Es ist Sommer, in vielen Bundesländern sind die Sommerferien in vollem Gange – und die Menschen zieht es zum urlauben ins Ausland, auch nach Kroatien. In Corona-Zeiten bleibt das nicht ohne Folgen: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gehört das Land mit 260 übermittelten Fällen zwischen Mitte Juni und Anfang August zu den am häufigsten genannten Infektionsländern, in denen sich die Deutsche angesteckt haben.

Jüngst kam es in Stuttgart und im Kreis Göppingen zu dutzenden Neuinfektionen, nachdem Personen aus der kroatischen Partyhochburg Novalja zurückgekehrt waren. Ein Sprecher der Stadt Stuttgart sagte sogar, im Gesundheitsamt fühle man sich an den österreichischen Ort Ischgl erinnert. Die Region war im Frühjahr ebenfalls nicht als Risikogebiet klassifiziert worden, viele Reisende infizierten sich dort.

Novalja in Kroatien im Jahr 2016: Unter freiem Himmel wird gefeiert.
Novalja in Kroatien im Jahr 2016: Unter freiem Himmel wird gefeiert. | Bild: Dalibor Urukalovic/PIXSELL

Ebenso sollen sich mehrere Personen aus Hamburg in einer Bar im dalmatinischen Makarska mit dem Coronavirus angesteckt haben, wie eine ebenfalls erkrankte Bekannte aus der Schweiz der Tageszeitung „Blick“ erzählte. Und auch in Kroatien selbst steigen die Zahlen: Am Donnerstag wurden in dem Vier-Millionen-Einwohner-Land 180 Neuansteckungen innerhalb von 24 Stunden registriert – das war der höchste Tageswert, der seit Beginn der Pandemie in dem Land gemeldet wurde. Am Freitag wurde dieser Wert mit 208 Neuinfektionen nochmals übertroffen. Besonders betroffen ist dabei die Adriaregion Split-Dalmatien, hier kommen auf 100.000 Einwohner 50 aktive Fälle.

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Trotzdem kein Risikogebiet

Dennoch wird Kroatien derzeit vom Bundesgesundheitsministerium, Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt nicht als Risikogebiet ausgewiesen – und das, obwohl etwa die Balkannachbarländer Albanien und Serbien, die als Risikogebiete gelten, zwischen Mitte Juni und Anfang August mit 86 und 196 Fällen deutlich seltener als Infektionsland genannt wurden.

Warum ist das so? Das Bundesgesundheitsministerium will auf Anfrage keine konkreten Gründe nennen, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Eine Pressesprecherin verweist darauf, dass die Bundesregierung die Einstufung als Risikogebiet fortlaufend überprüfe: „Die Risikobewertung bemisst sich am Gesamtbild der quantitativen und qualitativen Kriterien im jeweiligen Land; dies umfasst das aktuelle Infektionsgeschehen, aber etwa auch die generelle Ausstattung des Gesundheitssystems, die bestehenden Testmöglichkeiten vor Ort und die ergriffenen Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie.“

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Sowohl was die Maßnahmen vor Ort – Partys sind in Kroatien weiter erlaubt – als auch das aktuelle Infektionsgeschehen angeht, schneidet Kroatien dabei eigentlich eher schlecht ab. Warum eine Abwägung dieser Faktoren dennoch dazu geführt hat, Kroatien nicht als Risikogebiet auszurufen, will oder kann die Behörde nicht erklären. Zur Überprüfung einzelner Länder könne keine Stellung genommen werden. Auch das Auswärtige Amt will dazu nichts sagen.

Österreich und Schweiz sind strenger

Anderswo wird das Infektionsgeschehen in Kroatien als schwerwiegender angesehen: Weil viele Neuansteckungen auf Urlaubsrückkehrer zurückzuführen sind, hat Österreich eine Reisewarnung für das Land an der Adria verhängt. Diese tritt in der Nacht von Sonntag auf Montag in Kraft. Von nicht notwendigen Reisen wird abgeraten. Und auch in der Schweiz gibt es Überlegungen des Bundesamts für Gesundheit, Kroatien ab kommender Woche als Risikogebiet auszuweisen. Zudem hat Kroatiens Nachbarland Slowenien die Warnstufe für das Mittelmeerland heraufgestuft.