Nachdem zuletzt die Lokführergewerkschaft GDL im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn rund fünf Tage lang den Bahnverkehr lahm gelegt hatte, rief wenig später die Gewerkschaft Verdi ab 2. Februar zu Streiks im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf. Nun erreicht die Streikwelle auch den Flugverkehr. Mehrere Flughäfen sind betroffen – darunter auch einer in Baden-Württemberg.
Streik an Flughäfen: Wann wird gestreikt?
Die Gewerkschaft Verdi hat für Donnerstag, den 1. Februar, an mehreren deutschen Verkehrsflughäfen die Beschäftigten in der Luftsicherheitsbranche, zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Zur Luftsicherheitsbranche zählen Beschäftigte, die in der Fluggastkontrolle, in der Personen- und Warenkontrolle, der Frachtkontrolle und in Servicebereichen tätig sind. Ohne sie ist ein normaler Flugbetrieb nicht möglich. Daher werden große Beeinträchtigungen des Flugverkehrs erwartet.
Welche Flughäfen sind betroffen?
Wie aus einer Pressemitteilung der Gewerkschaft Verdi hervorgeht, wird an elf Flughäfen in Deutschland gestreikt. Neben den Airports Hamburg, Bremen, Hannover, Berlin, Köln, Düsseldorf, Leipzig, Dresden, Erfurt und Frankfurt/Main ist auch der Flughafen der baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart betroffen. Für den Bodensee Airport in Friedrichshafen wurden hingegen keine Streiks angekündigt.
An den betroffenen Flughäfen müssen Reisende aufgrund der Streiks mit erheblichen Beeinträchtigungen sowie zahlreichen Flugausfällen rechnen. „Auch am Flughafen Stuttgart müssen Passagiere deshalb mit Beeinträchtigungen im Betrieb und mit Flugausfällen rechnen. Passagieren, die für Donnerstag einen Flug gebucht haben, wird empfohlen, den Status ihres Fluges zu checken“, heißt es in einer Pressemitteilung des Flughafen Stuttgart.

Welche Flüge fallen in Stuttgart aus?
Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge sind am Flughafen Stuttgart vor allem die Abflüge betroffen. Wegen des Warnstreikaufrufs der Gewerkschaft Verdi wird es am Donnerstag keine Abflüge geben. Alle rund 70 Starts wurden gestrichen, wie der Airport am Mittwoch mitteilte. Ursprünglich waren am Donnerstag am Flughafen der Landeshauptstadt 142 Flugbewegungen geplant. Betroffen seien schätzungsweise 15.000 Passagiere. Ihnen wird geraten, den Status ihres Fluges zu checken und sich mit ihrer Airline oder ihrem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen.
Warum wird gestreikt?
Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten unter anderem 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Das geht aus einer Pressemitteilung von Verdi hervor. Bislang konnten in den Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) keine Einigungen erzielt werden. Verdi verhandelt bundesweit für etwa 25.000 Branchenbeschäftigte. Die Tarifverhandlungen werden am 6. und 7. Februar fortgesetzt.
Welche Rechte haben Betroffene?
Bei streikbedingtem Flugausfall oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Fluggesellschaft Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten – etwa durch die Umbuchung auf einen anderen Flug. Das passiert oft automatisch. Oder die Airline bietet die Option an, das Ticket für innerdeutsche Flüge in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln.

Kommt die Airline nicht von selbst mit alternativen Reiseoptionen auf Betroffene zu, sollten diese eine Frist zur Beschaffung der Alternative setzen. Kommt die Airline der Aufforderung nicht nach, könnten Reisende selbst Ersatz beschaffen und die Kosten der Fluggesellschaft hinterher in Rechnung stellen. Tipp: Als angemessene Frist für die Airline setzen Reiserechtler hier zwei bis drei Stunden an.
Bekomme ich mein Geld zurück?
Wenn ein Flug ausfällt oder mehr als fünf Stunden Verspätung hat – womit am Donnerstag gerechnet werden muss – können Reisende das Ticket zurückgeben und ihr Geld zurückverlangen. Gutscheine müssen Betroffene nicht akzeptieren. Auch Bearbeitungsgebühren dürfen nicht von der Airline einbehalten werden. Verlangt man sein Geld zurück, ist man aber auch selbst dafür verantwortlich, wie man weiterkommt. Die Fluggesellschaft ist dann nicht mehr in der Pflicht für eine Ersatzbeförderung.
Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter in der Pflicht, sich um eine alternative Beförderung zu kümmern. Er ist auch für alle anderen Forderungen die erste Anlaufstelle.
Wer kommt für Verpflegung auf?
Bei einer Annullierung oder Flugverspätung ab zwei Stunden muss die Airline für Verpflegung mit Getränken und Snacks sorgen, etwa in Form von Gutscheinen für Restaurants am Airport. Verschiebt sich der Abflug auf den Folgetag, muss sich die Fluggesellschaft um eine Hotelübernachtung kümmern und auch den Transfer vom Flughafen dorthin und wieder zurück sicherstellen.
Können Passagiere mit Entschädigung rechnen?
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden am Zielort sowie kurzfristigen Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro pro Passagier vor. Ob Passagiere diese Gelder bei Flugproblemen infolge eines Warnstreiks einfordern können, hängt vereinfacht gesagt vor allem davon ab, wer da konkret streikt.
Streikt Flughafenpersonal, sind die Aussichten auf Entschädigungen eher schlecht – so wie in diesem Fall, bei dem die Belegschaften der privaten Sicherheitsunternehmen an den Airports zum Warnstreik aufgerufen sind. Anders kann der Fall liegen, wenn Mitarbeitende einer Fluggesellschaft streiken – wie kürzlich bei der Lufthansa-Tochter Discover.
Der Anspruch auf Ersatzbeförderung oder eben Rückerstattung der Ticketkosten besteht in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagieren auch eine Entschädigungszahlung zusteht.
Hier können Sie sich über ihre Rechte informieren
Im Detail können Passagiere ihre Rechte etwa auf der Website der Verbraucherzentralen nachlesen. Beim Prüfen von möglichen Ansprüchen kann die kostenfreie Flug-Ärger-App der Verbraucherzentrale NRW helfen. Das Europäische Verbraucherzentrum bietet online ein Selbsthilfe-Tool bei Flugproblemen.
Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) hat auf ihrer Website wichtige Fluggastrechte auf einen Blick zusammengefasst – an die Söp kann man sich zudem kostenfrei mit einem Schlichtungsantrag wenden, falls es bei Erstattungsfragen Zwist mit der Airline gibt oder diese sich nicht meldet. (dpa/sk)