere Liebespaar Adrian P. und Geta E., wie der SÜDKURIER berichtet hat, über das Internet. Damals wohnte Geta E. noch mit ihrem Sohn in Spanien, wo die Osteuropäerin ebenfalls als Erntehelferin arbeitete. Eine Freundin und Vertraute von ihr erinnerte sich an den ersten Besuch der 49-Jährigen auf der Insel Reichenau: „Dann, vor etwa einem Jahr, ist sie mit ihrem Sohn hierher gekommen und mit Adrian zusammengezogen.“

Weil beim Arbeitgeber des Paares wenig Platz war und nur männliche Erntehelfer untergebracht waren, fand die kleine Familie bei einem anderen Reichenauer Obst- und Gemüsebaubetrieb zwei Zimmer zur Miete. Doch das Zusammenleben war nicht immer harmonisch – anders als es ein Pärchenfoto mit zahlreichen Herzchen und einer roten Rose in einem sozialen Netzwerk vermuten lässt, welches der 46-Jährige noch im Februar veröffentlichte. Häufig soll es zu Streitereien um Geld und um den 16-jährigen Sohn des späteren Opfers gekommen sein. Auch Bedrohungen, sie zu schlagen und umzubringen habe es immer wieder gegeben, berichtete eine Freundin des Opfers.
Gewalt- und Morddrohungen
„Geta wollte sich schon sechs Wochen vor der Tat von Adrian trennen“, sagte die Vertraute der Getöteten. Doch der 46-Jährige habe versprochen, nie wieder etwas Böses zu sagen. Die 49-Jährige dürfte den Beteuerungen geglaubt und erweichen lassen haben. Doch schon wenige Tage später sei der 46-Jährige wieder in sein altes Muster mit Streitereien und Drohungen zurückgefallen.

Die Freundin habe Geta E. geraten, sich zuerst an ihren Arbeitgeber und dann an die Polizei zu wenden. Zwei Wochen vor der Bluttat verließ Adrian P. schließlich die gemeinsame Unterkunft und zog zurück in sein altes Quartier bei seinem Arbeitgeber. „Es dürfte sich viel Hass bei ihm aufgestaut haben“, sagte die Vertraute der Getöteten dem SÜDKURIER. Am 14. Juli kam es zu der folgenschweren Tat. Für Adrian P. gilt die Unschuldsvermutung.