Dort ein paar Fältchen wegspritzen und da etwas Fett abpumpen: Sich für die Schönheit unters Messer legen ist nicht nur bei Frauen beliebt. Die Zahl der Schönheitsoperationen nimmt auch bei Männern stetig zu. Waren es in den 1990er Jahren nur rund drei bis vier Prozent der Männer, so liege der Anteil der Schönheitseingriffe bei Männern mittlerweile bei weit über 20 Prozent, sagt Prof. Dr. Werner Mang. Doch warum legen sich immer mehr Männer dafür auf den OP-Tisch?
Mang, der in Lindau eine der bekanntesten Schönheitskliniken Deutschlands führt, sagt: „Männer sind heute bis ins hohe Alter fit.“ Und so wollen sie auch aussehen.
Denn wenn der Mann vital wie ein 40-Jähriger ist, solle auch das Äußere dazu passen, so die Erfahrung des Chirurgen: „Männer kommen aus zwei Gründen zu mir: Der Hauptgrund ist beruflich. Sie sind zum Beispiel Manager, Politiker oder Schauspieler und spüren den Konkurrenzdruck, durch einen jüngeren Mann ersetzt zu werden. Der zweite Grund ist ein privater, zum Beispiel eine jüngere Partnerin nach der ersten Scheidung.“
Haartransplantationen und Schlupflider: Männer lassen einiges an sich machen
Und gerade in einem Punkt unterscheiden sich Männer und Frauen. „Männer sind viel wehleidiger“, weiß der Chirurg. Sie seien schmerzempfindlicher und ängstlicher. „Mich eingeschlossen“, sagt Mang lachend. Das falle ihm besonders bei den Operationen mit den stationären Aufenthalten im Anschluss auf.
Es gibt zwei Phasen, in denen Männer zu ihm in die Praxis kommen, sagt Mang. Zum einen, wenn die Männer zwischen 20 und 30 Jahre alt seien. Dann ginge es vor allem um Nasenkorrekturen oder Haartransplantationen bei den beginnenden Geheimratsecken.
Ab etwa 50 Jahren kämen dann die Männer mit dem Wunsch nach Anti-Agging, also die Korrektur der Schlupflider und Tränensäcke. Und ab 60 Jahren geht es dann über in Fettabsaugungen an der Hüfte und kleineren Face-Liftings. „Durch solch eine OP kann man schon mal bis zu zehn Jahre jünger aussehen“, weiß der Experte.
Was die Eingriffe kosten
Schönheitsoperationen sind längst nicht mehr nur etwas für reiche Menschen. „Ästhetische Chirugie ist Mainstream geworden“, sagt Mang. Im Grund können sich solche Operationen heutzutage jeder leisten. Gerade aus diesem Grund appelliert Mang an seine Kollegen, eine noch bessere Aufklärung zu leisten. Dazu gehört eine gute Information im Vorfeld, auch welche Risiken mit dem Eingriff verbunden seien, und ein Kostenvoranschlag.
Dennoch seien die meisten männlichen Patienten aus dem gehobenen Mittelstand wie Ärzte, Unternehmer, Manager. Preislich beginnen die Behandlungen bei etwa 2000 Euro für die Korrektur der Schlupflieder, zuzüglich Nebenkosten für OP-Saal, Assistenz, Betreuung und Nachsorge. 40 Minuten dauere der Eingriff, bei dem über einen kleinen Schnitt in der Lidumschlagfalte überschüssige Haut und ein Teil des Fettes entfernt wird. Das ganze werde laut Mang häufig Ambulant erledigt. Nach acht Tagen sei der Patient wieder „beruflich und privat voll einsetzbar“, so Mang.
Corona löst Boom bei Schönheitsoperationen aus
Auch Haartransplantationen seien Ambulant möglich. Für größere Operationen wie Face-Liftings, die ab 8000 Euro zuzüglich Nebenkosten kosten, oder die Entfernung des Bauch- und Hüftfetts seien stationäre Aufenthalte meist unumgänglich. Da können auch die Regenerationszeiten bis zu zwei Wochen betragen.

Corona spielt der ästhetischen Chirurgie in die Hände. Mang spricht sogar von einem Boom: „Man sieht sich den ganzen Tag auf dem Bildschirm in Videokonferenzen. Da beschäftigt man sich ganz anders mit seinem eigenen Aussehen.“
Selbst seine Enkel würden ihm die ein oder andere Schönheitskorrektur mittlerweile beim Video-Gespräch vorschlagen, erzählt der Chirurg lachend. Und das, obwohl die Zeiten derzeit schwierig sind: Inflation, Krieg und Corona-Nachwirkungen belasten die Menschen, so Mang. Trotzdem betrage die Wartezeit auf einen Termin rund ein halbes Jahr. „Die Menschen investieren in sich selbst nach Schicksalsschlägen und solchen Einschränkungen“, sagt Mang.
Sixpack aus Silikonimplantaten kommt nicht in den OP
Jeden Trend korrigiert Mang allerdings auch nicht: Wer kommt und Silikonimplantate für den Sixpack möchte, den schickt er weg. Da sei Sport eher angebracht. „Wer einen gesunden Lebensstil hat, also eine gute Ernährung, Disziplin, Fleiß, einen Job der Spaß machen und Freizeit, der kann bereits viel für sich machen“, so Mang.
Das sollte immer der erste Schritt sein, wenn jemand sich selbst optimieren möchte. „Wen dann immer noch etwas stört, der soll es ändern“, sagt Mang und plädiert damit auch für einen offeneren Umgang mit der ästhetischen Chirurgie.
Nach wie vor sind Schönheitsoperationen ein Tabu-Thema in Europa. „Bei Männern noch mehr als bei Frauen“, so Mang. Vielleicht auch aus diesem Grund werde vor allem Wert auf ein natürliches Ergebnis gelegt. Der Patient möchte nach der Operation aussehen, als hätte es die Operation nie gegeben, so Mang – nur zehn bis 15 Jahre jünger.
Dabei seien weit über zwei Drittel der Eingriffe medizinisch begründet. Denn mit Schlupfliedern beispielsweise gehe gleichzeitig auch sehr oft eine Einschränkung beim Sehen einher. Nur ein Drittel der Operationen bei ihm in der Bodenseeklinik seien rein aus ästhetischen Gründen.
Und welchen Makel würde er gerne bei sich korrigieren lassen? Er sei ein Hypochonder und ängstlicher Mensch, sagt Mang sofort. „Aber wenn sie mich irgendwann stören, würde ich die Schlupflieder von meinem Oberarzt machen lassen“, gibt er zu.